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Der große Vertrauensverlust – und die Flucht in harte Werte

08. Oktober 2025, 08:00 Uhr · Quelle: InvestmentWeek
Der große Vertrauensverlust – und die Flucht in harte Werte
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Der Goldpreis hat Anfang Oktober 2025 die Marke von 3.950 US-Dollar erreicht – so hoch wie nie zuvor. Getrieben wird der Anstieg nicht von Spekulanten, sondern von institutionellen Käufern und Zentralbanken, die sich gegen den schleichenden Wer
Staaten treiben Defizite in die Höhe, was das Vertrauen in Geldsysteme erschüttert. Gold und Bitcoin erreichen Rekordniveaus als Schutz vor der Entwertung.

Das System wankt – und die Anleger wittern Gefahr

Frankreich ohne Premier, Japan auf Schuldenkurs, die USA im Dauerstreit mit ihrer Notenbank – und überall dasselbe Muster: steigende Defizite, steigende Schulden, sinkendes Vertrauen.
Die Weltwirtschaft läuft, aber das Fundament bröckelt.

In den Handelsräumen der großen Finanzzentren trägt diese Bewegung inzwischen einen Namen: Debasement-Trade.
Gemeint ist die Wette gegen das Geldsystem selbst – und für die Flucht in Sachwerte.

Wenn Geld seinen Wert verliert

Im Kern geht es um ein uraltes Prinzip: Je mehr Staaten sich verschulden, je mehr Zentralbanken die Druckerpressen anwerfen, desto geringer das Vertrauen in die Kaufkraft des Geldes.
Anleger suchen dann Schutz in allem, was nicht beliebig vermehrbar ist.
Gold. Silber. Bitcoin. Immobilien.

Das Ergebnis sieht man täglich auf den Bildschirmen:

  • Gold kratzt an der Marke von 4.000 Dollar,
  • Bitcoin hat die 125.000-Dollar-Grenze überschritten,
  • Silber ist mit 48,75 Dollar so teuer wie seit 2011 nicht mehr.

Der Grund ist weniger Euphorie als Angst – die Angst, dass Geldpolitik und Fiskaldisziplin endgültig voneinander entkoppelt sind.

Politische Eingriffe, geldpolitische Folgen

Der Internationale Währungsfonds hat in einer neuen Studie 134 Fälle untersucht, in denen Regierungen direkten Einfluss auf Notenbanken genommen haben. Das Ergebnis ist eindeutig:
Schon sechs Monate nach einem politischen Eingriff steigt die Inflation im Schnitt um 1,7 Prozentpunkte, Währungen verlieren im Schnitt 3 Prozent ihres Wertes.

Das Problem: Wenn Märkte das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Notenbanken verlieren, kalkulieren sie künftig mit einer dauerhaft lockeren Geldpolitik. Unternehmen und Haushalte erwarten höhere Preise – und verhalten sich entsprechend.

Das Kapital zieht sich zurück – aber wohin?

Die Folge ist ein Fluchtverhalten, das kaum rational, aber zutiefst nachvollziehbar ist.
Wenn Papiergeld nicht mehr als sicher gilt, werden Sachwerte zur Versicherung.
„Liquidity means debasement“, schreiben die Analysten von J.P. Morgan – mehr Geld im Umlauf bedeutet, dass jede einzelne Einheit weniger wert ist.

Die Ironie: Die enorme Liquidität, die eigentlich Stabilität schaffen sollte, wird zum Brandbeschleuniger für das Misstrauen.

Gold glänzt wieder – Bitcoin auch

Der Preisaufschwung bei Edelmetallen und Kryptowährungen zeigt: Anleger misstrauen zunehmend der Politik – und suchen Schutz außerhalb des Systems.
Selbst institutionelle Investoren, die lange einen Bogen um digitale Assets machten, steigen ein.
Standard Chartered prognostiziert den Bitcoin bei 165.000 Dollar, J.P. Morgan sieht Gold bei 4.000 Dollar.

