Weltneuheit: Robotische Beinhilfe reduziert Luftverbrauch beim Tauchen
Das effiziente Bewegen unter Wasser zählt zu den anspruchsvollsten körperlichen Aufgaben, die der Mensch im Alltag nicht trainiert. Hoher Widerstand, ungewohnte Bewegungsabläufe und eine begrenzte Luftversorgung führen dazu, dass Taucher:innen bereits bei moderater Anstrengung deutlich schneller ermüden. Seit Jahren suchen Forscher:innen deshalb nach technischen Lösungen, die die körperliche Belastung mindern, ohne die Bewegungsfreiheit einzuschränken. Eine neue Entwicklung aus China rückt dieses Ziel nun in greifbare Nähe. Ein robotisches Unterwasser-Exoskelett soll die Beinarbeit unterstützen und dadurch den Sauerstoffverbrauch spürbar senken – mit potenziell weitreichenden Folgen für Forschungstauchgänge, professionelle Einsätze und zukünftige Sicherheitsstandards.

Unterstützung bei der Beinarbeit unter Wasser
Die Herausforderung ist klar: Der menschliche Körper ist evolutionär auf das Gehen an Land optimiert, aber nicht auf effiziente Fortbewegung unter Wasser. Dort wirkt der Wasserwiderstand ständig gegen Beine und Rumpf, was den Energieverbrauch erheblich erhöht. Die Lösung des neuen Systems setzt daher genau dort an, wo die größte Belastung entsteht: beim sogenannten Flutter-Kick. Das Exoskelett besteht aus zwei wasserdichten Motoreinheiten am Rücken, Bowdenzügen, die an Beinmanschetten befestigt sind, sowie Sensoren zur Erfassung der Beinbewegung. Während der kraftintensiven Abwärtsbewegung wird Unterstützung zugeschaltet, während der Erholungsphase deaktiviert sich das System automatisch, um zusätzlichen Widerstand zu vermeiden.
In Tests mit sechs zertifizierten Taucher:innen zeigte sich eine Reduktion der Muskelaktivierung von mehr als zwanzig Prozent. Gleichzeitig sank der Luftverbrauch im Durchschnitt um rund 22,7 Prozent. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass nicht die Atemtechnik der zentrale Hebel ist, sondern eine Verringerung der körperlichen Anstrengung. Das Exoskelett greift daher genau an der Stelle an, die für den Großteil der Sauerstoffaufnahme verantwortlich ist: der Beinmuskulatur.
Technische Besonderheiten und Funktionsprinzip
Die Entwicklung eines funktionalen Unterwasser-Exoskeletts erfordert Lösungen für mehrere technische Herausforderungen. Das System muss wasserdicht sein, flexibel bleiben, den Bewegungsablauf präzise unterstützen und gleichzeitig so leicht gebaut sein, dass es den Taucher:innen nicht zusätzlich belastet. Die Kombination aus Motoren, Bowdenzügen und inertialen Messeinheiten ermöglicht eine Unterstützung, die laut beteiligten Forscher:innen „natürliche Bewegungsmuster und eine verbesserte Energieökonomie“ zulässt. Entscheidend ist das Timing: Die Unterstützung erfolgt ausschließlich während der Phase, in der der größte Kraftaufwand entsteht.

Getestet wurde das System in einem Tiefenpool bei zwei Metern Tiefe. Die Proband:innen absolvierten mehrere hundert Meter mit und ohne Assistenz, wobei sowohl Muskelaktivität als auch Luftverbrauch präzise gemessen wurden. Die Resultate zeigen, dass die technische Konstruktion nicht nur funktioniert, sondern die Belastung tatsächlich spürbar reduziert. Damit entsteht erstmals ein Assistenzsystem, das die Unterwasserfortbewegung spezifisch unterstützt, ohne die natürliche Körperhaltung zu verändern.
Potenzial für Forschung, Arbeitseinsätze und Sicherheit
Die Auswirkungen einer solchen Technologie könnten erheblich sein. Eine deutliche Verringerung des Luftverbrauchs verlängert Einsatzzeiten oder ermöglicht kleinere, leichtere Tanks. Für Forschungstauchgänge in abgelegenen Regionen, bei denen jeder Liter Atemgas zählt, wäre dies ein Vorteil. Auch industrielle Einsätze – etwa im Bereich der Unterwasserinspektion oder Reparatur – könnten sicherer werden, da Ermüdung und Fehleranfälligkeit sinken.
Allerdings bringt die Integration eines halbautomatischen Exoskeletts auch neue Anforderungen an Ausbildung und Sicherheitskonzepte mit sich. Bewegungsabläufe verändern sich, und die Abstimmung mit Tauchpartner:innen oder Oberflächenteams erfordert neue Standards. Zudem bleibt offen, wie sich das System in Strömung, größerer Tiefe oder bei längeren Einsätzen verhält.
Dennoch deutet vieles darauf hin, dass Assistenzsysteme dieser Art künftig eine wichtige Rolle im Tauchen spielen könnten. Wenn sich der Ansatz bewährt, wäre dies ein bedeutender Schritt hin zu längeren, sichereren und effizienteren Unterwasseroperationen – und möglicherweise der Beginn einer neuen Generation technischer Unterstützung für Menschen in einer Umgebung, für die sie biologisch nie gemacht waren.

