Internetriesen - Der Endkampf ist eingeläutet

Ein Smartphone von Amazon? Nichts ungewöhnliches. Ob Samsung, HTC oder iPhone: Vermutlich Hunderttausende haben ihr Multifunktionsgerät über den Versandhändler aus den USA erworben. Jetzt mehren sich allerdings die Anzeichen, dass Amazon seine Kunden bald mit einem markeneigenen Gerät beglücken wird. Gemeinsam mit asiatischen Zulieferern sind die Amerikaner bereits in der Testphase angelangt, so kolportierten es einige Medien. Für viele Beobachter keine Überraschung.

Mit Kindle und Kindle Fire hatte der Versandriese vor einem Jahr schon den E-Book- und Tablet-Bereich gehörig aufgemischt. Konkurrenzlos billig warf der Buchhändler seine Neuheiten auf den Markt - mit Erfolg. Vor allem in Anbetracht einer deutlichen Forcierung des eigenen E-Book-Verkaufs machen die Kampfpreise Sinn.

Denn Amazon fährt längst mehrgleisig, nur vordergründig ist das Unternehmen noch der klassische Onlinehändler. Der Riese aus Seattle entwickelt sich mehr und mehr zu einem Allrounder. Inhalte wie Filmen, Musik und Apps sind ein zweites Standbein, Internetservices wie Cloud-Dienste ein drittes. Nun erweitert Amazon offenkundig auch die Palette seiner technischer Geräte.

Kampf an allen Ecken und Enden

Eine Diversifizierung, die nicht geräuschlos abläuft. Der Platzhirsch im Versandhandel eckt in allen Bereichen mit der Konkurrenz an. Die Positionierung des Kindle Fire war ein gezielter Angriff auf Apples iPad, der eigene Android-Appstore soll Google empfindlich treffen und mit dem anvisierten Smartphone begibt man sich - neben der etablierten Herstellerschar wie Apple, Samsung, HTC oder Nokia - auch in Konkurrenz zu Facebook und Google.

Doch Amazon ist keineswegs nur Eroberer, sondern muss sich in seinem Revier ebenfalls den Attacken der Wettbewerber erwehren. Suchmaschinen-Riese Google gab Ende Juni bekannt, künftig in großem Stil Rechenleistung vermieten zu wollen und kommt damit dem Internethändler massiv in die Quere. Amazon ist in diesem Bereich schon lange aktiv, über den Dienstleister Amazon Web Services stellt man seit Jahren Server- und Speicherplatz an Geschäftskunden bereit.

Nun wird es auch auf diesem Sektor ungemütlich. Massiver Speicherbedarf und die zunehmend populären Cloud-Dienste sorgen für Gedränge. Apple etwa hat bereits im vergangenen Jahr seine iCloud ins Leben gerufen, das Facebook-Netzwerk ist - wenn man so will - eine einzige Cloud geteilter und gespeicherter Inhalte.

Die Revier- und Grabenkämpfe der Internetriesen lassen sich nahezu beliebig fortsetzen. Ende Juni hat Google seinerseits ein preiswertes Mini-Tablet angekündigt - in erster Linie, um gegen den Kindle Fire zu punkten. Bereits vor einem Jahr hatte der Suchmaschinen-Gigant mit Google Plus einen gewagten Angriff auf das Facebook-Imperium gestartet, wenn auch bis dato mit bescheidenem Erfolg. Facebook-Gründer Mark Zuckerbergs revanchiert sich auf seine Art und fördert seit kurzem massiv die Facebook-eigenen E-Mail-Adressen. Bisher hat Google auf diesem Territorium mit Gmail klar die Nase vorn.

Auch den Smartphone-Markt will Facebook entern, Anfang 2013 soll ein eigenes Gerät erscheinen. Google plant ähnlich und hat zu diesem Zweck im vergangenen Jahr kurzerhand die komplette Mobilfunksparte von Motorola geschluckt. Im Visier der Smartphone-Novizen Google, Facebook und Amazon: Gigant Apple, der mit den Absatzzahlen von iPhone und iPad (noch) konkurrenzlos an der Spitze thront.

[pagebreak]Der gläserne Mensch ist längst Realität[/pagebreak]

Immer deutlicher kristallisiert sich beim Kampf um Nutzer, Daten und die Vormacht im Netz dieses Quartett heraus. Die Etablierung des Kürzels Agfa (Apple, Google, Facebook, Amazon) ist ein deutliches Indiz dafür. Als Ende Juni Spekulationen um einen Verkauf des ins Trudeln geratenen Blackberry-Herstellers Research in Motion (Rim) aufkamen, tauchten neben Microsoft vor allem vier mögliche Interessenten auf: Apple, Google, Facebook und Amazon.

Das Kennzeichen der Big Four: Alle Unternehmen sind in amerikanischer Hand, alle vier wollen nicht weniger, als die Menschheit ganz ihrem Universum einzuverleiben. Wo diese Tendenz bei Facebook offensichtlich ist, setzt inzwischen auch Google massiv nach. Videos, E-Mails, soziale Kontakte, Chats, Internetsuche oder Smartphone-Apps - aus der Suchmaschine ist ein Rundum-Sorglos-Dienstleister geworden. So zumindest soll es der Nutzer wahrnehmen, ein Ausloggen aus dem Google-Account völlig unnötig erscheinen.

Auch Apple hat längst eine solche Infrastruktur erschaffen. Der Begriff Apple-Jünger zeugt von der Begeisterung, mit der sich viele über iPhone, iPad & Co bereitwillig in dieses Reich ziehen lassen und Apple so zum teuersten Unternehmen der Welt gemacht haben.

 

Datenschützer erfasst das Grauen

Weit weniger begeistert sind Datenschützer beim Blick auf diese Monopolisierung. In Anbetracht der Kenntnisse, die jedes einzelne der Unternehmen sammelt, erfasst sie das kalte Grausen. Urlaubsfotos bei Facebook, Kontodaten und Adresse bei Amazon, die Handynummern aller Freunde auf dem iPhone und sämtliche Suchvorlieben bei Google. Der gläserne Mensch ist keine Zukunftsangst mehr, sondern längst Realität.

Würden die vier Giganten ihre Daten teilen, ergäbe das menschliche Traumprofile für jeden Werbevermarkter. Amazon und Facebook tun dies seit einiger Zeit und kooperieren - eine exemplarische Win-Win-Situation. Der Versandhändler profitiert von den Empfehlungen seiner Käufer über Facebook, das Zuckerberg-Netzwerk lernt seine Mitglieder noch besser kennen.

Schon jetzt haben Agfa einen Börsenwert, der den aller 30 deutschen Dax-Unternehmen aufwiegt. Die nächsten Monate und Jahre verheißen ein munteres Hauen und Stechen um die Kräfteverhältnisse im Kampf der vier Großen. Zu beobachten sein wird die spannendste «strategische Schlacht», die das Netz je erlebt hat, wie es Google-Manager Eric Schmidt einmal formuliert hat. Die Nutzer befinden sich mitten zwischen den Fronten.

[news.de] · 19.07.2012 · 11:27 Uhr
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