1100 Lehrer schlagen Alarm: Grundschüler kommen ohne Basisfähigkeiten in die Schule
Alarmstufe Rot an Hessens Grundschulen
In Hessen haben fast 1100 Grundschullehrkräfte einen Brandbrief unterzeichnet und an das Kultusministerium überreicht. Darin zeichnen sie ein drastisches Bild des Schulalltags: Fähigkeiten, die früher selbstverständlich waren, seien heute alles andere als gegeben. Viele Kinder könnten weder zuhören noch Stifte richtig halten, einfache feinmotorische Aufgaben nicht bewältigen – manche seien nicht einmal an einen eigenständigen Toilettengang gewöhnt.
Die Initiative stammt von Lehrkräften aus Darmstadt und dem Kreis Dieburg. Sie beklagen, dass die Belastung seit Jahren steigt, während gleichzeitig im Landeshaushalt gekürzt werde. Die Gewerkschaft GEW fordert deshalb dringend bessere Rahmenbedingungen: kleinere Klassen mit maximal 20 Kindern, mehr ausgebildete Lehrkräfte, mehr Schulpsychologen und ein deutlich stärkeres Problembewusstsein im Ministerium.
Wachsende Defizite – und ein System am Limit
Laut Resolution erleben Schulen eine besorgniserregende Entwicklung. Sprachschwierigkeiten nehmen zu, ebenso Angststörungen und mangelnde Konzentrationsfähigkeit. Viele Kinder hätten kaum Frustrationstoleranz, könnten sich schwer auf gemeinsame Regeln einlassen und hätten Schwierigkeiten, Konflikte konstruktiv auszutragen.
GEW-Vizechefin und Grundschullehrerin Heike Ackermann macht klar: Die Verantwortung dafür liege nicht bei den Kindern. Sie sieht Politik und Gesellschaft in der Pflicht, denn Lehrkräfte seien mit den wachsenden Anforderungen zunehmend allein gelassen worden.
Immer mehr Aufgaben, aber keine passenden Strukturen
Die Erwartungen an Grundschulen wachsen weiter: Demokratiebildung, digitale Förderung, Inklusion und Integration – all das sei mit den heutigen Bedingungen kaum zu bewältigen, warnen die Lehrkräfte. Ab dem Schuljahr 2026/2027 kommt zudem der Rechtsanspruch auf ganztägige Betreuung hinzu, was die Situation weiter zuspitzen dürfte.
Das Kultusministerium in Wiesbaden hat die umfangreiche Resolution entgegengenommen und prüft sie nach eigenen Angaben. Man erkenne die steigenden Herausforderungen an und verweise auf bestehende Maßnahmen wie verpflichtende Sprachförderung vor der Einschulung, verstärkte Wertebildung, mehr Schulsozialarbeit und zusätzliche Deutschstunden. Gleichzeitig betont das Ministerium, dass auch Elternhäuser stärker in der Verantwortung stehen.


