Investmentweek

Europa verändert die Regeln für die Gentechnik

04. Dezember 2025, 19:00 Uhr · Quelle: InvestmentWeek
Europa verändert die Regeln für die Gentechnik
Foto: InvestmentWeek
Die EU will moderne Gentechnik von strengen GMO-Regeln ausnehmen – Produkte sollen ohne Kennzeichnung verkauft werden.
Die EU ändert die strengen GMO-Vorschriften, um moderne Gentechnik wie Crispr/Cas zu entlasten. Dies öffnet Türen für Forschung und Wirtschaft, wirft aber Fragen zur Transparenz auf.

Die EU will einen Großteil der bisherigen Gentechnikregulierung kippen. Unterhändler von Parlament und Mitgliedstaaten einigten sich darauf, moderne Verfahren wie Crispr/Cas in weiten Teilen von den strengen GMO-Vorschriften auszunehmen. Damit öffnet sich ein Markt, der bisher vor allem durch Auflagen, Prüfprozesse und Kennzeichnungspflichten gebremst wurde.

Die politische Dynamik kippt zugunsten technologischer Verfahren

Dass die Einigung in einer nächtlichen Gesprächsrunde zustande kam, ist kein Zufall. Der politische Druck war zuletzt deutlich gestiegen: Während Nordamerika, Japan oder Argentinien längst weniger restriktiv regulieren, lief Europa Gefahr, bei angewandter Genforschung den Anschluss zu verlieren. Forschungseinrichtungen drängten auf mehr Freiheiten, Agrarbetriebe auf schnellere Wege zu klimaresistenten Sorten.

Die Unterhändler folgten dieser Linie. Pflanzen, die mit Gen-Scheren präzise verändert wurden, sollen künftig wie konventionell gezüchtete Sorten behandelt werden – sofern die Eingriffe innerhalb des Spektrums natürlicher Mutationen liegen. Kennzeichnungspflichten entfallen. Für den Agrarsektor bedeutet das einen regulatorischen Neustart nach Jahrzehnten des Stillstands.

Die Abkehr von der Kennzeichnungspflicht verändert das Verhältnis zwischen Produzenten und Verbrauchern

Im Supermarkt wird sich die Neuerung unmittelbar bemerkbar machen. Produkte, die mithilfe moderner Gentechnik verändert wurden, sollen künftig ohne entsprechenden Hinweis verkauft werden dürfen. Was bisher ein zentrales Transparenzinstrument war, wird damit abgeschafft.

Befürworter argumentieren, dass eine Kennzeichnung wissenschaftlich kaum begründbar sei: Viele präzise Eingriffe ließen sich im Endprodukt nicht von natürlichen Mutationen unterscheiden. Kritiker sehen es anders. Sie verweisen auf Wahlfreiheit und Verbraucherschutz – und darauf, dass die Abschaffung des Labels nicht bedeutet, dass die gesellschaftliche Skepsis verschwunden wäre.

Die Entscheidung trifft auf einen Markt, in dem das „Ohne Gentechnik“-Siegel ein relevanter Vertrauensanker ist. Die Deregulierung wird diesen Status verändern, selbst wenn Bio-Betriebe weiterhin gentechnikfrei wirtschaften müssen.

Die Industrie erwartet neue Spielräume – und geringere Kosten

Für Unternehmen, die Obst-, Gemüse- und Getreidesorten entwickeln, öffnet der Kompromiss klare ökonomische Vorteile. Forschung und Markteinführung verlieren einen Großteil der bürokratischen Reibung, große Sicherheitsdossiers werden nur noch für Eingriffe benötigt, die artfremde Gene einschleusen.

Dadurch verkürzt sich die Entwicklungszeit erheblich. Sorten, die besser mit Trockenheit, Temperaturschwankungen oder neuen Schädlingen zurechtkommen, können schneller auf die Felder. Vertreter der Landwirtschaft betonen seit Jahren, dass ohne diese Innovationen Erträge zunehmend unsicher werden – insbesondere in Regionen, die stärker von Klimaveränderungen betroffen sind.

Der Deutsche Bauernverband begrüßt die Lockerung entsprechend. In den Augen vieler Betriebe eröffnet die Reform eine Möglichkeit, im internationalen Wettbewerb nicht weiter zurückzufallen.

Die Gegner warnen vor einem Reputationsverlust und fehlender Nachvollziehbarkeit

Für die kritischen Stimmen steht weniger die Technologie im Mittelpunkt als das Vertrauen. Der Vorwurf lautet, die Deregulierung nehme den Verbrauchern die Möglichkeit, bewusst zwischen gentechnisch veränderten und konventionellen Lebensmitteln zu wählen. Die EU entkräfte damit ein jahrzehntelang gepflegtes Versprechen politischer Transparenz.

