Investmentweek

Luxusreisen, Privilegien, Vetternwirtschaft: Brasiliens Justiz

01. Januar 2025, 19:00 Uhr · Quelle: InvestmentWeek
60 Tage Urlaub, steuerfreie Zulagen und enge Verbindungen zu Wirtschaft und Politik: Brasiliens Justiz steht unter Druck. Privilegien und Korruptionsvorwürfe lassen Zweifel an der Unabhängigkeit der Justiz wachsen – und kosten die Gesellschaft Millionen.

Ein Luxus, den sich sonst niemand leisten kann

Man stelle sich vor: Deutschlands oberster Richter lädt einmal im Jahr zu einem exklusiven Treffen ins Ausland ein – ein Luxusresort in der Karibik oder in Südeuropa.

Gäste sind Kollegen, Politiker und Unternehmer, deren Fälle oft direkt vor Gericht verhandelt werden. Alles wird von Sponsoren finanziert, die ebenfalls an der Rechtsprechung interessiert sind.

In Brasilien ist dieses Szenario Realität. Jährlich lädt Gilmar Mendes, Richter am Supremo Tribunal Federal (STF), der höchsten gerichtlichen Instanz des Landes, zum sogenannten „Rechtsforum“ nach Portugal ein.

Die Veranstaltung, spöttisch als „Gilmarpalooza“ bezeichnet, hat sich zur inoffiziellen Lobbyplattform der Justiz entwickelt. „Ein großes Lobbytreffen“, kritisiert Conrado Hübner, Professor für öffentliches Recht an der Universität São Paulo.

Mendes selbst sieht das anders: Die Veranstaltung sei ein Forum, um den Dialog zwischen Justiz, Wirtschaft und Gesellschaft zu fördern.

Vetternwirtschaft auf höchster Ebene

Brasiliens Justiz sieht sich als Hüterin der Demokratie. 2022, als Ex-Präsident Jair Bolsonaro die Legitimität der Wahlen infrage stellte, schützte der Oberste Gerichtshof das Land vor einem demokratischen Rückschritt.

Doch dieser Ruf wird durch Vorwürfe von Vorteilsnahme und Vetternwirtschaft zunehmend beschädigt.

Brasiliens Richter genießen 60 Tage Urlaub im Jahr, lassen sich diese Tage oft auszahlen und erhalten dafür zusätzlich steuerfreie Vergütungen – eine Regelung, die Millionen kostet.

Richter erhalten großzügige Zulagen für Wohnung, Kleidung, Transport oder Beerdigungen – selbst der Urlaub wird zur Einkommensquelle. Statt die 60 Tage Urlaub zu nehmen, lassen sich viele Richter diese auszahlen. Besonders skurril: In einigen Bundesstaaten können die Erben verstorbener Richter nicht genutzte Urlaubstage nachträglich einfordern.

Dies hat zur Folge, dass Brasiliens Justizsystem den Steuerzahler rund 1,6 % des Bruttoinlandsprodukts kostet. Zum Vergleich: In Deutschland sind es 1,4 %, in der Schweiz sogar nur 0,28 %.

„Ein Teufelskreis der Privilegien“

„Die Justiz hat sich zu einer abgeschotteten Kaste entwickelt“, sagt Bruno Carazza, Ökonom und Autor des Buches Das Land der Privilegien. In seinem Werk beschreibt er, wie Richter und Staatsanwälte immer neue steuerfreie Sonderzulagen erfinden, um das gesetzliche Gehaltsmaximum zu umgehen.

Lesen Sie auch:

EU genehmigt Übernahme: Was der Catalent-Deal für Novo Holdings bedeutet
Die Europäische Kommission hat der Übernahme von Catalent durch Novo Holdings zugestimmt. Ein milliardenschwerer Deal, der nicht nur die Pharmabranche, sondern auch Novo Nordisk entscheidend prägen wird.

Offiziell darf kein Beamter mehr als ein Richter am Obersten Gerichtshof verdienen – etwa 8000 Euro im Monat. Doch 93 Prozent der Justizmitarbeiter verdienen durch Zulagen mehr als diese Grenze.

