200 Anklagen nach Unruhen in Nordwestchina
Bei den Ausschreitungen muslimischer Uiguren gegen Chinesen und folgenden Racheakten waren in der Region Xinjiang nach offiziellen Angaben 197 Menschen ums Leben gekommen und 1600 verletzt worden. Wegen der anhaltenden Spannungen zwischen beiden Volksgruppen wurden die Sicherheitsvorkehrungen in Ürümqi, der Hauptstadt der Autonomen Region, und insbesondere um das Gericht verschärft.
Zum Auftakt des Fastenmonats Ramadan am Wochenende rief ein hoher Parteifunktionär dazu auf, Ruhe und Ordnung in Xinjiang zu wahren. Führer der muslimischen Minderheit sollten «Leute mit niederen Motiven daran hindern, Gerüchte zu verbreiten oder unter dem Deckmantel religiöser Aktivitäten zu Sabotage anzustiften», zitierten amtliche Medien das Mitglied im regionalen Ständigen Ausschuss der Kommunistischen Partei, Xiaokaiti Yiming. Er appellierte an Muslime, Solidarität und Friedfertigkeit zu zeigen.
Die Behörden fürchten während der Prozesse neue Ausschreitungen zwischen Uiguren und Chinesen. Die «China Daily» zitierte eine örtliche Geschäftsfrau, dass viele trauernde chinesische Familien zum Gericht kommen dürften, um auf die Urteile zu warten. «Die Behörden fürchten, dass es Zusammenstöße mit Uiguren geben könnte.» Die mehr als 200 Angeklagten dürften vor allem uigurischer Herkunft sein, auch wenn keine Zahlen genannt wurden. So schrieb das Blatt, ihnen seien mehr als 170 uigurische und 10 chinesische Anwälte zugewiesen worden.
Mit dem Erlass der Haftbefehle und der Anklage können die Gerichtsverfahren beginnen. Die Vorwürfe lauteten unter anderem auf Mord, Brandstiftung, Raub, Vandalismus, Körperverletzung oder Störung der öffentlichen Ordnung, berichtete «China Daily». Die meisten Festnahmen seien in Ürümqi und Kashgar im Süden der Autonomen Region gemacht worden. Nach Angaben der Polizei sollen insgesamt 718 Menschen festgenommen worden sein.
Auslöser für die Eskalation der Gewalt war ein Protest am 5. Juli in Ürümqi gegen den Tod von zwei uigurischen Fabrikarbeitern in Südchina. Diese waren nach Gerüchten über eine angebliche Vergewaltigung einer chinesischen Frau umgebracht worden. Die turkstämmigen Uiguren fühlen sich von den Chinesen benachteiligt und unterdrückt. Chinas Kommunisten hatten sich die Region nach der Gründung der Volksrepublik 1949 einverleibt und fürchten bis heute separatistische Strömungen in Xinjiang.