Merkel bleibt bis zum Ende der Legislaturperiode: Ein früher Rückblick

Zur bevorstehenden Europawahl kamen erneut Gerüchte auf, dass Angela Merkel bald ihren Rücktritt als Bundeskanzlerin verkünden würde. Dies hat die Kanzlerin allerdings ganz klar verneint: Merkel plant, noch die gesamte Legislaturperiode zu regieren. Dennoch ist jetzt ein guter Zeitpunkt, um sich Merkels Vermächtnis näher anzusehen. Was bleibt von der ersten Bundeskanzlerin in Erinnerung und wie hat Deutschland sich unter ihr verändert?
Gute wirtschaftliche Entwicklung dank klugen Handelns
Merkels Kanzlerschaft umfasst Modernisierungen und positive Entwicklungen. Nicht nur gesellschaftspolitisch hat sich Deutschland unter Merkel erneuert und ist weltoffener geworden. Auch die Lage am Arbeitsmarkt hat sich während ihrer Amtszeit erfreulich entwickelt; jedoch kann dies zumindest teilweise ihrem Vorgänger Gerhard Schröder zugerechnet werden. Bei Merkels Amtsantritt lag die Arbeitslosenquote in Deutschland noch bei knapp zehn Prozent. Dank der kurz zuvor eingeführten Agenda 2010, welche unter anderem das Arbeitslosengeld kürzte und den Kündigungsschutz lockerte, wurde dieser Trend umgekehrt. Merkel behielt die Agenda 2010 trotz Protest der Bevölkerung gegen Hartz IV bei und verbesserte diese lediglich punktuell. Folgend steht Deutschland heute mit einer Arbeitslosenquote von unter fünf Prozent im internationalen Vergleich sehr positiv da.

Die gute Lage auf dem Arbeitsmarkt führte wiederum nicht nur zu Deutschlands souveräner Bewältigung der Finanzkrise 2008, sondern auch zu stark im Wert steigenden Märkten und guter Stimmung an den Börsen und Devisenmärkten. Wer beispielsweise zu Beginn der langen Regierungszeit der CDU per Forex Broker Euros auf dem Devisenmarkt kaufte, machte über die Jahre hinweg ein äußerst profitables Geschäft. Die insgesamt positive wirtschaftliche Entwicklung unter Merkel hat zu ihrer mehrfachen Wiederwahl beigetragen.

Ostdeutsche Realistin
Merkel gilt unter politischen Beobachtern nicht umsonst als Realistin. Im Gegensatz zu vielen ideologischen Denkern, sah Merkel Probleme stets unvoreingenommen an und war auch gewillt, ihre Meinung zu ändern. Und dies mit Erfolg, wie man bei der Energiewende, der Ehe für Alle oder auch bei ihrem veränderten Standpunkt zum Thema Migration sieht. Ob die Flüchtlingskrise, die in den letzten beiden Jahren ein Hauptthema in Deutschland war, derart große gesellschaftliche Veränderungen nach sich ziehen wird wie Skeptiker behaupten, ist noch nicht abzusehen. Sie gehört aber dennoch mit zum politischen Erbe der Kanzlerin.
Nicht erfüllt hat die Realistin Merkel das Bild des gierigen Politikers. Die Besoldungserhöhung lag während ihrer Kanzlerschaft mit rund zwei Prozent jährlich beinahe exakt auf dem Wachstumsniveau des Bruttoinlandsproduktes. Aktuell verdient Merkel rund 225.000 Euro pro Jahr, bei einem geschätzten Gesamtvermögen von 3,5 Millionen Euro.
Demographischer Wandel
Merkel hinterlässt allerdings auch ein gealtertes Deutschland. Unter ihrer Ägide ist der Anteil der unter 20-Jährigen erstmals auf deutlich unter 20 Prozent gefallen. Experten sind sich sicher: Der demographische Wandel wird Deutschland auch in Zukunft beschäftigen. Ob die Entwicklung letztlich ein Risiko oder eine Chance darstellt, darüber wird aktuell in Politik und Wissenschaft diskutiert. Definitiv ist die Überalterung der Gesellschaft jedoch ein Problemfeld, das unter Merkels Regierungen nicht zufriedenstellend gelöst werden konnte.
Positives Erbe
Nach Merkels klarem Nein zur Frage ihres frühzeitigen Rücktritts lohnt es sich, über das politische Vermächtnis der Kanzlerin zu diskutieren. Merkel steht für ein weltoffenes, modernes Deutschland unter pragmatischer Führung. Sie konnte als Kanzlerin zwar nicht alle politischen Probleme lösen. Dennoch bleibt von Merkels Regierungszeit ein positives Gesamtbild übrig - nicht umsonst wird sie am Ende der Legislaturperiode, gemeinsam mit Helmut Kohl, die am längsten amtierende Kanzlerin der Bundesrepublik sein.

