Neue Strompreiszonen in Deutschland: Chancen und Risiken einer Aufteilung
Die Diskussion um die Aufsplittung der deutschen Strompreiszone hat durch eine aktuelle Untersuchung von Entso-E, dem europäischen Netzbetreiberverband, an Fahrt gewonnen. Die Studie legt nahe, dass eine Zerteilung des aktuell ganz Deutschland und Luxemburg umfassenden Preisbereichs in bis zu fünf kleinere Zonen erhebliche wirtschaftliche Vorteile bieten könnte. Im konkreten Szenario verspricht man sich Einsparungen in Höhe von 339 Millionen Euro. Allerdings bleiben die Autoren der Untersuchung bei dieser optimistischen Einschätzung nicht ohne Vorbehalte.
Sie weisen auf Unwägbarkeiten aufgrund veralteter Daten und nicht berücksichtigter Elemente hin. Zudem stellt sich die Frage, ob einige Verbraucher im Zuge einer Neuordnung höhere Preise akzeptieren müssten. Der Begriff der Gebotszone beschreibt ein geografisches Segment innerhalb des Strommarkts, in dem Preise sich durch das Zusammenspiel aus Angebot und Nachfrage formen. Die Studie analysierte hierbei die Auswirkungen einer möglichen Aufteilung der aktuellen deutsch-luxemburgischen Zone in fünf unterschiedliche Preiszonen.
Seit längerem wird die Debatte um eine Neustrukturierung der Strompreiszonen geführt. Vor allem das durch die Energiewende verursachte Ungleichgewicht zwischen stromreichen und -armen Regionen gibt Anlass zu Überlegungen. Während im nördlichen Teil Deutschlands ein Überfluss an Strom herrscht, droht südlich davon ein Versorgungsengpass, was zu regional unterschiedlichen Preisentwicklungen führen könnte.
Deutschland steht nun vor der Herausforderung, innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten auf die Studie zu reagieren, wie es die EU-Verordnung im Elektrizitätssektor vorsieht. Der Koalitionsvertrag der sich formierenden Bundesregierung aus SPD und Union spricht sich jedoch weiterhin für die Beibehaltung einer einheitlichen Stromgebotszone aus. Die industrielle Front zeigt sich derweil skeptisch bis ablehnend.
In einer gemeinsamen Erklärung lehnen der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft sowie der Verband der Automobilindustrie die Pläne als "weder sinnvoll noch verhältnismäßig" ab. Sie befürchten signifikante Unsicherheiten, welche die Industrie belasten und das Investitionsklima für erneuerbare Energien trüben könnten. Ähnlich kritisch äußert sich der europäische Windenergieverband WindEurope, dessen Geschäftsführer Giles Dickson anmerkt, dass geteilte Gebotszonen die Einnahmeprognosen für Kraftwerke ungewisser machen und somit die Investitionsbereitschaft im Bereich erneuerbare Energien schwächen könnten.
Auch der Verband kommunaler Unternehmen lehnt eine Spaltung entschieden ab. Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing warnt vor schwerwiegenden wirtschaftlichen und energiepolitischen Folgen, die die Energiewende in Gefahr bringen könnten.