Iberische Halbinsel

Wie Reise in Steinzeit: Verunsicherung nach Stromausfall

29. April 2025, 21:35 Uhr · Quelle: dpa
Nach Stromausfall in Spanien und Portugal
Foto: Víctor Fernández/EUROPA PRESS/dpa
Alle Züge blieben plötzlich stehen.
Nach dem historischen Stromausfall gibt es in Spanien und Portugal viele gute Nachrichten. Doch es bleiben offene Fragen - und auch eine große Verunsicherung unter den Bürgern.

Madrid/Lissabon (dpa) - Am Tag nach dem historischen Stromausfall ist die entscheidende Frage offen: Was hat den beispiellosen Blackout in Spanien und Portugal ausgelöst? In den Städten und Dörfern der Iberischen Halbinsel bleibt Verunsicherung. Einen Hackerangriff schlossen die Behörden vorerst aus. Sie ermitteln. In beiden Ländern verläuft das Leben wieder weitgehend normal. Die Energieversorgung ist nahezu überall wieder hergestellt. Und auch befürchtete Plünderungen gab es nach einer ersten Bilanz nicht. 

Doch Medienberichten zufolge hatte der Stromausfall im Nordwesten Spaniens auch tragische Folgen. In der Kleinstadt Taboadela starben drei Mitglieder einer Familie durch eine Kohlenmonoxidvergiftung, wie die regionale Zeitung «La Voz de Galicia» und die Nachrichtenagentur Europa Press unter Berufung auf die Polizei berichteten. 

Die Opfer seien ein Ehepaar im Alter von 81 und 77 Jahren sowie dessen 56-jähriger Sohn. Das älteste Mitglied des Haushalts habe ein Beatmungsgerät gebraucht. Als der Strom ausfiel, sei ein benzinbetriebener Notstromgenerator angeschmissen worden, dessen Abgase sich offenbar unbemerkt im Haus verteilt hätten.

«Kann das erneut passieren?»

«Die große Frage lautet: Kann das erneut passieren? Und was ist, wenn so etwas in Zukunft länger anhält?», hieß es zum Stromausfall in einer morgendlichen Talkrunde des staatlichen spanischen TV-Senders RTVE. Eine Ärztin aus Madrid sprach im Radiosender Cadena Ser von einer beängstigenden Reise «in die Steinzeit».

Am Dienstag - rund 24 Stunden nach dem Blackout - hatten fast alle Menschen in Spanien und Portugal wieder Strom. Das Internet, die Telefone und auch die Ampeln funktionierten nach dem Totalausfall wieder weitgehend problemlos. U-Bahnen und Züge fuhren nahezu überall wieder, doch etwa in Katalonien gab es noch Probleme mit den Nahverkehrszügen, die täglich von Zehntausenden für die Fahrt zur Arbeit und Schule genutzt werden.

Der spanische Netzbetreiber Red Eléctrica gab bekannt, dass inzwischen die gesamte Energieversorgung auf dem vom Ausfall betroffenen Festland wieder hergestellt worden sei. In Portugal hätten alle 6,5 Millionen Haushalte wieder Strom, teilte die Regierung in Lissabon mit. Die Wasserversorgung funktioniere landesweit, und das gesamte Verkehrssystem sei nach dem Stromausfall wieder weitgehend in Betrieb.

Suche nach den genauen Ursachen geht weiter

Nach dem beispiellosen Stromausfall, der am Montag gegen 12.30 Uhr MESZ weite Teile der Iberischen Halbinsel lahmlegte, herrscht aber weiterhin Unklarheit über die genauen Ursachen. Zur Beruhigung vieler schloss Red Eléctrica inzwischen aber nach gemeinsamen Untersuchungen mit dem Cyber-Sicherheitsinstitut Incibe und dem Nachrichtendienst CNI die Möglichkeit einer Cyberattacke aus. Der Nationale Staatsgerichtshof in Madrid leitete trotzdem Justizermittlungen dazu ein.

Die spanische Regierung sprach von einem historischen Ereignis. Millionen Menschen waren stundenlang von der Außenwelt abgeschnitten - ohne Strom, ohne Netz, ohne Verbindungen. «So etwas haben wir noch nie erlebt», sagte Ministerpräsident Pedro Sánchez in einer TV-Ansprache. Er lobte die Bürger für das mustergültige Verhalten. 

Obwohl es nachts vielerorts stockdunkel war, blieben nennenswerte Zwischenfälle aus. Es sei zum Beispiel nicht zu den befürchteten Überfällen und Plünderungen gekommen, berichteten RTVE und andere Medien in einer ersten Bilanz.

