Paramount sprengt den Netflix-Deal: 108-Milliarden-Angriff auf Warner
Der Angriff kam in dem Moment, in dem Netflix seinen Sieg feiern wollte. Kurz nach der Ankündigung, Warner Bros. Discovery übernehmen zu wollen, legte Paramount ein Gegenangebot vor, das die gesamte Logik des Deals auf den Kopf stellt – und den teuersten Bieterkrieg der jüngeren Mediengeschichte auslöst.
Paramount setzt auf die maximale Eskalation
30 Dollar pro Aktie, insgesamt 108,4 Milliarden Dollar – so viel ist Paramount bereit zu zahlen, um Warner komplett zu schlucken. Das Angebot umfasst ausdrücklich auch Global Networks, jenes Kabelgeschäft, das Warner eigentlich abspalten wollte. Es ist der Versuch einer feindlichen Übernahme, ohne Vorverhandlungen, ohne Kompromisssignale.
Damit stellt sich Paramount offen gegen den Streaming-Weltmarktführer. Während Netflix nur das Studio- und Streaminggeschäft kaufen will, zielt Paramount auf den gesamten Konzern. Ein strategischer Unterschied, der nicht nur den Preis, sondern auch die Machtbalance der Branche neu ordnen würde.
Netflix reagiert kühl und kämpft um die Deutungshoheit
Offiziell schweigt das Unternehmen. Inoffiziell aber machten Co-Chefs Ted Sarandos und Greg Peters schnell klar, dass sie das neue Angebot nicht als Bedrohung sehen. Der Versuch sei „völlig zu erwarten“ gewesen, sagte Sarandos auf einer UBS-Konferenz in New York. Der Netflix-Deal sei „großartig für Aktionäre und Kunden“.
Doch die Märkte senden andere Signale: Paramount stieg um mehr als vier Prozent, Warner sogar um knapp sechs – während Netflix spürbar nachgab. Ein typisches Muster in Übernahmeschlachten, bei dem Anleger früh antizipieren, wie hoch ein finaler Preis steigen könnte.
Regulierer rücken ins Zentrum des Machtspiels
Die größte Unsicherheit liegt nicht im Geld, sondern in der Politik. Der Kauf des Warner-Portfolios – von Harry Potter bis Game of Thrones – würde Netflix' Stellung im Streamingmarkt massiv stärken. Genau das macht Kartellbehörden nervös. Senatoren beider Parteien warnten bereits vor einer marktbeherrschenden Position. Selbst die kalifornische Generalstaatsanwaltschaft äußerte Zweifel, ob weitere Konsolidierung dem Wettbewerb diene.
Netflix hält dagegen und verweist auf YouTube als größten globalen Konkurrenten. Die Logik dahinter: In einem fragmentierten Medienmarkt sei Größe kein Monopol, sondern Notwendigkeit. Doch die entscheidenden Stellen – Justizministerium und FTC – sind sensibilisiert. Dort wird längst geprüft, wie viel Hollywood-Konzentration politisch vertretbar ist.
Trumps Einfluss steigert die Unberechenbarkeit
Der Übernahmekampf ist inzwischen Chefsache im Weißen Haus. Präsident Donald Trump erklärte öffentlich, er werde „an dieser Entscheidung beteiligt sein“. Ein Satz, der das Verfahren politisch auflädt und den Ausgang noch schwerer kalkulierbar macht.
Paramount-Chef David Ellison hat Berichten zufolge bereits Gespräche mit Trump und führenden Gesetzgebern geführt. Der 42-Jährige, Sohn des Oracle-Mitgründers Larry Ellison, verfügt über direkten Zugang zu politischen Machtzentren. Dass er diesen Zugang nutzt, unterstreicht, wie sehr Paramount auf politische Rückendeckung setzt.
Die Logik der Deals könnte sich noch mehrfach drehen
Netflix bietet 27,75 Dollar pro Aktie, insgesamt 82,7 Milliarden Dollar inklusive Schulden. Paramounts 108-Milliarden-Vorstoß sprengt diese Kalkulation um Längen. Doch die Pakete sind nicht vergleichbar. Netflix will einen Teil des Konzerns übernehmen, Paramount den ganzen. Warner wiederum hat mit Paramount keinerlei Vereinbarung – der Angriff kommt über die Aktionäre.
Der Bieterwettstreit, der seit Monaten im Hintergrund lief, hat damit seine offenste Phase erreicht. Warner hatte sich im Oktober selbst zum Verkauf gestellt, nachdem mehrere Interessenten angeklopft hatten. Dass Paramount nun erneut zuschlägt, zeigt vor allem eines: Der Konzern sieht in der Netflix-Übernahme weniger eine Gefahr für Warner – als eine Gefahr für sich selbst.
Hollywood steht vor einer tektonischen Verschiebung
Die nächsten Monate entscheiden, welche Kräfteverhältnisse die Unterhaltungsindustrie der kommenden Dekade prägen. Ein erfolgreicher Netflix-Deal würde den Markt neu ordnen und die Kontrolle über einige der wertvollsten Marken der Popkultur bündeln. Ein Sieg von Paramount dagegen würde einen traditionellen Medienkonzern auf einen Schlag in eine neue Größenordnung heben.
Beide Szenarien wären historisch – und beide wären teuer. Doch der eigentliche Wendepunkt liegt anderswo: Erstmals seit Jahren bestimmt nicht mehr der technologische Wandel den Rhythmus der Branche, sondern ein politisch aufgeladener Machtkampf, bei dem der Preis nur eine von vielen Variablen ist.


