Investmentweek

Atomkraft: Plötzlich wieder eine Option

26. März 2025, 20:00 Uhr · Quelle: InvestmentWeek
Ein Angebot europäischer Kerntechnik-Konzerne bringt die Debatte über eine Rückkehr der Atomkraft in Deutschland zurück auf die Tagesordnung – sachlich, konkret, mit klarer Ansage. Politisch bleibt das Thema heikel, doch technisch scheint vieles möglich.

Sechs Reaktoren, sechs Chancen

Die sechs zuletzt abgeschalteten deutschen Kernkraftwerke könnten wieder ans Netz gehen – und zwar schneller, als viele denken. Das behaupten ausgerechnet jene Unternehmen, die sie einst gebaut haben.

Framatome, Westinghouse und Urenco legen in einem gemeinsamen Schreiben dar, wie eine Wiederinbetriebnahme bis 2030 aussehen könnte. Die Anlagen seien in gutem Zustand, der technische Aufwand überschaubar.

Framatome, heute eine Tochter der französischen EDF, kennt die deutschen Reaktoren aus dem Effeff – sie wurden einst unter Siemens-Führung errichtet. Westinghouse steuert Expertise aus internationalen Reaktorbetrieben bei, Urenco liefert den Brennstoff. Das Angebot steht: „Wir können liefern – wenn die Politik es will.“

Strompreise, Klima, Versorgungssicherheit

Drei Schlagworte, ein Argument: Die Kernkraft könnte gleichzeitig die Strompreise dämpfen, CO₂-Emissionen senken und die Energieversorgung stabilisieren. Das macht sie – trotz aller politischen Vorbehalte – zu einer verlockenden Option.

Gerade jetzt, wo Deutschland mit dem Rücken zur Wand steht: Strom teuer, Netze überlastet, Kohlemeiler in der Warteschleife.

Laut dem Lobbyverband KernD ließen sich durch eine Wiederinbetriebnahme jährlich bis zu 95 Millionen Tonnen CO₂ einsparen. Das ist keine kleine Zahl, sondern ein relevanter Beitrag zum Klimaziel – und das ohne neue Windräder, ohne Proteste, ohne jahrelange Bauzeiten.

Die Union öffnet die Tür – die SPD blockt

Politisch kommt Bewegung ins Spiel. Im Entwurf für den neuen Koalitionsvertrag fordert die CDU/CSU eine Bestandsaufnahme: TÜV, Reaktorsicherheitskommission und GRS sollen prüfen, ob eine Reaktivierung der Anlagen machbar und bezahlbar ist. Ein Rückbau-Stopp ist ebenfalls im Gespräch – zumindest, bis die Ergebnisse vorliegen.

Doch die SPD mauert. Von „Stillschweigen“ ist offiziell die Rede, inoffiziell heißt es: Die Sozialdemokraten wollen über Atomkraft gar nicht erst diskutieren. Das gesamte Kernenergie-Kapitel im Vertragsentwurf ist in eckige Klammern gesetzt – ein Hinweis darauf, dass es noch keine Einigung gibt. Oder dass es gar keine geben soll.

Die Betreiber lehnen einen Wiedereinstieg ab – nicht aus technischen Gründen, sondern wegen des politischen Zickzackkurses und fehlender Planungssicherheit in der Energiepolitik.

Industrie sagt Ja – Betreiber sagen Nein

Bemerkenswert ist der Gegensatz zwischen den Technikfirmen und den klassischen AKW-Betreibern. Während Framatome, Westinghouse & Co. offen für ein Comeback werben, halten sich RWE, E.on, EnBW und Vattenfall weiter bedeckt – oder lehnen eine Rückkehr rundweg ab. Der Grund: zu viel politisches Hin und Her, zu wenig Planungssicherheit.

Schon unter Angela Merkel hatten wechselnde Entscheidungen, Sondersteuern und Rückbauvorgaben das Vertrauen der Betreiber erschüttert. Jetzt, da ein Kurswechsel denkbar wäre, wollen sie nicht mehr mitspielen. Verständlich aus ihrer Sicht. Bitter für die Energiewende.

Was, wenn der Staat selbst übernimmt?