Krisensitzungen in Madrid und Lissabon

Was genau den Kollaps auslöste, ist noch Gegenstand von Untersuchungen. Red Eléctrica machte die abrupte Unterbrechung der Stromverbindung mit Frankreich für den Zusammenbruch verantwortlich. Warum es zu dieser Entkopplung kam, blieb allerdings auch am Dienstag vorerst offen. Die Regierungen in Madrid und Lissabon beriefen am Tag danach Krisensitzungen ein. In Spanien wurde das Treffen von König Felipe VI. geleitet.

Anschließend sagte Sánchez: «Das darf nie wieder passieren!» Der Regierungschef kündigte an, er werde die privaten Versorger zur Rechenschaft ziehen und eine Verbesserung des Versorgungssystems einleiten.

Der Sprecher der Volkspartei (Partido Popular/PP) im Parlament, Miguel Tellado, sagte im RTVE-Interview, es sei «zutiefst bedauerlich», dass Sánchez auch nach drei öffentlichen Auftritten «immer noch keine Erklärung für das Geschehen» abgegeben und niemand Verantwortung übernommen habe. Die Regierung müsse nach mehr als 24 Stunden endlich Erklärungen liefern und die Verantwortung übernehmen. Tellado zeigte sich zudem besorgt darüber, dass die Regierung «keine Ahnung» habe, was den Stromausfall verursacht habe. 

Auch Deutschland soll Konsequenzen ziehen, fordert Faeser

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) forderte in Deutschland mehr Schutz für kritische Infrastruktur. «Die Stromausfälle in Spanien und Portugal hatten ein Ausmaß, wie wir es in Europa wahrscheinlich noch nicht erlebt haben», sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. 

«Es war wie in der Sauna»

Am Montag war das öffentliche Leben in Spanien und Portugal bis in die Nacht hinein nahezu zum Erliegen gekommen: Menschen steckten in Aufzügen, U-Bahnen und Zügen fest - wie der junge Filmemacher Polo Menarquez, der auf dem Weg von Madrid nach Barcelona mit circa 500 Fahrgästen zehn Stunden im stehenden Hochgeschwindigkeitszug ausharren musste, bevor die Feuerwehr alle Passagiere sicher ins Freie führte. «Ich war verblüfft, wie ruhig alle geblieben sind. Am Ende waren aber die stickige Luft und die Hitze unerträglich. Es war wie in der Sauna», sagte er dem Sender RTVE.

Auch ein bekannter Deutscher blieb nicht verschont

Der massive Blackout, bei dem laut Behörden plötzlich für fünf Sekunden 15 Gigawatt Stromerzeugung (60 Prozent des Konsums) aus dem Netz verschwanden, traf nach offiziellen Angaben nur das Festland, nicht aber zum Beispiel die Kanaren und Balearen. Nach regionalen Medienberichten hatten viele Menschen auf Mallorca zwar kurzzeitig Handyprobleme, das sei aber wohl eine Folge der Schwierigkeiten der spanischen Anbieter gewesen, hieß es.

Der Sport blieb nicht verschont: Beim Masters-Turnier in Madrid wurde der Spielbetrieb unterbrochen - betroffen war unter anderem das Match des deutschen Tennis-Profis Alexander Zverev. Am Dienstag wurde das Turnier fortgesetzt. Das Chaos ist vorbei, die Verunsicherung bleibt aber. «Die Funkstille mit Unterrichtsausfall war wunderbar, aber jetzt, wo der Groschen fällt, wird mir Angst und Bange», sagte die 23-jährige Architekturstudentin Sofía der Deutschen Presse-Agentur.

