Post in der Krise: Warum DHL ausgerechnet jetzt ins Straucheln gerät
Mehr Klagen, weniger Pünktlichkeit
Die Bundesnetzagentur fordert die Deutsche Post erneut zu mehr Zuverlässigkeit auf und droht mit Strafen von bis zu zehn Millionen Euro. Die Beschwerden sind im ersten Halbjahr um 13 Prozent gestiegen, 89 Prozent davon betreffen die Post. Trotz neuer gesetzlicher Freiheiten – etwa längerer Zustellfristen – schafft der Konzern es nicht, stabile Qualität zu liefern. DHL verweist auf ein „stabilisiertes Geschäft“ und zeigt sich für die Weihnachtszeit optimistisch.
Ein CEO unter Druck
Für DHL-Chef Tobias Meyer wird das Geschäft ausgerechnet zur Hochsaison zum Problem. Er kennt die Sparte gut, verantwortete sie vor seiner Beförderung selbst. Während andere Konzernbereiche solide laufen, bleibt Post und Paket das Sorgenkind. Analysten fordern seit Langem eine Abspaltung – zumindest beim schrumpfenden Briefgeschäft. Meyer hält dagegen und setzt auf das Zusammenspiel beider Bereiche, um Rückgänge zu kompensieren und Modernisierung zu finanzieren.
Die heikle Ausgliederung
Meyer treibt parallel die Auslagerung des gesamten Post- und Paketgeschäfts in eine neue Post AG voran – inklusive der Beschäftigten. Zunächst sollen alle Mitarbeiter ihre Konditionen behalten. Doch bereits nach einem Jahr könnten Änderungen folgen, warnen Insider. Auch ein späterer Verkauf sei möglich. Ein zusätzliches Risiko: In Kürze fällt ein Urteil, das DHL aufgrund mutmaßlicher Wettbewerbsmanipulation teuer zu stehen kommen könnte.
Hausgemachte Probleme
Der Ursprung der aktuellen Qualitätsschwäche liegt im Sommer. Nach einem teuren Tarifabschluss kündigte Meyer nur zwei Tage später den Abbau von 8.000 Stellen an. In der Folge häuften sich Beschwerden über verspätete oder unzugestellte Post. DHL führt das auf unerwartet hohe Sendungsmengen und regionale Probleme zurück. Zwar wurden zusätzliche Mitarbeiter eingestellt und für Weihnachten 10.000 Saisonkräfte geordert – doch Gewerkschaften befürchten, dass der Personalstamm zu niedrig bleibt.
Belastung durch neue Strukturen
Der Konzern befindet sich mitten im größten Umbau seiner Geschichte: weg von der klassischen Briefpost hin zu einem einheitlichen Logistiknetz. Dafür erwartet DHL jährlich rund eine Milliarde Euro Überschuss aus der Sparte. Gewerkschaften kritisieren dagegen eine Überlastung der Zusteller. Schwere Pakete bis 31,5 Kilo, höhere Sendungsmengen und neue Arbeitsabläufe bringen Mitarbeiter an Grenzen. Eine Zustellerin berichtet, dass sie regelmäßig unzustellbare Briefe zurückbringt – trotz Überstunden.
Komplexere Routen, geringere Effizienz
Durch neue A- und B-Routen nutzt DHL die verlängerte Laufzeit stärker aus: Am ersten Tag wird nur ein Teil der Haushalte vollständig beliefert, am nächsten der andere. Gleichzeitig werden traditionelle Zustellbezirke aufgelöst, um Personal flexibler einzusetzen. In der Praxis führt das jedoch zu längeren Wegen und fehlender Routine. Zusteller verlieren Orientierung, die Effizienz sinkt. DHL sieht das dennoch als „unternehmerisch notwendig“.


