FDP-Kritik am EU-Lieferkettengesetz gefährdet Deutschlands Ansehen in der EU
Das EU-Lieferkettengesetz steht auf der Kippe, nachdem die FDP ihre ablehnende Haltung zu dem Vorhaben innerhalb der Bundesregierung zum Ausdruck gebracht hat. Die Grünen-Europaabgeordnete Anna Cavazzini warnte davor, dass Deutschland seine Glaubwürdigkeit als zuverlässiger Verhandlungspartner innerhalb der EU verliert, wenn sich die Liberalen durchsetzen.
Das Gesetz soll große Unternehmen zur Verantwortung ziehen, wenn sie außerhalb der EU von Kinder- oder Zwangsarbeit profitieren. Zudem sind große Unternehmen dazu verpflichtet, einen Plan zu erstellen, der sicherstellt, dass ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie mit dem Pariser Abkommen zum Klimawandel vereinbar sind.
Im Dezember haben sich Unterhändlerinnen und Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten auf einen Kompromiss zu dem Vorhaben geeinigt. Aktuell arbeiten Beamte an einem detaillierten Rechtstext, der in den kommenden Wochen fertiggestellt werden könnte. Erst dann wird es klar sein, ob die Bundesregierung untragbare Positionen in dem Gesetz findet. In der Regel werden EU-Gesetze nach einer Einigung der Unterhändler nicht mehr neu verhandelt.
Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass es keine Mehrheit für den ausgehandelten Kompromiss gibt. Bereits beim Streit um ein Aus für Neuwagen mit Verbrennungsmotor hatte Deutschland Nachforderungen gestellt. Cavazzini sieht daher Parallelen zwischen den Forderungen der FDP zum Lieferkettengesetz und dem Verbrenner-Streit. Das Präsidium der FDP hat am Montag beschlossen, das Vorhaben zu stoppen. Als Begründung werden unverhältnismäßige Bürokratie, Rechtsunsicherheit und Wettbewerbsverzerrung genannt.
Unter den Unterhändlern des EU-Lieferkettengesetzes gibt es wenig Überraschung über den Vorstoß der deutschen Liberalen. Schon von Anfang an waren die FDP und auch eine Minderheit in der deutschen Wirtschaft gegen die Richtlinie, so eine Quelle mit direktem Wissen über die Verhandlungen. Die Bedenken einiger Mitglieder der deutschen Regierung seien den EU-Staaten bekannt gewesen und sie hätten versucht, diese zu berücksichtigen.
Laut der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) sind viele Unternehmen mit dem Vorhaben unzufrieden. Aus Sicht der Unternehmen seien die Regelungen des EU-Lieferkettengesetzes weder praxistauglich noch verhältnismäßig, so der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks. Laut einer Umfrage unter 2400 international tätigen Unternehmen mit Sitz in Deutschland sehen knapp 60 Prozent der Befragten Herausforderungen wie mehr bürokratischen Aufwand bei der Umsetzung des Gesetzes. (eulerpool-AFX)