Krisenherd Schwarzes Meer: Droht eine neue Weizenknappheit?
Die jüngsten Tiefstände der Weizenkontrakte an der Börse in Chicago lassen keinerlei globale Versorgungsängste erkennen. Doch ein Blick auf den Schwarzen Meer-Raum könnte sich für Händler lohnen. Russland, als einer der größten Weizenexporteure weltweit, kämpft mit den schlechtesten jemals verzeichneten Bedingungen für Wintergetreide. Hinzu kommt, dass die Versandkapazitäten der Ukraine unter Bedrohung stehen könnten. Gemeinsam decken Russland und die Ukraine ein Drittel des globalen Weizenexports ab.
Seit dem Beginn der Invasion Russlands in die Ukraine verläuft der Export landwirtschaftlicher Produkte des Landes über den Hafen Constanța in Rumänien. Dies stellte eine Antwort auf die Zielangriffe auf Infrastrukturen in den ukrainischen Häfen dar. Allerdings könnte der zukünftige rumänische Präsident im kommenden Wahlkampf für eine Unterbindung dieser Exporte plädieren. Ein solcher Schritt wäre womöglich im Interesse rumänischer Landwirte, die die Einfuhr ukrainischer Waren als Bedrohung für ihre Märkte sehen.
Trotz der Unsicherheit über ein mögliches Exportverbot hat dieses Jahr zu einer 22,5%igen Steigerung des Güterverkehrs in Constanța beigetragen, maßgeblich unterstützt durch EU-Infrastrukturprojekte. Allerdings sind die Exporte ukrainischen Weizens massiv zurückgegangen, da die Ukraine zunehmend auf eigene Häfen setzt. Dennoch bleibt die Lage angespannt, denn der Krieg droht die Hafeninfrastruktur weiterhin.
In Russland selbst bewertet ein Topbeamter die Situation der Wintergetreide als prekär, auch wenn offiziell keine Krise ausgerufen wurde. Die aktuelle Quote von minderwertigen Winterkulturen erreicht mit 37% einen historischen Höchststand. Zur gleichen Zeit sind nur 31% der Ernten in einem guten Zustand, das niedrigste Niveau seit 23 Jahren. Ungünstige Bedingungen bei der Aussaat im Herbst haben diese Entwicklung verstärkt.
Die Aussichten für die russische Ernte 2025 sind trüb, zumal russische Landwirte planen, aufgrund höherer Gewinne Ölfrüchte zu bevorzugen. Die anfänglichen Prognosen für die Ernte 2025 deuten auf ähnliche Ergebnisse wie 2024 hin, das bereits 20% unter dem Rekordergebnis von 2022 lag. Auch wenn Weizen eine zähe Pflanze ist, die sich bei günstigen Wetterbedingungen erholen kann, bleibt abzuwarten, welche Schlussfolgerungen sich aus der kommenden Frühjahrsernte und den dann verfügbaren Daten ziehen lassen.

