Private Equity will Privatanleger locken: Risiko einer Überregulierung wächst
Private-Equity-Firmen in den USA und Europa beschleunigen derzeit ihre Bemühungen, auch weniger vermögende Privatanleger anzusprechen. Dabei verweisen sie vor allem auf höhere Renditeaussichten: Laut Datenanbieter Preqin erzielten US-orientierte Private-Equity-Fonds (ohne Venture Capital) in den vergangenen 20 Jahren im Durchschnitt 14,8 Prozent Jahresrendite. Während große Pensionsfonds und Stiftungen hier bereits massiv investiert sind, möchte die Branche dieses exklusive Anlagesegment „demokratisieren“ und für mehr Menschen öffnen.
Befürworter argumentieren, dass ein weiter gefasster Investorenkreis zum einen das US-Rentensystem stützen und zum anderen mehr Kapital für Unternehmensfinanzierungen, Innovationen und Restrukturierungen freisetzen könnte. So hat sich auch der künftige SEC-Vorsitzende Paul Atkins für eine Lockerung der Zugangsbeschränkungen ausgesprochen, um den Marktkräften mehr Raum zu geben. Die Branche hofft, dass Private-Equity-Investments bald ähnlich frei verfügbar werden wie Fonds oder REITs, in die Privatanleger bereits seit Jahren investieren können.
Allerdings birgt diese Entwicklung gravierende Risiken. Private Equity ist auf langlaufendes Kapital ausgerichtet, meist über sieben bis zehn Jahre. Rasch ansteigende Zuflüsse von Kleinanlegern könnten erhöhte Liquiditätsanforderungen und strengere Regeln seitens der Aufsichtsbehörden nach sich ziehen. Mit Blick auf das US-Arbeitsrecht Erisa könnten entsprechende Fonds künftig in den Fokus geraten, sobald Privatgelder mehr als 25 Prozent ihres Volumens ausmachen. Auch die fehlende Transparenz sorgt für Kritik: Wenn Kleinanleger als Anteilseigner auftreten, werden laut Fachleuten zusätzliche Offenlegungsvorschriften kaum zu vermeiden sein, was das Geschäftsmodell deutlich regulierungsanfälliger macht.
Während sich mit Blackstone bereits ein Schwergewicht positioniert, das über 1,3 Mrd. US-Dollar für ein explizit auf vermögende Privatkunden ausgerichtetes PE-Produkt eingeworben hat, bleiben Kernfragen offen. Insbesondere stellen Fachleute infrage, ob sich die hohen Gebührenmodelle (typisch „2 und 20“) mit den Renditezielen der breiten Anlegerschaft vertragen. Hinzu kommt die Gefahr, dass bei systemrelevanter Größe staatliche Unterstützung im Krisenfall notwendig würde — ein Schritt, der Private Equity immer weiter an klassische Bankenregulierung heranführen könnte.
Die Branche lebt bislang davon, hohe Flexibilität und hohe Risiken in Kauf zu nehmen, frei von kurzatmigen Publikumszwängen. Sollte sie nun tief in den Retail-Markt vordringen, droht ihr derselbe Weg wie den einst elitären Börsensegmenten: Vom exklusiven Renditebooster zur überregulierten und potenziell verstaubten Anlageform. Und so steht Private Equity vor einer Grundsatzentscheidung: Setzt sie auf Wachstum und riskiert den Verlust ihrer Unabhängigkeit — oder wahrt sie ihr traditionelles Modell ohne den Kapitalstrom breiter Privatanleger?