Investmentweek

Warum Brüssel im Ukraine-Drama zur Zuschauertribüne verkommt

22. März 2025, 20:00 Uhr · Quelle: InvestmentWeek
Trotz dramatischer Warnungen und Milliardenversprechen verlässt Olaf Scholz einen EU-Gipfel, der vor allem eines zeigt: Europas Machtanspruch scheitert an Geld, Interessen – und Viktor Orbán. Ein geopolitischer Realitätscheck.

Es ist ein Satz, der hängen bleibt: „Wir können ihn nicht vor die Tür werfen.“ Gemeint ist Viktor Orbán, Ungarns Premier und erklärter Putin-Versteher, der beim jüngsten EU-Gipfel einmal mehr jede Einigkeit blockierte.

Ein Diplomat sprach die Worte aus, sichtbar entnervt. Er hätte auch sagen können: Europa hat ein Machtproblem. Und es wird größer.

Dabei ging es in Brüssel um nicht weniger als die sicherheitspolitische Überlebensstrategie des Kontinents. Die EU-Kommission warnt vor einem möglichen russischen Angriff auf ein EU-Land bis 2030. Die USA unter einem wiedergewählten Trump könnten ihre Schutzrolle aufkündigen. Und die Ukraine braucht dringend Waffen.

Doch das Treffen der 27 Staats- und Regierungschefs endete in der Nacht auf Freitag ohne nennenswerte Ergebnisse. Ein Abschied mit gesenktem Blick – und für Olaf Scholz wohl der letzte EU-Gipfel.

Fünf statt vierzig Milliarden: Europas Versprechen schrumpft

Während Präsident Selenskyj per Videoschalte eindringlich fünf Milliarden Euro für Munition fordert – „so schnell wie möglich“ –, halten sich die Mitgliedsstaaten bedeckt.

Von ursprünglich geforderten 40 Milliarden Euro ist keine Rede mehr. Italien will Details, Frankreich verweist auf die G7, andere blockieren aus innenpolitischen Motiven. Der Eindruck: Alle reden von Solidarität, keiner will sie bezahlen.

Für Scholz, der wortkarg und fast beiläufig den Saal verlässt, ist das mehr als ein symbolischer Abschied. Die Ampel-Regierung hat sich in sicherheitspolitischer Zurückhaltung geübt, während andere längst das Vokabular der Kriegswirtschaft adaptieren.

Und nun? Er hinterlässt ein Europa, das weiß, was es will – aber nicht, wie es das durchsetzen soll.

Die EU beschließt ein gewaltiges Verteidigungspaket – doch konkrete Zusagen fehlen. Für viele wirkt die Zahl wie Symbolpolitik, nicht wie Strategie.

800 Milliarden Euro – Zahl ohne Fundament

Die Kommission schlägt vor, bis 2030 gemeinsam 800 Milliarden Euro für Verteidigung zu mobilisieren. Eine Summe, so gewaltig wie unkonkret.

Wer zahlt? Wie? Wann? Vor allem: Woher? Hoch verschuldete Staaten wie Italien und Griechenland fordern Eurobonds – gemeinsame Schuldenaufnahme zur Rüstungsfinanzierung.

Berlin lehnt ab, doch der Druck wächst. Friedrich Merz, möglicher nächster Kanzler, könnte gezwungen sein, dort einzuknicken, wo Scholz standhielt.

Orbán als Systemfehler

Und dann ist da noch Orbán. Der Ungar blockiert immer wieder Maßnahmen zur Unterstützung der Ukraine – rhetorisch an Moskau angelehnt, diplomatisch ausweichend.

Die anderen 26 EU-Staaten müssen längst mit Notlösungen arbeiten: „Koalitionen der Willigen“, statt geeinter Union. Es ist ein strukturelles Problem. Die EU ist einstimmig konstruiert – in einer Welt, die längst nicht mehr einstimmig funktioniert.

Während Orbán mit Trump und Putin sympathisiert, sieht sich Brüssel zur Handlungsunfähigkeit verdammt. „Die EU ist ein zahnloser Tiger“, spottet der Ungar. Und hat damit nicht ganz Unrecht. Die Frage stellt sich mit neuer Dringlichkeit: Wie lange kann sich Europa die eigene Einstimmigkeitsregel noch leisten?

Rüstungsunion vs. politische Realität

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron drängt auf europäische Friedensmissionen – und provoziert damit Scholz. Der kontert, in typisch verknappter Diktion: Es sei „viel zu früh“, über Friedenstruppen nachzudenken. Eine feine Spitze im politischen Kleinkrieg zwischen Paris und Berlin.

Gleichzeitig wehren sich Spaniens Premier Pedro Sánchez und Italiens Giorgia Meloni gegen den Begriff „Aufrüstung“. Sie verweisen auf andere Bedrohungen: Migration, Terror, wirtschaftliche Schwäche. Europas Problem zeigt sich deutlich: Es gibt nicht nur unterschiedliche Bedrohungslagen – sondern auch inkompatible Prioritäten.

Und jetzt?

Der Gipfel von Brüssel war ein Realitätscheck. Die Ukraine braucht Hilfe, Russland bleibt eine Bedrohung, die USA könnten sich bald verabschieden – doch Europa bleibt unentschlossen, uneins, unvorbereitet. Es debattiert über Milliarden, die keiner bereit ist zu zahlen. Es ringt um Einstimmigkeit, die längst zum Hemmschuh geworden ist. Und es verabschiedet Kanzler, deren außenpolitische Handschrift kaum zu erkennen war.

Der letzte Satz dieses Treffens könnte bezeichnend gewesen sein.

„Ja, tschüss“, sagte Olaf Scholz.

Vielleicht war es mehr als nur ein Abschied von einem Gipfel. Vielleicht war es das leise Eingeständnis einer europäischen Idee, die gerade ihren Ernstfall nicht besteht.

Politik
[InvestmentWeek] · 22.03.2025 · 20:00 Uhr
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