Atommeiler könnten 14 Jahre länger laufen

Berlin (dpa) - Der Streit um längere Laufzeiten für Atomkraftwerke spitzt sich zu. In der schwarz-gelben Koalition und den südlichen Bundesländern zeichnet sich laut «Spiegel» ab, dass die Betriebszeiten für die Meiler im Schnitt um 14 Jahre ausgedehnt werden könnten.

Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) will dagegen kürzere Fristen durchsetzen. Die Regierung will in den kommenden Wochen entscheiden. SPD und Grüne warnten Schwarz-Gelb vor einem Deal mit der Stromindustrie auf Kosten der erneuerbaren Energien.

SPD-Chef Sigmar Gabriel griff Röttgen frontal an. «Entweder ist Herr Röttgen zu schwach, um sich gegen die Atom-Fans in seiner Partei durchzusetzen. Oder der Wiedereinstieg in die Atomwirtschaft ist allen Sonntagsreden zum Trotz sein persönliches Ziel», sagte er «Spiegel Online». «In beidem Fällen wäre er als Bundesumweltminister ungeeignet.» SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte im Deutschlandfunk, seine Partei werde dagegen kämpfen, dass die Regierung am Bundesrat vorbei das Atomgesetz ändern wolle. «Ich bin fest davon überzeugt, das werden auch die CDU-regierten Länder nicht mitmachen.»

Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth warf der Atomindustrie verantwortungslose Tricksereien vor, um alte Meiler vor der fälligen Abschaltung zu bewahren. «In der Energiepolitik wird ein unverantwortliches Atom-Roulette gespielt», sagte Roth der dpa.

Reststrommengen des Eon-Kraftwerks Stade seien an den Atommeiler Biblis A des Konkurrenten RWE verschachert worden. «Atomkonzerne, die mit überhöhten Strompreisen die Verbraucher abzocken, wollen ihre Monopolstellung für die nächsten 28 Jahren zementieren.» Das schade dem Wettbewerb und führe dazu, dass Windparks abgeschaltet werden müssten, wenn es zu viel Atomstrom gebe. «Die Laufzeitverlängerung ist keine Brücke, sondern der Abgrund für die erneuerbaren Energien.»

In einer Erklärung Roths vom Sonntag hieß es zu der Laufzeitverlängerung zudem: «Wenn die schwarz-gelbe Koalition diese Pläne umsetzen will, muss sie sich auf einen ganz heißen Herbst gefasst machen.» Sie sagte voraus, dass zehntausende Menschen auf die Straße gehen «und Millionen Wähler bei den Frühjahrswahlen gegen diesen Irrsinn stimmen» werden.

Auch der hessische SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel kritisierte die Energiekonzerne. Um die Abschaltung der Kraftwerke zu verhindern, werde derzeit in Hinterzimmern verhandelt und geschachert. Zuletzt hatte RWE durch Übertragung von Reststrommengen stillgelegter Meiler erreicht, dass der hessische Reaktor Biblis B fast ein Jahr länger am Netz bleiben kann.

Die Bundesregierung will bald ein Energiekonzept vorlegen. Baden- Württembergs FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagte, die Atomfrage sei ein Gradmesser für Schwarz-Gelb: «Das Energiekonzept wird die Nagelprobe werden, ob die Zusammenarbeit besser wird oder nicht.»

Nach Ansicht von Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) gehört der Energie aus Wind, Sonne und Wasser die Zukunft. Die Kernkraft werde aber noch als Brückentechnologie benötigt, sagte er der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Samstag). «Es sollte eine moderate Laufzeitenverlängerung geben. Moderat heißt: je kürzer, desto besser.»

Energie / Atom
08.08.2010 · 14:59 Uhr
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