Energie / Strom / Spanien / Portugal
29.04.2025 · 21:35 Uhr
[22 Kommentare]
Rolf Mützenich (Archiv)
Berlin - Das Ansinnen der SPD-Spitze, den früheren Fraktionschef Rolf Mützenich zum neuen Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses zu machen, ist gescheitert. Mützenich erklärte gegenüber dem "Stern" seinen Verzicht: "Eine demokratische und kluge Außenpolitik darf sich nicht allein auf militärische Themen und Ziele konzentrieren. Das ist auch der Wunsch eines größeren Teils unserer Bevölkerung. […] (01)
vor 39 Minuten
Früher ging's in den Nachrichten hauptsächlich um Politik und Wirtschaft. Heute interessiert die Leute viel mehr, wie sie besser leben können. Gesundheit, Freizeit, persönliche Entwicklung - das sind die Themen, die wirklich ziehen. Seiten wie rabona machen das klasse vor - die haben nicht nur ihr Hauptding, sondern bieten auch jede Menge Lifestyletipps. Das zeigt echt, wie sich die Medienlandschaft gewandelt hat. Was meint man mit Lifestyle- […] (00)
vor 55 Minuten
Airbnb-Chef Brian Chesky
Los Angeles (dpa) - Die Unterkünfte-Plattform Airbnb setzt auch auf das Geschäft mit Dienstleistungen und Erlebnisausflügen. So wird man sich über die App etwa Masseure, Haar-Stylisten sowie professionelle Köche oder Catering buchen können. Bei den Erlebnissen geht es zum Beispiel um Museumsbesuche, Reitausflüge oder Kochkurse. «Hotels haben etwas, was wir nicht haben: Dienstleistungen», sagte […] (00)
vor 40 Minuten
Immer mehr Spieler wurden in den letzten Jahren mit mehr und mehr Werbung konfrontiert, welche durch illegale nicht lizenzierte Online Casino Portale geschaltet wurde. Die deutsche Regierung stand in diesem Zusammenhang stark im Zugzwang. Etwas musste geschehen, um diesem Trend entgegenzuwirken. Die GGL wurde gegründet und der Glücksspielstaatsvertrag verabschiedet. Seit diesem Zeitpunkt im Jahr […] (00)
vor 11 Minuten
Nachtstreife kehrt nach Mainz zurück
Ende Mai startet die fünfte Staffel der Doku-Soap in der ARD Mediathek. Im SWR Fernsehen werden die Episoden im Juni ausgestrahlt. Nach drei Staffeln in Mainz produzierte der NDR im vergangenen Jahr in Hamburg eine eigene Nachtstreife -Runde in Hamburg. Nun kehrt die Doku-Soap, die den Alltag von Polizeibeamten während ihrer nächtlichen Einsätze porträtiert, in die Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz zurück. Der SWR hat sechs neue Folgen bei […] (00)
vor 1 Stunde
Eishockey-WM: Norwegen - Deutschland
Herning (dpa) - NHL-Torhüter Philipp Grubauer musste sich zurücknehmen. «Jetzt muss ich aufpassen, was ich sage. Nicht, dass ich noch eine Rüge vom Weltverband bekomme», sagte der deutsche Nationalkeeper nach dem 5: 2 (2: 1, 2: 0, 1: 1) im dritten WM-Vorrundenspiel gegen Norwegen. Die Eishockey-Spieler sind vom Zustand des Eises in der Messehalle im dänischen Herning zunehmend genervt. Das Spiel […] (00)
vor 4 Stunden
Weniger lukrativ – warum Immobilienkäufe zur Renditefalle werden
Ein Markt im Aufschwung – doch der Schein trügt Die Immobilienbranche gibt sich wieder selbstbewusst. Preissteigerungen, steigende Nachfrage, sinkende Zurückhaltung bei Käufern – all das klingt nach einer Rückkehr zur Normalität. Doch wer genauer hinsieht, erkennt: Die Erholung hat ihren Preis. Wörtlich. Denn was Investoren derzeit auf dem Papier gewinnen, verlieren sie oft unterm Strich an […] (00)
vor 29 Minuten
17. Schleswig-Holstein - Solarcup
Glücksburg, 14.05.2025 (lifePR) - Zwischen Schenefeld und Niebüll, Pinneberg und Flensburg wird wieder in schulischen Werkräumen und elterlichen Bastelkellern gefeilt und geschraubt: das jährliche Solar-Fieber ist wieder ausgebrochen – „und diesmal ist es richtig ansteckend! “ freut sich Werner Kiwitt vom artefact-Team in Glücksburg: „ Nach den Corona-Jahren ist das mal eine tolle Epidemie! “ Aus allen Ecken Schleswig-Holsteins haben sich Kinder […] (00)
vor 1 Stunde
 
Frank-Walter Steinmeier und Benny Gantz am 14.05.2025
Jerusalem - Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich am letzten Tag des deutsch- […] (00)
Moskauer Metro wird 90 Jahre alt
Moskau (dpa) - Ein bisschen wie ein Provisorium hängt die historische Marmortafel zur Eröffnung der […] (00)
Strand (Archiv)
Berlin - Der Deutsche Landkreistag hat den Vorschlag von Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas […] (06)
Ehemaliger US-Präsident Biden
Washington (dpa) - Mitarbeiter, die darüber nachdenken, ihn in einen Rollstuhl zu setzen, […] (00)
The CW kauft «Law & Order Toronto: Criminal Intent»
Die Fernsehserie mit Aden Young wird künftig auch beim amerikanischen Sender laufen. Die kanadische […] (00)
Erstes Halbfinale 69. Eurovision Song Contest
Basel (dpa) - Mit dem ersten Halbfinale hat beim Eurovision Song Contest (ESC) in Basel die […] (01)
Wie Deutschland seine Zukunft verspielt (und was passieren müsste, um das zu ändern)
Das große Ausbleiben Wenn eine Volkswirtschaft drei Jahre in Folge nicht wächst, ist das kein […] (00)
So viele Deutsche wie nie zuvor spielen Games
Eine große und vielfältige Gemeinschaft, die immer weiter wächst: Hierzulande spielen rund 6 […] (00)
 
 
Suchbegriff