Ein zweiter Streitpunkt betrifft die biologische Landwirtschaft. Zwar bleibt sie offiziell gentechnikfrei, doch ein „technisch unvermeidbares Vorhandensein“ wird künftig toleriert. Bio-Verbände befürchten, dass damit Grenzlinien verschwimmen und Zertifizierungsprozesse komplizierter werden.

Die neue Regelung ist auch eine Zumutung an ein Kontrollsystem, das bisher darauf ausgelegt war, Gentechnik anhand dokumentierter Verfahren sichtbar zu machen. Nun fällt die Dokumentation weg, während gleichzeitig die analytische Unterscheidbarkeit moderner Züchtungen kaum gegeben ist.

Die Wissenschaft sieht endlich einen Abbau der Blockade

Für Forschungsinstitute und Saatgutentwickler ist die Einigung ein Durchbruch. Jahrzehntelang wurden in der EU gentechnisch veränderte Organismen mit denselben Maßstäben geprüft – unabhängig davon, ob es sich um präzise, punktuelle Eingriffe oder um grundlegende genetische Neukombinationen handelte.

Mit der neuen Kategorie moderner Züchtungsverfahren entsteht erstmals eine differenzierte Anerkennung des technologischen Fortschritts. Viele Wissenschaftler erwarten niedrigere Eintrittsbarrieren für Start-ups und weniger Abwanderung in Länder mit liberaleren Regeln.

Gleichzeitig bleibt ein Kernprinzip bestehen: Je größer der Eingriff, desto strenger die Aufsicht. Für artfremde Gene, die etwa aus Bakterien oder Pilzen stammen, gelten weiterhin alle bisherigen GMO-Hürden. Die Deregulierung ist also kein Freifahrtschein, sondern eine Verschiebung der Grenze zwischen Innovation und Risiko.

Die ökonomische Dimension reicht über die Landwirtschaft hinaus

Die Entscheidung fällt in einem Moment, in dem die EU ihre Wettbewerbsfähigkeit neu sortiert. Gentechnik ist dabei nicht nur ein agrarpolitisches Thema, sondern auch ein Standortfaktor für Biotechnologie und Lebensmittelforschung. Weniger Regulierung bedeutet niedrigere Kosten, schnellere Skalierung und eine attraktivere Ausgangslage für internationale Kooperationen.

Ob dieser Schub genutzt wird, hängt nun von den Unternehmen selbst ab. Die Reform nimmt Hürden – sie schafft keine Markterfolge. Doch strategisch sendet die EU ein klares Signal: Sie tritt aus der Defensive und will technologisch wieder mitgestalten, statt nur zu regulieren.