Beide Anlagen profitieren vom selben Narrativ: Knappheit als Gegengewicht zur Geldflut.
Und Silber? Das Metall erlebt ein Comeback als Krisenschutz mit Industriebonus – knapp, leitfähig, gefragt.

Das stille Signal der Notenbanken

Besonders bemerkenswert: Selbst die Hüter des Geldsystems spielen inzwischen mit.

Der Goldanteil der globalen Devisenreserven liegt mittlerweile bei 24 Prozent – ein Rekord. Vor zehn Jahren waren es weniger als zehn.
Notenbanken, die sonst Staatsanleihen als sicherste Form der Reserve hielten, kaufen lieber Edelmetall.
Ein stilles, aber deutliches Signal: Das Vertrauen in die eigene Währung sinkt – selbst auf höchster Ebene.

Schwellenländer als heimliche Gewinner

Während die Industrieländer in der Schuldenspirale gefangen sind, profitieren die Emerging Markets von der neuen Marktlogik.
Ein schwächerer Dollar entlastet ihre Auslandsschulden – und sorgt für Kursgewinne.
Der MSCI Emerging Markets Index legte allein im September um sieben Prozent zu, seit Jahresbeginn sogar um 27 Prozent.

Das Kapital sucht neue Heimat – und findet sie dort, wo die Balance zwischen Schulden und Wachstum noch intakt ist.

Von ETFs bis Kryptofonds – so setzen Anleger den Trade um

Für Anleger, die sich dem Debasement-Trend anschließen wollen, bieten sich verschiedene Wege an:

  • Euwax Gold II: Physisch hinterlegter ETC auf Gold.
  • Xtrackers IE Physical Silver ETC: Für Anleger, die auf das industrielle Edelmetall setzen.
  • CoinShares Physical Bitcoin: Direkter Zugang zur größten Kryptowährung ohne Wallet.
  • 21Shares Crypto Basket Hodl 5: Ein Korb der fünf größten digitalen Währungen.
  • iShares MSCI EM ETF: Einstieg in Schwellenländer mit breiter Diversifikation.
  • Vanguard FTSE All-World ETF: Globales Basisinvestment inklusive Emerging Markets.

Die Strategie ist klar: lieber echte Werte mit Volatilität als Papierwerte mit schleichender Entwertung.

Doch Vorsicht vor der eigenen Logik

So überzeugend der Trend wirkt, er hat einen Haken.
Sollte die Liquidität abrupt versiegen – etwa durch eine Kehrtwende der Notenbanken –, droht ein Preisrückschlag gerade bei den „harten Assets“.
Denn was durch Liquidität gestützt wurde, fällt auch mit ihr.

Noch deutet wenig darauf hin, dass dieser Moment bald kommt.
Aber wer sich auf den Debasement-Trade einlässt, sollte wissen: Er handelt nicht gegen den Markt, sondern gegen das System – und das ist selten ein Spiel ohne Risiko.

Eine neue Geldordnung zeichnet sich ab

Der Debasement-Trade ist mehr als ein kurzfristiger Trend. Er ist ein Symptom eines grundlegenden Wandels im Verhältnis zwischen Politik, Geld und Vertrauen.
Je stärker die Verschuldung wächst, desto geringer das Vertrauen in Währungen – und desto größer der Drang, in das zu flüchten, was nicht gedruckt werden kann.

Vielleicht beginnt hier eine neue Ära: eine, in der Anleger weniger auf Zinsen, Renditen oder Charts achten – und mehr auf eines, das man nicht messen kann, aber überall spürt: Vertrauen.

Fazit:
Die Währungskrise ist (noch) keine Schlagzeile, aber sie hat längst begonnen – leise, schleichend, in den Portfolios der Welt.

Und wer hinsieht, erkennt: Die Märkte sind nicht panisch, sie sind realistisch.
Denn am Ende ist der wahre Wert einer Währung nicht ihr Kurs, sondern das Vertrauen, das ihr bleibt.

Finanzen / Märkte / Gold / Bitcoin / Inflation
[InvestmentWeek] · 08.10.2025 · 08:00 Uhr
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