In Belgien hat der Staat inzwischen eigene Gesellschaften gegründet, um den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken zu sichern. Auch in Deutschland wird dieses Modell wieder diskutiert. Eine staatliche Betreibergesellschaft könnte übernehmen, wo sich die Konzerne zurückziehen. Möglich wäre auch eine Mischform mit den AKW-Bauern selbst.

Noch ist das Zukunftsmusik – aber nicht mehr völlig unrealistisch. Denn anders als vor fünf Jahren gibt es nun wieder eine technische, wirtschaftliche und sogar wissenschaftliche Basis für die Debatte.

Renaissance des Know-hows

Die deutschen Hochschulen sind vorbereitet. Lehrstühle für Kerntechnik, Sicherheitsforschung und Entsorgung existieren weiterhin – trotz Ausstieg. Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und die Ruhr-Uni Bochum haben erklärt, dass sie bereitstehen: für Ausbildung, Forschung, Reaktorsimulation. Die Expertise ist da. Noch.

„Deutschland braucht weiterhin Know-how in der Kerntechnik“, sagt Thomas Tromm vom KIT.

Ein kompletter Ausstieg würde bedeuten, dass man genau diese Fähigkeiten aufgibt – ohne sie je wieder aufzubauen. Ein Risiko, das über den Strommarkt hinausreicht.

Ein Paradigmenwechsel?

Lange galt Atomkraft hierzulande als erledigt. In Frankreich, den USA oder Japan wird längst wieder gebaut. Nur Deutschland wollte raus – komplett, unumkehrbar, final. Doch die Realität hat sich verändert. Der Stromhunger steigt, der CO₂-Druck wächst, die Industrie leidet unter hohen Preisen. Und: Die Alternativen kommen nicht schnell genug.

Ob sich die Politik traut, einen neuen Kurs einzuschlagen, ist offen. Aber das erste Mal seit Jahren liegt eine konkrete Option auf dem Tisch. Keine Theorie, kein Parteiprogramm – sondern ein Angebot aus der Industrie.