Diese Entwicklung bleibt nicht auf die Justiz beschränkt: Auch Steuerprüfer und Bundespolizisten fordern ähnliche Sonderrechte. „Es entsteht ein Teufelskreis, in dem immer neue Privilegien erkämpft werden, der den Staatsapparat weiter belastet“, erklärt Carazza.

Korruption und ein zwiespältiges System

Die Justiz steht nicht nur wegen ihrer Privilegien in der Kritik. Der Lava-Jato-Korruptionsskandal der 2010er Jahre zeigte die Verstrickungen zwischen Justiz, Politik und Wirtschaft auf.

Zunächst unterstützten die Richter die Ermittlungen. Doch als belastende Aussagen auch die höchsten juristischen Kreise erreichten, wurden Urteile aufgehoben und Ermittlungen gestoppt. Kritiker werfen der Justiz vor, sich durch diese Entscheidungen selbst zu schützen.

Ein weiteres Beispiel: Ricardo Lewandowski, ehemaliger Oberrichter, wechselte nach seiner Pensionierung nahtlos in die Rechtsabteilung eines Unternehmens, das zuvor mehrfach wegen Korruptionsvorwürfen vor Gericht stand.

Heute ist Lewandowski Justizminister – eine Personalentscheidung, die in der Bevölkerung für Kopfschütteln sorgt.

„Kein System der Kontrolle“

Die eigens geschaffenen Kontrollgremien der Justiz, wie der Nationale Richterrat, haben sich laut Transparency International längst zu Interessenvertretungen der Justizelite entwickelt.

„Es gibt niemanden, der die Richter effektiv kontrolliert“, kritisiert Bruno Brandão, Direktor von Transparency International in Brasilien.

Versuche, mehr Transparenz zu schaffen, scheitern oft an den Widerständen der Justiz.

Ein teures System für die Gesellschaft

Die Kosten für dieses System trägt letztlich die brasilianische Bevölkerung. Brasilien liegt im Korruptionsindex 2023 von Transparency International auf Platz 104 von 180 Ländern – weit hinter vergleichbaren Schwellenländern wie China (76) oder Indien (93). Die Justiz, die eigentlich die Korruption bekämpfen sollte, wird selbst als Teil des Problems wahrgenommen.

