Afrikas werden zu Kohlenstoffschleudern: Wie ein ganzer Kontinent seine CO₂-Bilanz verändert
Afrikas Wälder befinden sich an einem kritischen Wendepunkt. Jahrzehntelang galten sie als zuverlässige Kohlenstoffsenken: dichte Regenwälder, weitläufige Feuchtgebiete und ausgedehnte Baumflächen entzogen der Atmosphäre CO₂ und banden den Kohlenstoff in Holz, Laub und Böden. Aktuelle Untersuchungen zeigen jedoch, dass sich dieses Bild verändert. Satellitendaten, verstärkte Feldbeobachtungen und neue Auswertungsmethoden deuten darauf hin, dass die oberirdische Biomasse in vielen Regionen Afrikas abnimmt und die Wälder in Teilen des Kontinents inzwischen mehr CO₂ freisetzen, als sie aufnehmen. Diese Entwicklung verändert die Position Afrikas im globalen Kohlenstoffkreislauf und verschärft die Anforderungen an Klimaschutzmaßnahmen weltweit.

Afrikas Wälder verändern sich
Längere Messreihen und moderne Analysen ergeben ein konsistentes Muster: Die Nettoaufnahme von Kohlenstoff durch vegative Biomasse sinkt, weil großflächige Verluste an Baumvolumen überwiegen. Wichtige Treiber sind menschliche Eingriffe wie Abholzung zugunsten landwirtschaftlicher Expansion, selektiver Holzeinschlag zur Brennstoffgewinnung sowie infrastrukturelle Eingriffe. Zusätzlich belasten klimatische Veränderungen — etwa häufigere und intensivere Dürren, Hitzeperioden und veränderte Niederschlagsmuster — das Wachstum vieler Baumarten und erhöhen die Mortalität. Forschende kombinieren hochaufgelöste Satellitendaten mit maschinellen Lernverfahren und lokalen Feldinventaren, um Veränderungen in der oberirdischen Biomasse mit bislang ungeahnter Präzision nachzuzeichnen. Die Auswertung zeigt, dass regionale Biomasseverluste die örtlichen Zuwächse durch Strauch- oder Buschwachstum deutlich übertreffen.
Warum Aufforstung allein nicht genügt
In einigen Savannengebieten ist eine lokale Zunahme von Strauch- und Buschvegetation zu beobachten. Solche Zuwächse sind jedoch meist weniger kohlenstoffintensiv als ursprüngliche Waldstrukturen und gleichen die Verluste dichter Baumgesellschaften nicht aus. Wiederherstellungsprojekte und Aufforstungsmaßnahmen sind notwendig, doch ihre Wirkung entfaltet sich über Jahrzehnte und hängt von der Auswahl geeigneter Baumarten, den lokalen Klimabedingungen sowie dauerhaftem Schutz und Finanzierung ab. Wiederaufforstung wird zudem oft durch landwirtschaftlichen Druck, illegale Holzentnahme oder politische Instabilität erschwert. Wie eine der Studienautor:innen nüchtern festhält: „Wenn ein ganzer Kontinent seine Nettobilanz umkehrt, ändern sich die Spielregeln für das globale Klimasystem.“ Das Zitat unterstreicht, dass natürliche Kompensationen allein nicht ausreichen und Emissionsreduktionen parallel deutlich verschärft werden müssen.
Weitreichende Folgen für Klimamodelle und Prognosen
Dass Afrikas Wälder nicht mehr zuverlässig als Kohlenstoffsenke fungieren, hat weitreichende Folgen für Klimamodelle und politische Strategien. Modelle, die bislang stabile oder wachsende Senken voraussetzten, müssen überarbeitet werden; gleichzeitig schrumpft das verbleibende globale Emissionsbudget. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, nationale und internationale Klimaziele zu verschärfen und Schutzmaßnahmen für verbleibende Waldflächen zu priorisieren. Effektive Maßnahmen können den Ausbau und die Durchsetzung von Schutzgebieten, wirtschaftliche Anreize für nachhaltige Landnutzung, die Stärkung lokaler Forstwirtschaften sowie langfristig angelegte Finanzierungsinstrumente für Wiederaufforstung umfassen. Entscheidend für den Erfolg sind langfristige Finanzierung, lokale Beteiligung, politische Stabilität und eine integrative Ausrichtung, die alternative Einkommensquellen fördert und die Resilienz ganzer Landschaften gegenüber Klimastress erhöht.
Der beobachtete Wandel ist eine deutliche Warnung: Natürliche Senken sind begrenzt und können menschliche Emissionen nicht unbegrenzt kompensieren. Der Verlust intakter Wälder in Afrika ist daher ein globales Problem, das zeigt, wie eng ökologische Prozesse und gesellschaftliche Entscheidungen verknüpft sind. Schutz, nachhaltige Nutzung und Wiederaufbau dieser Ökosysteme zählen zu den zentralen Voraussetzungen, um die Erderwärmung wirksam zu begrenzen.

