Investmentweek

Ineos zieht sich aus NRW zurück und rechnet mit Europas Energiepolitik ab

07. Oktober 2025, 11:00 Uhr · Quelle: InvestmentWeek
Ineos zieht sich aus NRW zurück und rechnet mit Europas Energiepolitik ab
Foto: InvestmentWeek
175 Jobs vor dem Aus: Zwei Werke in Rheinberg werden geschlossen – der Anfang eines gefährlichen Dominoeffekts für den Industriestandort Deutschland.
Ineos beendet die Produktion in Rheinberg, was 175 Arbeitsplätze kostet und die Chemieindustrie erschüttert. Diese Entscheidung offenbart tiefe Probleme in Europas Wettbewerbsfähigkeit und Klimapolitik.

Europas Wettbewerbsfähigkeit bricht weg

Es ist ein Satz, der in seiner Wucht kaum übertroffen werden kann: „Europa begeht industriellen Selbstmord.“ Mit diesen Worten kommentiert Stephen Dossett, Chef der Ineos-Tochter Inovyn, den Rückzug seines Unternehmens aus Deutschland. Zwei Werke im nordrhein-westfälischen Rheinberg werden geschlossen, 175 Arbeitsplätze stehen vor dem Aus. Der genaue Zeitpunkt ist noch offen, doch eines ist jetzt schon klar: Die Entscheidung ist ein schwerer Schlag für die ohnehin angeschlagene Chemieindustrie in Deutschland – und ein Symptom eines viel tieferliegenden Problems.

Die Gründe für das Aus benennt Dossett unverblümt: explodierende Energiepreise, hohe CO₂-Abgaben und fehlender Zollschutz gegen billige Konkurrenzprodukte aus Asien. Europäische Hersteller würden so systematisch aus dem Markt gedrängt, während Wettbewerber in den USA und China dank günstiger Energie und laxer Klimavorgaben Produktionsvorteile genießen. „Das ist nicht nur wirtschaftlicher Irrsinn, das ist ökologische Heuchelei“, kritisiert Dossett.

Chinesische Chemie drängt – deutsche Werke schließen

Was wie eine Standortentscheidung eines einzelnen Konzerns klingt, ist in Wahrheit ein strukturelles Alarmsignal. In Rheinberg produzierte Ineos bisher hochspezialisierte Allyl-Chemikalien für die Luft- und Raumfahrtindustrie, die Verteidigung und die Automobilbranche. Zudem wird dort Chlor hergestellt – ein Grundstoff, der etwa in Medikamenten oder bei der Abwasseraufbereitung unverzichtbar ist.

Diese Produktion wird nun eingestellt, weil die Betriebskosten in Europa im internationalen Vergleich aus dem Ruder gelaufen sind. Billigimporte aus Asien überschwemmen den Markt – hergestellt oft mit russischem Öl und Gas. Damit sind sie nicht nur günstiger, sondern auch klimaschädlicher. Doch während Brüssel seine Industrie mit immer strengeren Umweltauflagen belegt, gelangen diese Produkte ohne nennenswerte Zölle auf den europäischen Markt.

Das Ergebnis: moderne und effiziente Werke in Europa schließen, während emissionsintensive Anlagen in China weiterlaufen – und globale CO₂-Emissionen steigen.

Immer mehr Schließungen: Die Deindustrialisierung schreitet voran

Ineos ist nicht der erste Konzern, der Konsequenzen zieht. Schon zuvor hatte das Unternehmen seine Standorte im britischen Grangemouth und im belgischen Geel dichtgemacht. Im Sommer folgte die Ankündigung der Schließung eines Werks in Gladbeck, bei dem 279 Arbeitsplätze betroffen sind. Allein am Standort Köln beschäftigt Ineos noch rund 2.500 Menschen – wie lange noch, ist ungewiss.

