US-Konzerne rücken von DEI ab: Neue Risiken unter Trumps zweiter Präsidentschaft
Die Rückzugswelle großer Unternehmen von ihren Diversity-, Equity- und Inclusion-Zielen (DEI) beschleunigt sich. Auslöser sind vor allem neue Anordnungen der Trump-Regierung sowie politische Widerstände aus dem konservativen Lager. Jüngstes Beispiel ist Deloitte: Das Beratungs- und Prüfungsunternehmen strich vergangene Woche nicht nur eine eigene DEI-Webseite, sondern teilte den US-Beschäftigten auch mit, man werde bestimmte Zielvorgaben und den jährlichen DEI-Bericht einstellen. Dabei hatte das Unternehmen Diversity und Inklusion bis vor Kurzem als „zentral für unsere Werte“ bezeichnet.
Ein ähnliches Vorgehen zeigte Accenture: CEO Julie Sweet nannte „Compliance-Gründe“ als Grund für den Verzicht auf DEI-Ziele, obwohl der Konzern früher selbst öffentlich mehr Frauen und ethnische Minderheiten einstellen wollte. Hintergrund ist, dass das Weiße Haus die Behörden anweist, neun Organisationen zu nennen, die mithilfe der Justiz wegen vermeintlich „illegaler“ DEI-Methoden untersucht werden könnten. Zudem will man signalisieren, dass Bieter bei öffentlichen Aufträgen mit zu weit gehenden Diversitätsprogrammen Nachteile riskieren. Deloitte geht sogar so weit, seinen US-Beschäftigten in bestimmten Projekten zu verbieten, Geschlechtspronomen in E-Mail-Signaturen zu verwenden.
Nicht nur Furcht vor juristischen Schritten spielt eine Rolle. Manche Vorstände fürchten, konservativ gesinnte Kundschaft zu verschrecken. Disney beispielsweise ersetzt die DEI-Kennzahl in der Vergütung von Führungskräften durch einen eher neutralen „Talent Strategy“-Faktor. Zudem äußern manche Entscheider hinter vorgehaltener Hand Erleichterung, endlich keine Rücksicht mehr auf vermeintlich politische Korrektheit nehmen zu müssen. In der Finanzbranche sprach ein hochrangiger Bankmanager davon, man könne nun „wieder freiheraus reden ohne Angst vor Cancel Culture“.
Es gibt jedoch auch Unternehmen, die ihren inklusiven Kurs bewusst verteidigen. Christian Sewing, Vorstandschef der Deutschen Bank, erklärte öffentlich, man stehe „geschlossen hinter“ dem Diversity-Programm, von dem man profitiere. Im US-Retail-Sektor erntete Costco bei einer Hauptversammlung überwältigende Zustimmung für sein Bekenntnis zur Vielfalt. Apple wiederum empfahl seinen Aktionären, einen Vorstoß gegen DEI-Initiativen bei der anstehenden Hauptversammlung abzulehnen.
Andere Konzerne lavieren. Goldman Sachs etwa hat stillschweigend seine Politik aufgegeben, Börsengänge rein männlich und weiß besetzter Boards abzulehnen. JPMorgan-Chef Jamie Dimon hatte auf dem Weltwirtschaftsforum noch von der betriebswirtschaftlichen Relevanz diverser Teams geschwärmt, wurde intern jedoch mit deutlichen Worten zitiert, wonach man „bestimmten Blödsinn“ im DEI-Bereich reduzieren werde. Damit zeigen Führungskräfte, wie angesichts der Trump-Administration eine pragmatische Abkehr von Öffentlichkeitswirksamen DEI-Zielen möglich ist — auf Kosten von Verlässlichkeit und Identifikation für die Mitarbeiter.