Geschäftsbericht 2024

Tribut der Zinspolitik: Erster Bundesbank-Verlust seit 1979

25. Februar 2025, 12:42 Uhr · Quelle: dpa
Im Jahr 2023 schrammte die Bundesbank geradeso an einem Verlust vorbei. Doch Belastungen der Zinswende zehrten die Rücklagen auf. Nun ist die Bilanz tiefrot, weitere Verlustjahre sind wahrscheinlich.

Frankfurt/Main (dpa) - Erster Verlust seit 1979 und unter dem Strich gleich der höchste in der Bundesbank-Geschichte: Rund 19,2 Milliarden Euro Minus stehen in der Bilanz der Deutschen Bundesbank für das vergangene Jahr. Der Geldsegen für den Bundeshaushalt fällt damit erneut aus - wie schon in den vier Jahren zuvor.

«Der Höhepunkt der jährlichen Belastungen dürfte überschritten sein», sagte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel in Frankfurt. «Jedoch ist auch für die nächsten Jahre mit Verlusten zu rechnen.»

Auf Jahre hinaus kein Bundesbank-Gewinn für den Bund 

Der Bilanzverlust, in dem sich die jährlichen Belastungen der kommenden Jahre aufaddieren, werde noch einige Jahre zunehmen, sagte Nagel: «Gewinn-Ausschüttungen an den Bund stehen daher auf längere Sicht nicht im Raum.» Nagel hatte bereits bei der Bilanzvorlage 2024 auf magere Jahre eingestimmt.

Nagel kündigt Vorschlag zu Reform der Schuldenbremse an

Angesichts reichlich teurer Herausforderungen für die künftige Bundesregierung mitten in der Wirtschaftsflaute kündigte Nagel einen neuen Vorschlag der Bundesbank zur Reform der Schuldenbremse «in weniger als zwei Wochen» an.

Die seit 2009 im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse erlaubt dem Bund nur in geringem Maße neue Kredite. Kritiker meinen, dies behindere notwendige Investitionen in Klimaschutz und Infrastruktur. Ungeklärt ist auch, wie Deutschland steigende Verteidigungsausgaben finanzieren will.

Nagel sagte, es sei wichtig, dass «die Schuldenbremse als Stabilitätsinstrument verankert» bleibe. Allerdings befinde sich Deutschland «in einer anderen Umgebung als noch vor 15 Jahren, als die Schuldenbremse das Tageslicht erblickt hat». Ein Sondervermögen zur Finanzierung der Bundeswehr etwa könnte in eine abgewandelte Schuldenbremse eingebettet werden.

Belastungen aus Zinswende zehren Puffer der Bundesbank auf

Die Bundesbank selbst war im Geschäftsjahr 2023 geradeso an einem Verlust vorbeigeschrammt - allerdings nur deshalb, weil sie auf milliardenschwere Rückstellungen zurückgreifen konnte. Nur so konnten 2023 trotz rund 21,6 Milliarden Euro Einbußen rote Zahlen unter dem Strich vermieden werden. 

Doch die Belastungen der rasanten Zinswende zehrten die Puffer bereits damals fast auf. Für 2024 verblieben der Bundesbank daher nur knapp 700 Millionen Euro an Rücklagen, um Einbußen in einer Gesamthöhe von 19,8 Milliarden Euro abzufedern. Das Zinsergebnis verbesserte sich zwar leicht, lag aber mit rund 13,1 (Vorjahr: 13,9) Milliarden Euro weiterhin deutlich im Minus.

Angekaufte Anleihen werfen wenig ab

Beginnend im Sommer 2022 hatte die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen im Euroraum rasant erhöht, um die hohe Inflation in den Griff zu bekommen. Höhere Zinsen führten zu steigenden Zinsausgaben aufseiten der Notenbanken, mit denen die Zinseinnahmen nicht Schritt hielten. 

Zugleich werfen viele Wertpapiere wie Staats- und Unternehmensanleihen mit langer Laufzeit, die die Euro-Notenbanken im Rahmen der gemeinsamen Geldpolitik in großem Umfang kauften, vergleichsweise niedrige Zinsen ab.

Inzwischen ist die Teuerungsrate von Rekordständen weit entfernt, daher hat die EZB die Leitzinsen im Euroraum wieder gesenkt. Der für Banken und Sparer wichtigen Einlagensatz liegt derzeit bei 2,75 Prozent. Der Einlagensatz sei somit «nicht mehr weit entfernt vom neutralen Zinsniveau», befand Nagel. Der Rat der EZB, dem Nagel angehört, trifft am 6. März die nächste Zinsentscheidung.

EZB mit Rekordverlust

Die EZB selbst vermeldete für 2024 das zweite Verlustjahr in Folge und das höchste Minus in ihrer mehr als 25-jährigen Geschichte: gut 7,9 Milliarden Euro. Die übliche Gewinnausschüttung der EZB - unter anderem an die Bundesbank - fiel somit erneut aus.

Bundesbank-Vizepräsidentin Sabine Mauderer betonte die Solidität der Bundesbank-Bilanz: «Die Bundesbank kann sowohl die aktuellen als auch die zu erwartenden finanziellen Belastungen tragen.» 

So seien etwa die Goldreserven der Bundesbank wegen des gestiegenen Preises für das Edelmetall deutlich wertvoller geworden. Die gesamten Reserven der Notenbank an Gold und Fremdwährungen werden zum Ende vergangenen Jahres mit gut 267 Milliarden Euro bewertet - nach gut 197 Milliarden Euro ein Jahr zuvor.

Inflationsziel in Sicht 

Hauptziel von Notenbanken ist es nicht, Gewinne zu erzielen. Die EZB und mit ihr die nationalen Zentralbanken im Eurosystem sollen für stabile Preise und somit eine stabile Währung im Währungsraum der 20 Staaten sorgen. 

Erreicht sehen die Währungshüter dieses Ziel, wenn die Inflation im Euroraum mittelfristig bei 2,0 Prozent liegt. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte sich zuversichtlich geäußert, dass die Zwei-Prozent-Marke bei der Teuerungsrate im laufenden Jahr erreicht werden wird. Höhere Teuerungsraten schmälern die Kaufkraft von Verbrauchern, sie können sich für einen Euro weniger leisten.

Auch Bundesbank-Präsident Nagel ist zuversichtlich, was die weitere Entwicklung der Inflation angeht: «Mit einer nachhaltigen Rückkehr zur Zwei-Prozent-Marke rechnen wir in Deutschland 2026.»

Keine Überweisung aus Frankfurt für den Bundesfinanzminister

Über Jahre hatte das Bundesfinanzministerium im Bundeshaushalt traditionell einen Bundesbankgewinn in Höhe von 2,5 Milliarden Euro eingeplant. Noch 2019 durfte sich der damalige Ressortchef Olaf Scholz (SPD) über den höchsten Bundesbank-Gewinn seit der Finanzkrise freuen: 5,85 Milliarden Euro. Den letzten Bilanzverlust gab es vor 45 Jahren: 1979 wies die Bundesbank umgerechnet gut 2,9 Milliarden Euro Minus aus.

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25.02.2025 · 12:42 Uhr
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