Auch andere Chemiekonzerne kämpfen ums Überleben. Nach Angaben des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) herrscht in der Branche eine „tiefgreifende Krisenstimmung“. Die Hoffnung auf eine wirtschaftspolitische Wende sei verflogen, warnt VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup. „Die Industrienation Deutschland hat heftig Schlagseite.“

Politik unter Zugzwang – doch Lösungen bleiben aus

Die Forderungen aus der Industrie sind eindeutig: niedrigere Strompreise, weniger Bürokratie, realistische Regulierung. Doch bisher hat die Bundesregierung weder ein schlüssiges Konzept für wettbewerbsfähige Energiepreise vorgelegt noch eine Antwort auf den zunehmenden Kostendruck gefunden. Stattdessen steigt der CO₂-Preis weiter, und neue Berichtspflichten verschärfen die Bürokratiebelastung.

„Wenn die Politik jetzt nicht handelt, verlieren wir nicht nur Anlagen und Arbeitsplätze. Wir verlieren unsere industrielle Basis“, warnt Große Entrup.

Tatsächlich droht eine Entwicklung, die weit über den Chemiesektor hinausreicht. Denn wenn Schlüsselindustrien wie Chemie und Grundstoffproduktion verschwinden, geraten ganze Wertschöpfungsketten ins Wanken – von der Autoindustrie über die Pharmawirtschaft bis hin zu erneuerbaren Energien.

Ein Standort auf der Kippe

Ineos’ Rückzug aus Rheinberg ist mehr als nur eine Unternehmensentscheidung. Er ist ein Weckruf für eine Industriepolitik, die sich in ihrer eigenen Klimapolitik verheddert hat. Statt ein Level Playing Field zu schaffen, hat Europa eine Wettbewerbsumgebung geschaffen, die heimische Unternehmen bestraft und ausländische Anbieter belohnt.

Die Folgen dieser Strategie werden jetzt sichtbar: Werksschließungen, Arbeitsplatzverluste, technologische Abhängigkeiten – und ein Standort Deutschland, der von Jahr zu Jahr weniger attraktiv wird. Wenn sich daran nichts ändert, werden die Worte von Stephen Dossett bald mehr sein als eine Warnung. Sie könnten zur bitteren Realität werden.