Finanzen / Märkte / Gentechnik / EU-Regulierung / Biotechnologie
[InvestmentWeek] · 04.12.2025 · 19:00 Uhr
[0 Kommentare]
Trump formt die Fed nach seinem Machtverständnis
Donald Trump brauchte nur einen kurzen Satz, um die Finanzwelt in Alarmbereitschaft zu versetzen. Bei einer Veranstaltung im Weißen Haus deutete der Präsident an, unter den Gästen befinde sich ein möglicher künftiger Fed-Chef – und bedankte sich ausdrücklich bei Kevin Hassett. Seitdem gilt der Direktor des National Economic Council als aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge von Jerome […] (00)
vor 34 Minuten
Fund einer Leiche in Rheinland-Pfalz
Olpe/Koblenz (dpa) - Die auf der A45 bei Olpe (Nordrhein-Westfalen) gefundenen Hände gehören zu einer in Monreal (Rheinland-Pfalz) gefundenen Frauenleiche ohne Hände und Kopf. Das habe ein DNA-Abgleich ergeben, teilten die Staatsanwaltschaft Bonn und das Polizeipräsidium Bonn mit. «Im Zuge der Ermittlungen der Mordkommission wird weiter geprüft, ob der Lebensgefährte der Eritreerin, der sich […] (00)
vor 7 Minuten
Owen Cooper
(BANG) - Owen Cooper wird immer noch von seinen Lehrern "angeschrien". Der 15-jährige Schauspieler wurde Anfang dieses Jahres berühmt, als er in der gefeierten Netflix-Serie 'Adolescence' den jugendlichen Mordverdächtigen Jamie Miller spielte. Doch er enthüllte, dass der plötzliche Ruhm nichts daran geändert habe, wie seine Lehrer und Mitschüler ihn behandeln. Owen – der nächstes Jahr seine GCSE- […] (00)
vor 1 Stunde
Netzwerk LinkedIn und Suchmaschine Bing
Berlin (dpa) - Eine technische Störung beim Internetanbieter Cloudflare hat etliche Webseiten und Online-Apps erneut unerreichbar gemacht. Betroffen waren am Freitagmorgen unter anderem das Karrierenetzwerk LinkedIn und der Videoservice Zoom. Auch Medien-Websites wie Politico konnten zeitweise nicht erreicht werden. Kurioserweise war auch die Plattform allestörungen.de, die Ausfälle im Web […] (00)
vor 56 Minuten
PIONER zündet die letzte Stufe: Das große Finale vor dem Early Access beginnt
Die postapokalyptische Stille trügt, denn hinter den Kulissen von GFA Games herrscht Hochbetrieb. Kurz vor dem entscheidenden Meilenstein öffnet das Entwicklerstudio ein letztes Mal die Schleusen für alle Neugierigen. Ab sofort haben mutige Überlebende bis zum 9. Dezember die seltene Gelegenheit, den heiß erwarteten MMO-Shooter PIONER auf Herz und Nieren zu prüfen. Diese finale Open Beta markiert […] (00)
vor 34 Minuten
RTL+ kürt «Good Lord» (AT) zum neuen Storytellers-Gewinner
Die Young-Adult-Comedy über einen queeren Buchhändler im Karnevalsumfeld soll 2026 in Produktion gehen. Die diesjährige Ausgabe des Nachwuchswettbewerbs „Storytellers“ hat ein neues Siegerprojekt hervorgebracht. Durchsetzen konnten sich Bernhard Strobel, Lisa Purtscher und Lotta Schmelzer von der Filmakademie Baden-Württemberg mit ihrem Konzept Good Lord (AT). Es handelt sich um das fünfte Serienprojekt, das im Rahmen der RTL+ Talentförderung […] (00)
vor 2 Stunden
Alphonso Davies
München (dpa) - Bayern-Trainer Vincent Kompany hat seinen Comeback-Plan mit Alphonso Davies im Jahresendspurt skizziert. Der kanadische Fußball-Nationalspieler soll nach seinem Kreuzbandriss noch vor Weihnachten wieder zum Einsatz kommen - und zwar im kommenden Bundesliga-Heimspiel gegen den FSV Mainz 05 am 14. Dezember. Bei Nationalspieler Jamal Musiala ist ein erster Einsatz nach seinem Beinbruch dagegen […] (00)
vor 9 Minuten
Retourenmanagement im Fashion Retail: Prozesssicherheit für den Omnichannel-Kreislauf
Düsseldorf, 05.12.2025 (PresseBox) - Hohe Retourenquoten und schnelle Wiederverfügbarmachung sind zentrale Erfolgsfaktoren im Fashion Retail. COSYS digitalisiert den Retourenprozess vollständig und reduziert den Time-to-Stock signifikant. Dies minimiert gebundenes Kapital und den Wertverlust alternder Ware. Durch mobile Datenerfassung auf MDE Geräten oder handelsüblichen Smartphones, digitale […] (00)
vor 1 Stunde
 
EU lockert Gentechnikregeln: Neue Pflanzen sollen ohne Kennzeichnung in den Handel
Wegfall der Kennzeichnungspflicht für neue Züchtungstechniken Lebensmittel, die mit modernen […] (00)
bitcoin, cryptocurrency, finance, blockchain, money, currency, crypto, coin, digital, virtual, bitcoin, bitcoin, bitcoin, bitcoin, bitcoin, cryptocurrency, cryptocurrency, cryptocurrency, cryptocurrency, crypto, crypto, crypto
Aktuelle Bitcoin-Dynamiken ähneln dem Bärenmarkt Anfang 2022 In seinem neuesten wöchentlichen […] (00)
BYD meldet erneuten Rückruf – doch die Aktie bleibt stabil
Neuer Rückruf wegen möglicher Akkuprobleme Der chinesische Hersteller BYD hat ein weiteres […] (00)
Anzeigetafel in der Frankfurter Börse
Frankfurt/Main - Der Dax ist am Freitagmorgen positiv in den Handelstag gestartet. Gegen 9: 30 […] (00)
Apples Design-Chef Alan Dye wechselt zu Meta
Nach zehn Jahren als Vizepräsident für Human Interface Design wechselt Alan Dye von Apple zu […] (00)
bitcoin, cryptocurrency, digital, money, electronic, coin, virtual, cash, payment, currency, global, cryptography, bitcoin, bitcoin, bitcoin, bitcoin, bitcoin, cryptocurrency, money, money
Berichte haben ergeben, dass die US-Notenbank ihr Programm zur quantitativen Straffung beendet hat […] (00)
Russell Thomas und Kim Cattrall
(BANG) - Kim Cattrall ist mit ihrem Partner Russell Thomas vor den Traualtar getreten. Der 'Sex […] (00)
Axel Hellmann und Jan-Christian Dreesen
Frankfurt/Main (dpa) - Knapp 22 Stunden nach der umjubelten EM-Vergabe für 2029 folgte im […] (07)
 
 
Suchbegriff