Türkei

Istanbul zwischen Beben und Alltag

24. April 2025, 15:28 Uhr · Quelle: dpa
Istanbul
Foto: Emrah Gurel/AP/dpa
Fähren fahren über den Bosporus und verbinden die europäische Seite, oben und unten, mit der asiatischen Seite, oben rechts, von Istanbul.
Die Angst sitzt tief in Istanbul: Viele haben die Stadt verlassen, Zehntausende harren in Notunterkünften aus. Experten reden vom großen Beben, das kommen könnte.

Istanbul (dpa) - Mehr als 100.000 Menschen sind nach dem schweren Erdbeben und den zahlreichen Nachbeben in Istanbul mittlerweile in Notunterkünften untergekommen. Andere verlassen die Stadt, übernachten in Autos, campen im Freien - oder aber absolvieren ihren Alltag wie gewohnt. Deutsche Touristen sind von den Beben anscheinend kaum betroffen, hieß es vom Deutschen Reiseverband. Es seien nur wenige Gäste vor Ort.

Bislang hunderte Nachbeben

Dem türkischen Innenminister Ali Yerlikaya zufolge gab es seit dem schweren Beben der Magnitude 6,2 am Mittwochmittag in der Region Hunderte weitere Nachbeben, das stärkste lag bei 5,9. Bislang sind in der Region laut Städteministerium rund 1.400 Schadensmeldungen an Gebäuden registriert worden. Gut 1,5 Millionen Bauten werden ohnehin im Falle eines starken Erdbebens als «riskant» eingestuft.

Viele Menschen wollen nicht in ihre Häuser zurück, weil Experten warnen, dass ein noch stärkeres Beben die Millionenmetropole erschüttern könnte. «Bei einem Erdbeben haben wir nirgendwo Zuflucht. Also wir bleiben hier, um wenigstens ein bisschen Schutz zu haben», sagte ein Mann, der im Freien übernachtet hatte, der türkischen Nachrichtenagentur DHA.

Menschen fliehen

Orhan Belge, Präsident der Vereinigung der touristischen Hoteliers in Çeşme an der Ägais, berichtete gegenüber der Nachrichtenagentur Anadolu von einer merklichen Zunahme der Hotelbuchungen entlang der türkischen Ägäisküste - wer es sich leisten kann, sucht das Weite, so scheint es. Inlandsflüge ab Istanbul waren bereits ab Mittwochabend kaum noch zu ergattern, berichteten Reisewillige.

Tsunamis möglich

Der japanische Erdbebenexperte Yoshinori Moriwaki, der in Istanbul lebt, warnte gegenüber dem TV-Sender Haber Türk sowohl vor weiteren Erdbeben als auch vor einem möglichen Tsunami. Bei einem starken Beben seien bis zu drei Meter hohe Tsunamis nicht ausgeschlossen, so Moriwaki. Die Wahrscheinlichkeit eines großen Bebens in der Region innerhalb der nächsten 30 Jahre liege bei 60 Prozent. Damit bestätigte Moriwaki andere türkische Seismologen, die von einem großen Beben der Stärke 7 und höher ausgehen. 

Laut Marco Bohnhoff vom GFZ Helmholtz-Zentrum für Geoforschung in Potsdam könnte solch ein Beben große Zerstörung anrichten. Eine Erschütterung etwa der Stärke 7,4 wäre demnach rund 60-fach stärker als das stärkste der bisherigen Beben – und fände keine 20 Kilometer von der Millionenmetropole entfernt statt. Manche Fachleute, die in türkischen Medien zu Wort kommen, rechnen sogar mit einer Magnitude von 7,7. Obwohl Experten seit Jahrzehnten vor einem großen Erdbeben warnen, gilt die Metropole am Bosporus mit rund 16 Millionen Einwohnern nicht als erdbebensicher.

Scharfe Kritik an mangelnder Vorbereitung

Entsprechend wächst die Kritik an der staatlichen Vorbereitung für den Ernstfall. Ein Politiker der nationalkonservativen Oppositionspartei Iyi sagte im Parlament mit Blick auf die schlechte Vorbereitung der Stadt, die Menschen würden «in Särgen und nicht in Wohnungen» leben. Der politische Analyst Levent Gültekin kritisierte in seinem Youtube-Channel: «Wir warten auf das Erdbeben wie die Schafe auf die Schlacht.»

