«Rote Linie» überschritten: USA liefern Waffen nach Syrien

Washington/Berlin (dpa) - US-Präsident Obama zögerte lange - viel zu lange, wie Kritiker meinen. Jetzt sieht er Beweise für den Einsatz von Giftgas durch das Regime in Syrien und damit die «Rote Linie» überschritten.

Die US-Regierung gibt deshalb mehr als zwei Jahre nach Ausbruch des Bürgerkrieges in Syrien ihre Zurückhaltung auf und unterstützt künftig die Aufständischen mit Waffen. Obama zeigte sich davon überzeugt, dass das syrische Regime tödliches Giftgas eingesetzt hat.

Beim G8-Gipfel in Nordirland in der kommenden Woche wollen die USA mit ihren Verbündeten über weitere Schritte beraten. Die G8-Mitgliedsstaaten sind in der Frage von Waffenlieferungen an die Rebellen gespalten.

Die syrische Opposition begrüßte die Pläne. Dagegen warfen die Regierung in Damaskus und ihr Verbündeter Russland den USA vor, die angeblichen Beweise für einen Chemiewaffeneinsatz seien eine Lüge.

Deutschland will der syrischen Opposition ungeachtet eines möglichen Giftgaseinsatzes keine Waffen liefern. Es sei schon aus rechtlichen Gründen nicht möglich, Waffen in ein Bürgerkriegsgebiet auszuführen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) verlangte eine baldige Sitzung des UN-Sicherheitsrates. Westerwelle sprach sich erneut für eine neue internationale Syrien-Konferenz in Genf aus, «auch wenn die Chancen einer solchen Konferenz derzeit nicht überragend groß sind». Die EU sieht nach der US-Einschätzung verstärkten Grund, «die Arbeit an einer politischen Lösung in Syrien» voranzutreiben.

Obama hatte im August 2012 erklärt, sollte das Regime von Präsident Baschar al-Assad Chemiewaffen in größerem Umfang bewegen oder gar einsetzen, wäre damit für die USA die «Rote Linie» überschritten. «Das würde meine Kalkulationen ändern.»

Dieser Punkt sei nun erreicht, sagte der stellvertretende nationale Sicherheitsberater, Ben Rhodes in Washington. Demnach sind die USA zur Überzeugung gelangt, dass das Assad-Regime Chemiewaffen «mehrere Male im vergangenen Jahr in kleinem Umfang» gegen die Opposition eingesetzt habe. Die Erkenntnis beruht demnach unter anderem auf der Analyse von Plänen der syrischen Regierung für derartige Attacke, auf Berichten über einzelne Giftgaseinsätze, Beschreibungen der Symptome bei Opfern und andere geheimdienstliche Informationen.

«Der Geheimdienst schätzt, dass bislang 100 bis 150 Menschen in Syrien durch die nachgewiesenen Attacken mit chemischen Waffen ums Leben gekommen sind», sagte Rhodes. Auch das Nervengas Sarin sei in geringen Mengen angewendet worden.

Mit der Ankündigung der USA rückt der Syrienkonflikt beim G8-Gipfel in der kommenden Woche in den Vordergrund. Großbritannien und Frankreich hatten sich immer wieder für eine massivere Unterstützung der syrischen Rebellen ausgesprochen. Beide Staaten beschuldigen Damaskus, Giftgas einzusetzen. Allerdings stehen auch Rebellen im Verdacht, Giftgas verwendet zu haben.

Rhodes teilte lediglich mit, dass Obama jetzt eine militärische Unterstützung der Rebellen plane. Einzelheiten nannte er nicht. «Die geplante Unterstützung sieht aber anders aus als die bisherige», sagte Rhodes. Sie solle die Effizienz der Rebellen stärken und richte sich nach deren Bedürfnissen.

Die «Washington Post» und die «New York Times» schrieben unter Berufung auf Regierungsbeamte, bei der militärischen Unterstützung gehe es zunächst um Kleinwaffen und Munition. Es sei auch die Möglichkeit der Lieferung von Panzerabwehrwaffen im Gespräch erwähnt worden. Flugabwehrwaffen, die die Opposition wünsche, kämen dagegen derzeit nicht in Betracht. Für die Lieferungen, die in einigen Wochen beginnen sollten, sei der Geheimdienst CIA zuständig.

Russland beliefert die Regierung in Damaskus mit Waffen. Die Rebellen bekommen Nachschub vor allem aus den arabischen Golf-Monarchien.

Der Generalstabschef der von Deserteuren gegründeten Freien Syrischen Armee (FSA), General Salim Idriss, äußerte im Nachrichtensender Al-Arabija die Hoffnung, dass die USA ihre Pläne zur Militärhilfe rasch umsetzten. Ähnlich äußerte sich der Interimsvorsitzende der Oppositionsplattform Nationale Koalition, George Sabra.

Protest kam aus Russland: Die Berichte über den Giftgaseinsatz seien «an derselben Stelle fabriziert» worden wie die «Lüge» über Massenvernichtungswaffen des irakischen Diktators Saddam Hussein, schrieb Alexej Puschkow, Chef des Auswärtigen Ausschusses der Staatsduma in Moskau, bei Twitter. «Obama schlägt denselben Weg ein wie (sein Vorgänger) George Bush.»

Ein führender Beamter des syrischen Außenministeriums sprach von einer US-«Erklärung voller Lügen». Syriens Botschafter in Moskau, Riad Chadad, warf den USA laut der Agentur Interfax vor, insgeheim den Rebellen schon lange Waffen geliefert zu haben.

Konflikte / International / USA / Syrien
14.06.2013 · 17:07 Uhr
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