Politik
[InvestmentWeek] · 26.03.2025 · 20:00 Uhr
[18 Kommentare]
Mähdrescher (Archiv)
Berlin - Die wirtschaftlichen Ergebnisse der deutschen Landwirtschaft haben im Wirtschaftsjahr 2024/25 stagniert. Zu dem Ergebnis kommt der Deutsche Bauernverband in seinem aktuellen Situationsbericht, der am Donnerstag veröffentlicht wurde. Die Haupterwerbsbetriebe erzielten demnach ein Unternehmensergebnis von durchschnittlich 78.500 Euro je Betrieb, was dem Niveau des Vorjahres entsprach. Fast […] (00)
vor 8 Minuten
Jamie Lee Curtis
(BANG) - Jamie Lee Curtis wird über die Weihnachtszeit eine Pause von den sozialen Medien einlegen. Die 67-jährige Schauspielerin verriet, dass sie während der Festtage eine "lange" digitale Auszeit von Instagram und Co. nehmen wird. Jamie freut sich darauf, Zeit offline zu verbringen. Bei der Premiere ihres neuen Films 'Ella McCay' erklärte sie gegenüber 'E! News': "Ich werde gleich eine richtig […] (00)
vor 1 Stunde
Neues Krypto-Fintech will digitale Vermögen bankfähig machen
Ein misslungener Wohnungskauf wird zum Ausgangspunkt eines Fintechs Jean Meyer wollte lediglich eine Wohnung kaufen. Dass aus diesem Plan ein Start-up entstehen würde, ahnte er nicht. Rund 200.000 Euro hielt er damals in Kryptowährungen – legal erworben, regulär verwahrt, sauber dokumentiert. Doch sobald er die Summe von einer Kryptobörse zu seiner Bank transferieren wollte, begann ein […] (00)
vor 1 Stunde
Mike Ybarra prophezeit fulminantes Call of Duty-Comeback dank Battlefield-Druck
Während Call of Duty: Black Ops 7 kommerziell sicherlich kein Desaster darstellt, fehlt dem Titel jene kulturelle Durchschlagskraft, die seine Vorgänger über Monate hinweg im Gespräch hielt. Doch genau in dieser Phase der vermeintlichen Schwäche meldet sich eine prominente Stimme zu Wort, die Hoffnung verbreitet. Mike Ybarra, ehemaliger Führungskader bei Microsoft, sieht in der aktuellen Krise […] (00)
vor 28 Minuten
«PONIES»: Sky startet Emilia-Clarke-Serie
Der Pay-TV-Sender zeigt ab 16. Januar den neuen Kalter-Krieg-Thriller, in dem Emilia Clarke und Haley Lu Richardson als unerwartete CIA-Agentinnen eine Moskauer Verschwörung aufdecken. Sky und WOW starten am 16. Januar 2026 die neue Spionage-Thriller-Serie PONIES, eine achtteilige Peacock-Produktion, die wöchentlich in Doppelfolgen veröffentlicht und zusätzlich auf Sky Atlantic ausgestrahlt wird. Die Handlung führt ins Moskau des Jahres 1977, […] (00)
vor 1 Stunde
Media Day Team Red Bull-Bora-hansgrohe
Palma de Mallorca (dpa) - Die Sitzordnung in den Central Studios von Mallorca dürfte Remco Evenepoel vermutlich weniger gefallen haben. Nicht der belgische Superstar mit dem großen Ego und dem noch größeren Preisschild wurde in der Mitte des Podiums platziert, sondern Deutschlands Radsport-Hoffnung Florian Lipowitz bekam bei der ersten Zusammenkunft des Red-Bull-Rennstalls für 2026 diese Rolle […] (00)
vor 33 Minuten
Berlins Unterbringungskosten steigen trotz weniger Geflüchteter
Ausgaben haben sich seit 2020 fast verdreifacht Die aktuellen Zahlen stammen aus internen Berechnungen des Senats, über die der „Tagesspiegel“ zuerst berichtet hatte und die später aus Senatskreisen bestätigt wurden. Demnach kletterten die Kosten für Unterkünfte von 312 Millionen Euro im Jahr 2020 auf 883 Millionen Euro im Jahr 2024. Ein großer Teil dieser Summe entfällt auf Großunterkünfte. […] (00)
vor 28 Minuten
Digitale Optimierung des innerbetrieblichen Transports mit der COSYS IBT Software
Zürich, 11.12.2025 (PresseBox) - Innerbetriebliche Transporte gehören in vielen Unternehmen zu den grundlegenden täglichen Abläufen. Materialien, Bauteile, Dokumente und Lademittel werden stetig zwischen Lager, Produktion, Versand- oder Verwaltungsabteilungen bewegt. Trotz dieser Bedeutung laufen viele dieser Prozesse weiterhin ohne digitale Unterstützung. Das führt zu Verzögerungen, fehlender […] (00)
vor 1 Stunde
 
Öl-Pipeline in Brandenburg defekt
Gramzow (dpa) - Nach dem Auslaufen großer Mengen Rohöl aus einem Leck an einer Pipeline im […] (00)
Adis Ahmetović (Archiv)
Berlin - Der außenpolitische Sprecher der SPD, Adis Ahmetovic, sieht in der laufenden Ukraine- […] (00)
Koalition der Willigen
Kiew/Washington (dpa) - Im Bemühen um ein Ende des russischen Angriffskriegs will der […] (00)
Spannungen zwischen Venezuela und USA
Caracas/Washington (dpa) - Die venezolanische Regierung hat die Erstürmung eines Öltankers vor […] (04)
KI-Investitionen treiben Kosten hoch und belasten Oracles Bilanz
Wachstum bleibt hinter Prognosen zurück Oracle meldete für das jüngste Quartal einen […] (00)
EU lobt iPhone-Android Datenübertragungstools von Apple und Google
Am Dienstag fand die Europäische Kommission Anerkennung für die geplanten […] (00)
Fortnite: Ninjago: Aufsteig des Ninja – Neue Inhalte für LEGO Fortnite Odyssey
Im Vorfeld des 15-jährigen Jubiläums von LEGO NINJAGO im kommenden Jahr erscheint NINJAGO: […] (00)
Sam Worthington
(BANG) - Sam Worthington wird ständig für seine Hauptrolle in 'Avatar' erkannt. Der 49-jährige […] (00)
 
 
Suchbegriff