Angesichts der Kritik der Menschen, die sich auch in privaten Posts in den sozialen Medien äußert, warnte Präsident Recep Tayyip Erdogan davor, das Beben für politische Zwecke auszunutzen. Solche Tage seien nicht dazu da, «Politik zu machen», sondern sich an die «Einheit und Brüderlichkeit» zu erinnern. Er wolle an solch sensiblen Tagen nicht diskutieren und sehe das als «Respektlosigkeit gegenüber dem Volk». «Unser größter Trost ist, dass wir keine Toten zu beklagen haben.»

Versorgung der Bewohner läuft an

Laut Staatssender TRT Haber hat der Türkische Rote Halbmond in den Sammelunterkünften bislang Lebensmittelhilfen für 350.000 Menschen bereitgestellt. Wie die Hilfsorganisation mitteilte, sind derzeit 3.000 Freiwillige und Mitarbeiter mit mehr als 100 Verpflegungsfahrzeugen im Einsatz. Mehr als 100.000 Menschen haben mittlerweile in Notunterkünften in Moscheen, Schulen und Logistiklagern Zuflucht gefunden.

Deutsche Touristen kaum betroffen

Deutsche Touristen sind nach Einschätzung des Deutschen Reiseverbandes von der Situation bislang kaum betroffen. Veranstalter wie TUI oder Dertour berichteten, dass nur wenige Gäste in Istanbul vor Ort seien. Mit diesen sei man im Kontakt. In den klassischen Urlaubsgebieten an den Küsten herrsche weiterhin keine Gefahr. Von massenhaften Stornierungen auch für die kommenden Tage sei bislang nichts zu spüren. Dertour bietet für Istanbul-Reisen bis einschließlich kommenden Freitag (2. Mai) kostenlose Umbuchungen und Stornierungen an.