Finanzen / Unternehmen / Chemie / Energiepolitik / Deindustrialisierung
[InvestmentWeek] · 07.10.2025 · 11:00 Uhr
[0 Kommentare]
btc, bitcoin, cryptocurrency, currency, crypto, gold, digital, blockchain, cryptography, 3d, coin, payment, virtual, btc, btc, btc, bitcoin, bitcoin, cryptocurrency, cryptocurrency, crypto, crypto, crypto, crypto, crypto
Solana (SOL) handelt in der Nähe einer wichtigen monatlichen Unterstützungszone, mit einem Preis von etwa $132. In der vergangenen Woche ist er um 3% gefallen, während die täglichen Verluste bei 1% liegen. Händler beobachten diesen Bereich aufmerksam, da er mit einem langfristigen aufsteigenden Kanal-Unterstützungsniveau übereinstimmt. Test der langfristigen Unterstützung […] (00)
vor 6 Stunden
Putschversuch in Benin
Cotonou (dpa) - Unmittelbar nach einem vereitelten Putschversuch in Benin hat die westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas die Entsendung einer militärischen Eingreiftruppe beschlossen, um die Lage zu stabilisieren. Die Soldaten, unter anderem aus dem Nachbarland Nigeria, sollen die Regierung unterstützen und die verfassungsmäßige Ordnung des Landes schützen, wie Ecowas mitteilte. Der Präsident […] (00)
vor 21 Minuten
Finnische Autofokus-Brille in letzter Entwicklungsphase – bald wieder Sehen ohne Grenzen?
So ziemlich jeder wird mit steigenden Alter weitsichtig. Und weil ein bedeutender Anteil der Bevölkerung dazu auch noch kurzsichtig ist, hilft die »normale« Brille dann nicht mehr weiter. Eine teure (und für viele Leute auch nervige) Gleitsichtbrille muss her – oder man endet in einem ständigen Brillenwechsel zwischen Lese- und Fernsicht. Wie schön wäre eine Brille, die sich selbst fokussiert! […] (01)
vor 11 Stunden
Thomas Gottschalk
Köln/Hürth (dpa) - Nach seinem Rückzug aus dem Fernsehen hat sich der an Krebs erkrankte Moderator Thomas Gottschalk mit einer Nachricht an sein Publikum gewandt - und deutet an, dass er nicht völlig abtauchen wird. Allerdings werde er sich in den nächsten sechs Monaten ausschließlich um seine Genesung kümmern. «Ich weiß, dass ihr das versteht und richtig findet.» Weiter schrieb der 75-Jährige am […] (03)
vor 4 Stunden
Review: Turtle Beach Burst II Pro – Gaming Maus oder graues Mäuschen
Die Turtle Beach Burst II Pro will nicht „nur“ schnell sein, sondern konsistent schneller und präziser als das, was du gewohnt bist. Das merkt man schon an der Architektur: echte 8K‑Wireless‑Polling‑Rate, ein Sensor, der nach oben wie nach unten ungewöhnlich fein skaliert, sowie ein konsequent leichtes, symmetrisches Gehäuse ohne Hohlraum-Skelet-Design. Dazu kommt eine Software, die nicht bloß […] (00)
vor 10 Stunden
Neuer Einsatz für Frank Koops: «Harter Brocken» am 25. Dezember
Der Weihnachtskrimi mit Aljoscha Stadelmann und Anna Fischer soll an den Festtagen gute Quoten holen. Am 25. Dezember um 20: 15 Uhr feiert der neue Film der beliebten Reihe Harter Brocken Premiere. In „Die Erpressung“ muss Dorfpolizist Frank Koops (Aljoscha Stadelmann) diesmal einen besonders undurchsichtigen Fall lösen – mit Verbindungen zu ehemaligen DDR-Agenten, tödlichen Geheimnissen und einem Fall, der weit über das beschauliche […] (00)
vor 13 Stunden
New York Knicks - Orlando Magic
New York (dpa) - Der deutsche Basketball-Topstar Franz Wagner hat sich in der NBA verletzt und droht lange auszufallen. Im Spiel seiner Orlando Magic bei den New York Knicks verdrehte sich der Welt- und Europameister das linke Bein nach einem Foul von Landsmann Ariel Hukporti. Der 24 Jahre alte Wagner musste humpelnd, mit schmerzverzerrtem Gesicht und von zwei Leuten gestützt das Feld verlassen. Die Magic teilten mit, dass […] (00)
vor 5 Stunden
Neuer ZVO-Stipendiat an der TU Ilmenau
Hilden, 07.12.2025 (PresseBox) - Janos Lörincz absolvierte zunächst ein Chemie-Studium (B.Sc.) an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Daran schloss sich ein Lehramtsstudium in den Fächern Chemie und Geschichte an, ebenfalls an der Johannes Gutenberg-Universität. Im Oktober 2025 begann er das Masterstudium der Elektrochemie und Galvanotechnik an der TU Ilmenau. Sein Interesse für Chemie […] (00)
vor 18 Stunden
 
woman, crypto, bitcoin, digital, currency, coin, blockchain, happy, success, business, income, finance, gold
Ein Mann aus Florida, der Scammern 80 Millionen $ in Bitcoin verloren hat, wird eine […] (00)
Airbus überrascht die Analysten – und Jefferies ruft zum Kauf
Airbus verteidigt seinen Aufwärtskurs Airbus liefert schwächer aus als geplant – und gewinnt […] (00)
Deutsche Bahn plant 2026 mit operativem Gewinn und Umsatzanstieg
Erste Entspannung unter der neuen Führung Die Deutsche Bahn kalkuliert für die kommenden zwei […] (00)
Kanzler Merz in Israel
Jerusalem (dpa) - Bundeskanzler Friedrich Merz und Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu […] (00)
George Clooney
(BANG) - George Clooney hatte es mit den Hühneraugen "sehr alter Frauen" zu tun, bevor er zum […] (00)
Hamburger SV - SV Werder Bremen
Hamburg (dpa) - Das erste Bundesliga-Nordderby seit fast acht Jahren endete fast im Tumult. […] (02)
Netflix zeigt «People We Meet on Vacation»
Die romantische Bestsellerverfilmung bekommt ihren ersten offiziellen Trailer. Netflix hat den […] (00)
Netflix schluckt Warner Bros.: Ein 82,7-Milliarden-Dollar-Beben erschüttert Hollywood
Die Unterhaltungsindustrie hält kollektiv den Atem an, denn die Karten im globalen Medienpoker […] (05)
 
 
Suchbegriff