Hessen hält an Meldestelle „Hessen gegen Hetze“ fest – Debatte nach Fehlentscheidungen beendet
Ein Portal, das rechtliche Grenzen testete
Die Diskussion hatte in den vergangenen Monaten deutlich an Fahrt aufgenommen. Auslöser waren zwei Fälle, in denen Hinweise aus dem Portal zu Hausdurchsuchungen führten – Entscheidungen, die später als unangemessen bewertet wurden.
• Im Fall eines bayerischen Rentners führte ein geteiltes satirisches Bild zu einem Durchsuchungsbeschluss.
• Beim Medienwissenschaftler Norbert B. löste ein ironischer Kommentar über mediale Sprache ebenfalls Ermittlungen aus.
Beide Vorgänge stellten das Portal in ein neues Licht: Die Frage, wie sorgfältig Hinweise geprüft werden, rückte in den Mittelpunkt.
Innenminister Roman Poseck (CDU) räumte ein, im Fall des Berliner Professors sei sein Haus „über das Ziel hinausgeschossen“. Dennoch hält er am Projekt fest: Die Plattform sei ein Element des Rechtsstaats und solle Betroffene von Hassdelikten unterstützen.
Koalitionsmehrheit hält dagegen – trotz Kritik aus FDP und AfD
Die CDU-Fraktion verteidigte den Erhalt. Der Staat müsse zeigen, dass rassistische und antisemitische Angriffe Konsequenzen haben, argumentierte der Abgeordnete Holger Bellino. Rund 30.000 Meldungen im laufenden Jahr zeigten, dass es Bedarf gebe.
Die Opposition sieht das anders.
Der AfD-Abgeordnete Patrick Schenk warf der Meldestelle mangelnde Professionalität und einen Eingriff in die Meinungsfreiheit vor. Er stellte die Frage, wer dort arbeite und nach welchen Kriterien Hinweise bewertet würden. Aus seiner Sicht habe der Fall des Medienwissenschaftlers gezeigt, dass es um Abschreckung gehe – nicht um strafbare Inhalte.
Die FDP kritisierte vor allem die Effizienz. Ihr Abgeordneter Moritz Promny verwies auf die Zahlen:
• 85.000 Meldungen in fünf Jahren,
• 570 eingeleitete Verfahren,
• 56 Verurteilungen.
Zudem beträfen rund 90 % der eingehenden Hinweise nicht einmal Hessen selbst. Für Promny ist das Portal damit weder präzise noch zweckmäßig – und fördere Denunziation statt demokratischer Debatte.
Was bleibt – und wie es weitergeht
Die Regierungsfraktionen machten am Donnerstag deutlich: Die Meldestelle bleibt als Instrument gegen digitale Hetze bestehen, soll aber weiterentwickelt und sensibler eingesetzt werden. Konkrete Anpassungen kündigte Innenminister Poseck nicht an, wohl aber eine „kritische Durchsicht der Abläufe“.
Mit der gescheiterten Abstimmung endet die politische Grundsatzdebatte vorerst. Die juristische Einordnung der beiden Fehlentscheidungen bleibt jedoch im Raum – und wird darüber entscheiden, wie praktikabel „Hessen gegen Hetze“ in Zukunft tatsächlich ist.


