Der ewige Reiz der Doppelstruktur: Rio Tinto im Fokus
In der Welt der Unternehmensstrukturen gibt es Konzepte, die – ähnlich wie Skinny Jeans bei Kate Moss – trotz sich wandelnder Trends ihre Anhänger nicht verlieren. Ein solches Modell ist die Doppelnotierungsstruktur, bei der zwei Unternehmen trotz getrennten rechtlichen Identitäten und Börsennotierungen als eine einzige Geschäftseinheit operieren. Obwohl diese Struktur einige steuerliche Vorteile mit sich bringen kann, wird sie zunehmend als überholt und hinderlich für große Fusionen und Übernahmen angesehen. Bekannte Beispiele wie BHP, Shell und Unilever haben in den vergangenen Jahren auf Druck von aktivistischen Investoren ihre Doppelnotierungen aufgehoben.
Der Bergbaukonzern Rio Tinto, seit fast drei Jahrzehnten ein Verfechter dieser Struktur, sieht sich nun verstärktem Druck durch den aktivistischen Fonds Palliser Capital ausgesetzt, seine Unternehmensstruktur zu vereinheitlichen und seine Hauptnotierung nach Sydney zu verlegen. Palliser argumentiert, dass Rios komplexe Struktur ein „vollkommenes Versagen“ gewesen sei.
Rio Tintos doppelte Notierung erweist sich in der Praxis als problematisch. Die in London gehandelten Aktien des Unternehmens liegen deutlich hinter den in Sydney gehandelten Anteilen zurück – ein Abschlag von etwa 19 Prozent. Dies erschwert potenzielle Großübernahmen, die üblicherweise aktienbasiert sind. Auch wenn Aktien-basierte Akquisitionen theoretisch mit einer Doppelnotierungsstruktur möglich seien, zeigt Rios überwiegende Nutzung von Barzahlungen bei Übernahmen das eigentliche Problem auf.
Der Chef von Rio Tinto, Jakob Stausholm, hat die Vorzüge einer Vereinfachung der Struktur in Betracht gezogen, jedoch zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen im Vergleich zu Palliser hinsichtlich der steuerlichen Auswirkungen gekommen. Rio gibt die Steuerschätzung mit "mittlerem einstelligen Milliarden-Dollarbetrag" an, während Palliser sie auf etwa 400 Millionen US-Dollar beziffert.
Wie bei der Auseinandersetzung zwischen BHP und Elliott Advisors, die letztlich zu BHPs Abschied von der Doppelstruktur führte, wird weiter Druck auf Rio ausgeübt. Doch vorerst bleibt das Unternehmen seiner konservativen Reputation treu, wie der jüngste $6,7 Milliarden-Deal für Arcadium Lithium zeigt. Stausholm warnte im Sommer vor den Risiken, die mit Mega-Übernahmen verbunden sind. Es wird wohl mehr als der Branchen-Druck von außen nötig sein, um Rio von dieser langjährigen Unternehmensstruktur abzubringen.