Finanzen / Global
[InvestmentWeek] · 01.01.2025 · 19:00 Uhr
[0 Kommentare]
Bundestag - Rentenpaket
Berlin (dpa) - Nach der Verabschiedung des Rentenpakets im Bundestag spricht sich Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) für ein rundum erneuertes Rentensystem aus. «Es wird nicht reichen, nur an zwei Schräubchen zu drehen, sondern wir brauchen ein ganz neues System», sagte Bas am Abend in den ARD-«Tagesthemen». Deutschland müsse sich an anderen europäischen Ländern orientieren, die solche Reformen […] (00)
vor 14 Minuten
Afrikas werden zu Kohlenstoffschleudern: Wie ein ganzer Kontinent seine CO₂-Bilanz verändert
Afrikas Wälder befinden sich an einem kritischen Wendepunkt. Jahrzehntelang galten sie als zuverlässige Kohlenstoffsenken: dichte Regenwälder, weitläufige Feuchtgebiete und ausgedehnte Baumflächen entzogen der Atmosphäre CO₂ und banden den Kohlenstoff in Holz, Laub und Böden. Aktuelle Untersuchungen zeigen jedoch, dass sich dieses Bild verändert. Satellitendaten, verstärkte Feldbeobachtungen und […] (00)
vor 10 Stunden
Das Starship der Raumfahrtfirma SpaceX
San Francisco (dpa) - Elon Musks Raumfahrtfirma SpaceX hat Investoren einem Medienbericht zufolge einen Börsengang in der zweiten Jahreshälfte 2026 in Aussicht gestellt. Zugleich erwäge SpaceX, dass einige Mitarbeiter und frühe Geldgeber Aktien verkaufen können, schrieb die Website «The Information». SpaceX solle dabei insgesamt mit 800 Milliarden Dollar (gut 687 Mrd Euro) bewertet werden, hieß es […] (00)
vor 6 Stunden
Portfolio-Erweiterung bei Raw Fury:  Sci-Fi-Puzzle und Roguelite-Shooter im Line-up
Während des PC Gaming Show: Most Wanted Showcase hat Raw Fury, der schwedische Indie-Publisher hinter Titeln wie dem mit dem Golden Joystick Award ausgezeichneten Blue Prince, The Séance of Blake Manor, Call of the Sea, Sable und anderen, spannende Neuigkeiten zu seinen kommenden Spielen angekündigt. Zu den Ankündigungen gehörten neue Publishing-Partnerschaften mit dem Entwickler Exnilo Studio […] (00)
vor 8 Stunden
Paramount+ verlängert «Landman» um dritte Staffel
Die Verlängerung des Ölindustrie-Dramas kommt nach den ersten drei Folgen. Die neuen Geschichten werden wohl noch warten müssen. Paramount+ hat die Serie Landman vorzeitig um eine dritte Staffel verlängert. Die Nachricht kommt, während Staffel zwei erst drei Episoden veröffentlicht hat, Folge vier erscheint am 7. Dezember. Das Format von Taylor Sheridan entwickelt sich damit weiter zu einem der Eckpfeiler des Paramount+-Originalportfolios. […] (02)
vor 10 Stunden
Fußball-WM 2026 - Auslosung Vorrunde
Washington (dpa) - US-Präsident Donald Trump ist bei der FIFA-Zeremonie in Washington erstmals seit Amtsantritt mit der mexikanischen Staatschefin Claudia Sheinbaum zusammengetroffen - und nach einer Phase der Abkühlung auch mit dem kanadischen Premier Mark Carney. Zu Beginn der Veranstaltung hatte sich Trump gegenüber den beiden Co-Gastgebern der Fußball-WM betont freundlich geäußert, nachdem es […] (00)
vor 4 Stunden
Startschuss für Bohrgenehmigungen: Zündet hier auch bald die erste Kursrakete?
Lüdenscheid, 05.12.2025 (lifePR) - Future Fuels Inc. (ISIN: CA36118K1084 | WKN: A40TUW). Future Fuels oder das Unternehmen, freut sich bekannt zu geben, dass es offiziell das Genehmigungsverfahren für Bohrungen in seinem zu 100 % unternehmenseigenen Uranprojekt “Hornby Basin” eingeleitet hat, das sich etwa 95 Kilometer südwestlich von Kugluktuk (Nunavut) befindet. Der wichtigste Vermögenswert […] (00)
vor 10 Stunden
 
Tesla erhält grünes Licht – doch zum Robotaxi-Durchbruch fehlt noch viel
Tesla rückt seinem Robotaxi-Versprechen einen Schritt näher. Der Elektroautobauer hat in […] (00)
Schnäppchenhändler Groschen-Markt meldet Insolvenz an
Preiskampf im Niedrigpreissegment Groschen-Markt positionierte sich seit Jahrzehnten als […] (00)
Tether setzt auf eine riskante Zinswette
Der drittgrößte Kryptowert der Welt trägt den Namen „Stablecoin“, doch seine Stabilität ist […] (00)
Peter Altmaier (Archiv)
Berlin - Der frühere Kanzleramts- und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat mit Blick […] (00)
EA wird saudisch: PIF übernimmt 93,4% der Anteile für 55 Mrd. Dollar
In den Chefetagen der Gaming-Branche herrscht derzeit eine Mischung aus ungläubigem Staunen und […] (00)
FSV Mainz 05 - Bor. Mönchengladbach
Mainz (dpa) - Slapstick-Eigentor statt One-Hit-Wonder: Für den FSV Mainz 05 hat sich die sportliche […] (02)
Sabrina Carpenter
(BANG) - Sabrina Carpenter sagt, dass das Cover ihres Albums 'Man's Best Friend' dazu gedacht […] (00)
bitcoin, cryptocurrency, money, currency, digital, electronic, virtual, internet, finance, crypto currency, block chain, brown money, brown finance, brown internet, brown digital, bitcoin, bitcoin, bitcoin, bitcoin, bitcoin, cryptocurrency, cryptocurrency
Wichtige Informationen: Bitcoin-Händler reduzieren den Hebel, da der Risikoappetit abkühlt und […] (00)
 
 
Suchbegriff