Deutschlands Baukrise: Warum der „gute Wille“ nicht ausreicht
Das Bündnis der verpassten Chancen
Der Wohnungsbau in Deutschland steckt in einer tiefen Krise, und das seit Jahren. Mit dem „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ sollte alles anders werden. Doch nach drei Jahren voller Gespräche, Diskussionen und guter Absichten zieht das Bündnis nun eine bittere Bilanz: Sieben von 14 Maßnahmen umgesetzt, doch von einer Trendwende keine Spur.
Stattdessen meldet das Ifo-Institut immer neue Rekorde bei den Auftragsrückgängen im Wohnungsbau. Im November klagten 54 Prozent der Bauunternehmen über fehlende Projekte – ein neuer Höchststand.
Die Bundesregierung verfehlte ihr Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr deutlich. Nur 265.000 Einheiten dürften 2024 fertiggestellt werden. Der Frust in der Branche wächst, während die Mieten weiter steigen. Doch woran scheitert die Lösung dieser zentralen Herausforderung für den deutschen Wohnungsmarkt?
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Wohnen wird zum Luxusgut
Eine neu gebaute Wohnung in Deutschland muss laut Branchenangaben heute Mieten zwischen 18 und 21 Euro pro Quadratmeter erzielen, um sich zu amortisieren.

Das macht Neubau in vielen Regionen schlicht unbezahlbar. Statt echter Reformen setzt die Politik auf immer neue Fördertöpfe, wie etwa das milliardenschwere KfW-Programm für sozialen Wohnungsbau. Doch diese Programme kurieren nur Symptome, ohne die Wurzel des Problems anzugehen: die schier endlose Regulierung.
Effizienzstandards, Lärmschutzregeln, Abstandsflächen – jedes Detail wird bürokratisch geregelt, oft ohne Rücksicht auf die tatsächliche Machbarkeit. Besonders die geplante „Lebenszyklus-Analyse“ für Gebäude, die CO₂-Verbräuche von der Errichtung bis zum Abriss erfassen soll, zeigt, wie weit Bürokratie und Realität auseinanderliegen.
Der „gute Wille“ reicht nicht aus
Das Kernproblem des Bündnisses liegt in seiner Struktur: 36 Stakeholder, von Wohnungswirtschaft bis Naturschutzverbänden, sollen an einem Strang ziehen. Doch echte Einschnitte, die einzelne Interessen schmälern könnten, wurden konsequent vermieden.
Die Bundesländer und Gemeinden, die maßgeblich für Bauordnungen zuständig sind, ziehen oft nicht mit. Selbst gute Ansätze, wie das „Schneller-Bauen-Gesetz“ in Berlin, bleiben die Ausnahme.

Die zentrale Erkenntnis fehlt: Ohne radikalen Bürokratieabbau und eine klare Priorisierung wird der Wohnungsbau nicht wieder in Gang kommen. Stattdessen ertrinkt das System in gut gemeinten, aber wirkungslosen Maßnahmen.
Eine radikale Streichliste als Lösung
Was Deutschland braucht, ist ein Systemwechsel. Fachleute schlagen bereits vor, veraltete Vorschriften wie die Wärmeschutzverordnung von 2007 wieder einzuführen und die aktuellen Effizienzstandards zu überdenken. Klimaschutz darf nicht gleichbedeutend sein mit exorbitanten Baukosten.
Die Abschaffung unnötiger Regelungen – von Abstandsflächen bis hin zu technischen Einzelvorschriften – wäre ein erster Schritt, um den Wohnungsbau wieder zu beleben.
Bundesbauministerin Klara Geywitz hat mit ihren begrenzten Möglichkeiten vieles versucht, doch das Zusammenspiel mit anderen Ministerien, insbesondere dem Wirtschaftsressort, bleibt ein Hindernis. Es braucht nicht mehr „guten Willen“, sondern klare Entscheidungen und mutige Reformen.


