1300 Euro für die Kita? München zeigt, wie teuer Kinderbetreuung werden kann
„1300 Euro? Für eine Kita?“ Das war meine erste Reaktion, als wir das Angebot in München bekamen. Dass Kinderbetreuung in Deutschland oft ein undurchsichtiges und vor allem teures Thema ist, wusste ich – schließlich habe ich meinen älteren Sohn in Düsseldorf betreuen lassen, wo der Kitaplatz ab dem dritten Lebensjahr kostenlos war. Aber München? Das ist nochmal eine andere Liga.
Alles begann vor Weihnachten 2023, damals noch aus Rom suchend, waren wir auf der Jagd nach einem Kitaplatz für unseren fünfjährigen Sohn, den wir im September 2024 brauchten.
Im städtischen „Kitafinder“ fanden wir fünf Einrichtungen – ein Fehler, wie sich herausstellte. Denn in München bewerben sich Eltern gleich bei 30 oder 40 Kitas. Kein Wunder, dass die Wartelisten schier endlos sind. Einmal nachfragen?
Bringt nichts. Eine Kita schrieb uns zurück:
„450 Kinder stehen vor Ihnen auf der Liste.“
Na dann, herzlichen Glückwunsch.
Das große Warten und die Überraschung
Monatelang klickte ich mich täglich in den Kitafinder. Das Ergebnis war immer gleich: Warteliste. Irgendwann hatten wir es satt und gingen persönlich vorbei – nur, um zu hören, dass man für unsere Situation keine Zeit habe. Anfang Juni kam dann endlich eine E-Mail von der Stadt:
„Platzangebot für den Kindergarten ab September.“
Ich war überglücklich, googelte die Kita: „Kinderstube Sendling“. Netter Name, dachte ich, nah an unserer neuen Wohnung, perfekt!
Doch die Euphorie verflog schnell: Die Kita war privat, nicht gefördert. Acht bis neun Stunden Betreuung am Tag?
Kein Problem, wenn man bereit ist, 1301 Euro im Monat zu zahlen. Und das, obwohl wir beide gut verdienen und uns zur oberen Mittelschicht zählen würden. Aber so viel Geld für einen Kitaplatz? Das sprengt selbst in München den Rahmen.
Kitaplatz-Luxus: Kein Münchener Phänomen
Und München steht damit nicht allein. In Städten wie Mülheim an der Ruhr oder Bergisch Gladbach zahlen Gutverdiener für einen Kitaplatz ähnliche Beträge. Wer ein höheres Einkommen hat, zahlt fast überall den Maximalbetrag.
In Mannheim zum Beispiel liegt der Betrag bei 400 Euro für acht Stunden tägliche Betreuung – und das bei einem Bruttoeinkommen von 50.000 Euro. Kein Wunder, dass viele Eltern darüber den Kopf schütteln.
In München sind wir nicht die einzigen, die mit den hohen Gebühren kämpfen. Stefanie W., eine Managerin im E-Commerce, zahlte bisher 350 Euro für die Kita ihres zweijährigen Sohnes.
Doch ab September wird es für sie 1395 Euro im Monat kosten. „Wir müssen jetzt wirklich stark aufs Geld achten“, sagt sie. Auch bei uns wäre der Verzicht auf Freizeit und Sparen die direkte Folge gewesen.
Lesen Sie auch:
München: Chaos und steigende Kosten
Warum das alles? München hat in den letzten Jahren den Zuzug kaum bewältigen können. Betreuungsplätze werden händeringend gesucht, doch das städtische „Kitafinder“-System ist völlig überlastet.
Eltern bewerben sich bei 30 bis 40 Kitas gleichzeitig – und niemand weiß, wann und wo ein Platz frei wird. Private Kitas, die aus der städtischen Förderung herausfallen, erhöhen ihre Gebühren drastisch.
Die Stadt gibt sich Mühe, mehr Plätze zu schaffen, doch der Bedarf übersteigt das Angebot. Seit 2000 wurde die Zahl der Krippenplätze vervierfacht – aber es reicht einfach nicht. Es ist fast schon Glückssache, einen bezahlbaren Platz zu finden.
Das Glück war auf unserer Seite – per Zufall
Für uns gab es ein glückliches Ende. Über eine Facebook-Gruppe stießen wir auf eine Kita, die noch einen Platz frei hatte – und von der Stadt gefördert wird. Statt 1300 Euro zahlen wir nun 250 Euro im Monat.
Ein echter Glücksgriff. Aber viele andere Familien in München haben nicht dieses Glück. Sie stehen vor der Wahl, die hohen Kosten zu tragen oder ihre beruflichen Pläne zurückzustecken.
Kinderbetreuung sollte kein Luxus sein. Doch in München fühlt es sich genau so an. Es bleibt das ungute Gefühl, dass wir nur durch Zufall und nicht durch ein funktionierendes System zu unserem Platz gekommen sind.