Report: Zurück in den Irak zum Kampf gegen die Terroristen

Kalar (dpa) - Manchmal denkt Saman Johwar Kahraman sehnsüchtig an Birmingham zurück, wenn er sich zum Kampf gegen die IS-Terroristen im Irak rüstet.

Der 34-Jährige ist ein kurdischer Peschmerga-Kämpfer mit britischem Pass. Früher habe er nie eine Waffe in die Hand genommen, erzählt er, während er sein schwarz-weiß kariertes Kopftuch zurechtrückt. «Aber die Terroristen des Islamischen Staates haben mir die Waffe sozusagen in die Hand gedrückt», beschreibt er seine Wandlung zum Kämpfer gegen die Terrormiliz und überprüft, ob sein Sturmgewehr auch geladen ist.

Saman ist kein gewöhnlicher Peschmerga. Er schloss sich der Truppe vor drei Monaten an, als der IS die Städte Jalawla und Hosseini eingenommen hatte, nur wenige Kilometer vom Wohnort seiner Mutter und Brüder entfernt. Bis zu dem Augenblick genoss der junge Mann dort die Flitterwoche mit seiner jungen Frau und plante für das gemeinsame Leben in England. «Aber ich konnte nicht mehr weggehen und meine ganze Familie der Gnade der Terroristen überlassen. Wir sind Kakai (Angehörige einer religiösen Minderheit), und wenn der IS meine Mutter und meine Brüder schnappt, wird er sie töten», sagt er.

«Hier wird auch ein Krieg geführt gegen Terror und Fanatismus nicht nur im Nahen Osten, sondern im Weltmaßstab», erzählt Saman. «Auf der anderen Seite, in den Schützengräben des IS, hocken Briten wie ich, die in mein Land zurückkehren, um Attentate zu verüben. Ich verteidige hier meine Mitbürger und mein Aufnahmeland, dem ich das Leben verdanke.»

Saman wurde zwar in einer kurdischen Familie im Irak geboren, aber er wanderte im Jahr 2000 nach Großbritannien aus, nachdem sein Vater, ein hoher Peschmerga-Offizier, von Gefolgsleuten Saddam Husseins ermordet worden war. «Sie zogen eine Schlinge um den Hals meines Vaters. Sie banden ihn an die Stoßstange eines Autos und zogen ihn durch die Stadt Khanaqin, bis er starb», erinnert sich der Sohn sichtlich bewegt.

In derselben Nacht überzogen Saman und ein Freund Khanaqin mit Schmähschriften gegen Saddam. «Am nächsten Tag nahm die Polizei meinen Freund fest und brachte ihn nach dem Verhör um. Ich musste fliehen, um mein Leben zu retten», erzählt er. Die Nacht darauf überquerte er heimlich die Grenze zur Türkei, wo er einige Schmuggler fand, die ihn gegen ein üppiges Entgelt im doppelten Boden eines Lastwagens unterbrachten. «Ich erinnere mich nicht, wie viele Tage ich da unten drin war. Es gab dort noch mehr Leute aus anderen Ländern, wir sprachen nicht miteinander, wir kriegten sehr wenig zu essen und zu trinken, es war sehr hart», erinnert er sich.

Als der Lastwagen sein Ziel erreicht hatte, fand sich der junge Saman in London wieder - ohne ein einziges Wort Englisch zu sprechen. «Am Anfang nahm ich jede Art von Arbeit an. Bis ich Stück für Stück die Sprache lernte und mich verbesserte.» Schließlich fand er einen Job bei der Post in Birmingham. «Das Leben war perfekt. Ich hatte eine Freundin. Viele und gute Freunde. Ich reiste durch Europa. Ich bekam die britische Staatsangehörigkeit. Zum ersten Mal in meinem Leben lachte mir das Glück», erzählt er.

Aber all das hatte ein Ende, als ihn seine Mutter anrief, um ihm zu sagen, dass sie eine Braut für ihn in Kalar gefunden habe und dass er in den Irak zurückkehren müsse, um zu heiraten. «So musste ich 14 Jahre nachdem ich mein Land verlassen hatte zurückkehren, um mich mit einer Frau zu verheiraten, die ich nicht kannte. Es war mir ein Horror», erinnert er sich. Doch seine Befürchtungen verflogen, als er die Braut mit eigenen Augen sah: Peruin, 13 Jahre jünger als er und Tochter eines reichen Geschäftsmanns aus Kalar übertraf alle seine Erwartungen. Und so fühlte er sich abermals mit dem Glück im Bunde.

«Aber als wir planten, nach Europa zurückzukehren, um dort zu leben, begannen die IS-Terroristen Städte und Dörfer einzunehmen, bis sie vor den Toren von Kalar und Khanaqin standen», erzählt Saman. Und so entstaubte er die Peschmerga-Uniform seines Vaters und wurde zu einem Soldaten mehr in diesem Krieg gegen den Terror. «Ich verstehe nicht, wie Leute, die in Europa geboren wurden und aufwuchsen, alles hinter sich lassen können, um sich dem Islamischen Staat anzuschließen und unschuldige Menschen zu ermorden. Ich liebe England. Und ich bin hier, um falls nötig mein Leben zu geben, damit niemand dieser Terroristen jemals britischen Boden betritt», versichert er.

Konflikte / Irak
10.09.2014 · 18:53 Uhr
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