Erdbeben / Katastrophe / Türkei
24.04.2025 · 15:28 Uhr
[0 Kommentare]
Unterzeichnung Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD (Archiv)
Berlin - Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann findet kein gutes Wort über die neue Regierung und zieht ein negatives Fazit zu den ersten eineinhalb Wochen unter Schwarz-Rot. "Also ich glaube, dass es ein ziemlicher Fehlstart war, was die Regierung aus Union und SPD da hingelegt hat, wenn man an die letzte Woche denkt", sagte sie am Mittwoch den Sendern RTL und ntv. "Der 6. Mai 2025 wird sicher […] (00)
vor 11 Minuten
Früher ging's in den Nachrichten hauptsächlich um Politik und Wirtschaft. Heute interessiert die Leute viel mehr, wie sie besser leben können. Gesundheit, Freizeit, persönliche Entwicklung - das sind die Themen, die wirklich ziehen. Seiten wie rabona machen das klasse vor - die haben nicht nur ihr Hauptding, sondern bieten auch jede Menge Lifestyletipps. Das zeigt echt, wie sich die Medienlandschaft gewandelt hat. Was meint man mit Lifestyle- […] (00)
vor 1 Stunde
Airbnb-Chef Brian Chesky
Los Angeles (dpa) - Die Unterkünfte-Plattform Airbnb setzt auch auf das Geschäft mit Dienstleistungen und Erlebnisausflügen. So wird man sich über die App etwa Masseure, Haar-Stylisten sowie professionelle Köche oder Catering buchen können. Bei den Erlebnissen geht es zum Beispiel um Museumsbesuche, Reitausflüge oder Kochkurse. «Hotels haben etwas, was wir nicht haben: Dienstleistungen», sagte […] (00)
vor 1 Stunde
Immer mehr Spieler wurden in den letzten Jahren mit mehr und mehr Werbung konfrontiert, welche durch illegale nicht lizenzierte Online Casino Portale geschaltet wurde. Die deutsche Regierung stand in diesem Zusammenhang stark im Zugzwang. Etwas musste geschehen, um diesem Trend entgegenzuwirken. Die GGL wurde gegründet und der Glücksspielstaatsvertrag verabschiedet. Seit diesem Zeitpunkt im Jahr […] (00)
vor 46 Minuten
Fabian Hambüchen bleibt Olympia-Experte für WBD
Bei den Winterspielen in Mailand-Cortina 2026 und Sommerspielen in Los Angeles 2028 wird Hambüchen wieder vor den Eurosport-Kameras stehen. Derzeit sorgt Fabian Hambüchen bei der RTL-Show Let’s Dance für fulminante Tanzeinlagen, doch schon bald wird er das Tanzparkett für ein Mikrofon eintauschen. Der Olympiasieger von 2016 wird weiterhin als Olympia-Experte für Warner Bros. Discovery (WBD) fungieren. Dies gab das Unternehmen am Mittwoch […] (00)
vor 1 Stunde
Eishockey-WM: Norwegen - Deutschland
Herning (dpa) - NHL-Torhüter Philipp Grubauer musste sich zurücknehmen. «Jetzt muss ich aufpassen, was ich sage. Nicht, dass ich noch eine Rüge vom Weltverband bekomme», sagte der deutsche Nationalkeeper nach dem 5: 2 (2: 1, 2: 0, 1: 1) im dritten WM-Vorrundenspiel gegen Norwegen. Die Eishockey-Spieler sind vom Zustand des Eises in der Messehalle im dänischen Herning zunehmend genervt. Das Spiel […] (00)
vor 5 Stunden
Weniger lukrativ – warum Immobilienkäufe zur Renditefalle werden
Ein Markt im Aufschwung – doch der Schein trügt Die Immobilienbranche gibt sich wieder selbstbewusst. Preissteigerungen, steigende Nachfrage, sinkende Zurückhaltung bei Käufern – all das klingt nach einer Rückkehr zur Normalität. Doch wer genauer hinsieht, erkennt: Die Erholung hat ihren Preis. Wörtlich. Denn was Investoren derzeit auf dem Papier gewinnen, verlieren sie oft unterm Strich an […] (00)
vor 1 Stunde
Auslandserfahrungen für alle?
Bonn, 14.05.2025 (lifePR) - Die Ergebnisse der Eurodesk-Jugendinformations-Umfrage 2025 liegen vor. Im Mittelpunkt stehen die Informationsbedürfnisse junger Menschen in Europa - insbesondere im Kontext internationaler Mobilität. Gemeint sind damit Auslandsaufenthalte wie internationale Jugendbegegnungen, Freiwilligendienste oder Schulaufenthalte. Die Umfrage beleuchtet Motive für […] (00)
vor 1 Stunde
 
Kinder in einem Supermarkt (Archiv)
Wiesbaden - Das Statistische Bundesamt (Destatis) hat die Inflationsrate für den Monat April […] (00)
Säuberung per Dekret? Trump-Regierung wirft Transmenschen aus dem US-Militär
Ein radikaler Bruch mit der bisherigen Militärpraxis Das US-Verteidigungsministerium hat eine […] (02)
Frank-Walter Steinmeier und Benny Gantz am 14.05.2025
Jerusalem - Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich am letzten Tag des deutsch- […] (00)
Flüchtlinge in einem Blechboot
Brüssel (dpa) - In der Europäischen Union sind in den ersten vier Monaten des Jahres deutlich […] (00)
Real Madrid - Trainer Carlo Ancelotti
Madrid (dpa) - Startrainer Carlo Ancelotti hat seinen zukünftigen Job als Nationaltrainer von […] (02)
Maximum Entertainment gibt bekannt, dass das Co-Op-Puzzlespiel How 2 Escape: Lost Submarine […] (01)
The CW kauft «Law & Order Toronto: Criminal Intent»
Die Fernsehserie mit Aden Young wird künftig auch beim amerikanischen Sender laufen. Die kanadische […] (00)
SAP kapituliert vor Trumps Anti-Diversity-Kurs
Der deutsche Softwarekonzern SAP hat beschlossen, zentrale Elemente seiner Diversitätsstrategie […] (00)
 
 
Suchbegriff