Aufstand in Vice City: Nutzte Rockstar Games eine „Slack-Säuberung“ als Waffe gegen Gewerkschaften?
Hinter den glänzenden Fassaden der wohl bekanntesten Spieleschmiede der Welt brodelt es gewaltig. Rockstar Games, die Schöpfer von Grand Theft Auto, sehen sich mit schweren Vorwürfen konfrontiert, die weit über bloße Unzufriedenheit am Arbeitsplatz hinausgehen. Ein neuer Bericht von People Make Games zeichnet das Bild eines Unternehmens, das angeblich mit harten Bandagen gegen gewerkschaftliche Organisierung vorgeht. Im Zentrum des Sturms steht eine Entlassungswelle, die 34 Beschäftigte traf und deren Auslöser so banal wie brisant erscheint: der Wechsel von einer überwachten Firmenplattform zu einem privaten Chat-Server.
Das große Schweigen: Die „Slack-Purge“
Alles begann offenbar im Oktober mit einer radikalen Änderung der internen Kommunikationspolitik. Das Management entschied sich, zahlreiche Kanäle auf der Unternehmensplattform Slack rigoros zu löschen. Diese Maßnahme, die intern schnell als „Slack-Purge“ – also Säuberung – bekannt wurde, beraubte die Belegschaft praktisch über Nacht ihrer Möglichkeiten zum informellen Austausch über themenfremde Dinge. Der digitale Flurfunk war tot. Doch Kommunikation lässt sich bekanntlich nicht einfach abschalten; sie sucht sich neue Wege. Als Reaktion auf diese verordnete Stille reaktivierten einige Angestellte einen seit 2022 bestehenden Discord-Server. Dieser virtuelle Ort, ursprünglich verwaist, avancierte rasch zum neuen Zentrum für Diskussionen über Arbeitsbedingungen und gewerkschaftliche Themen.
Der Vorwurf: Grobes Fehlverhalten
Was als Suche nach einem sicheren Hafen für Gespräche begann, endete für viele in einem beruflichen Albtraum. Rockstar fackelte nicht lange und sprach Kündigungen aus. Die offizielle Begründung wiegt schwer: „Grobes Fehlverhalten“. Man wirft den Ex-Mitarbeitern vor, vertrauliche Informationen in einem öffentlichen Forum verbreitet zu haben. Ein Vorwurf, den die Betroffenen vehement bestreiten. Der Discord-Kanal sei keineswegs öffentlich, sondern ein geschützter Raum für Gewerkschaftsmitglieder gewesen, um Missstände zu erörtern. Hier prallen zwei Welten aufeinander: Das Sicherheitsbedürfnis eines Geheimniskrämers der Industrie und das Grundrecht der Arbeitnehmer auf Organisierung.
Ein Stigma für die Ewigkeit
Für die Gekündigten geht es dabei um weit mehr als den monatlichen Gehaltsscheck. Der Vermerk „Grobes Fehlverhalten“ wirkt in der engen Spieleindustrie wie ein Brandzeichen. Ein Betroffener schilderte in einem Interview eindringlich die Angst, dass dieser Makel im Lebenslauf jede zukünftige Karrierechance im Keim ersticken könnte. Es herrscht Scham, obwohl viele ihre Jobs liebten und Projekte eigentlich zu Ende führen wollten. Die Gewerkschaft Independent Workers Union of Great Britain (IWGB) zeigt sich entsetzt über die Härte des Vorgehens. Ein Organisator betonte, er habe in zwanzig Jahren Gewerkschaftsarbeit im Vereinigten Königreich noch nie einen derart eklatanten Vorgang erlebt. Nun fordert die Organisation Rechenschaft und die Einhaltung geltender Arbeitsgesetze, während eine juristische Klage bereits eingereicht wurde.


