Vivendi setzt auf Zurückhaltung bei Telecom Italia Hauptversammlung
In einer entscheidenden Wendung für die Zukunft von Telecom Italia hat der französische Großaktionär Vivendi entschieden, sich bei der Abstimmung über die Wiederwahl des aktuellen Chief Executive Pietro Labriola während der anstehenden Aktionärsversammlung am Dienstag der Stimme zu enthalten. Damit vermeidet das Unternehmen mit einem Anteil von 24 Prozent an dem italienischen Telekommunikationsanbieter einen offenen Konflikt über dessen strategische Ausrichtung.
Vivendi hat seit 2015 rund 4 Milliarden Euro in Telecom Italia investiert und steht dem Plan Labriolas kritisch gegenüber, das Netzwerkgeschäft von den Dienstleistungen zu trennen und an die US-amerikanische Private-Equity-Gesellschaft KKR zu veräußern, um die Schulden zu reduzieren. Das von KKR aufgebrachte Angebot von 22 Milliarden Euro werde dem Unternehmen nicht gerecht, so Vivendi. Die Kritik an der Abspaltung und dem Verkauf des Netzwerks hat Vivendi bereits vor Gericht getragen, allerdings ohne eine einstweilige Verfügung zu beantragen, während das Verfahren noch viele Jahre dauern könnte.
Gegen die Wiederwahl Labriolas haben zwei Minderheitsaktionäre, darunter Investor Merlyn Partners mit einem Anteil von 0,53 Prozent an Telecom Italia, Alternativpläne vorgelegt und unter anderem Stefano Siragusa, einen ehemaligen TIM-Manager, sowie die in Paris ansässige Google-Managerin Laurence Lafont als Kandidaten aufgestellt. Der italienische Aktivist Bluebell Partners unterstützt ebenfalls Lafont und hat bei der italienischen Finanzaufsicht Consob Bedenken gegen die Unabhängigkeit einiger von Telecom Italia vorgeschlagenen Aufsichtsratsmitglieder geäußert.
Das italienische Finanzministerium, welches ein Veto-Recht bei Geschäften von strategischer nationaler Bedeutung wie Telekommunikationsinfrastruktur hat, billigte das Geschäft mit KKR bereits im Januar. Die Transaktion sieht vor, dass das Ministerium eine Beteiligung von 20 Prozent an dem Netzwerkunternehmen erwirbt. Eine endgültige Vereinbarung wird im Laufe des Sommers erwartet.
Die italienische Regierung, Gewerkschaften und die scheidende Unternehmensführung lehnen eine weitere Zersplitterung des Unternehmens über den Netzwerkverkauf hinaus ab, während Merlyn Partners sechs unterschiedliche Szenarien für die Zukunftsstrategie von Telecom Italia skizziert, darunter massive Bargeldgewinne und keine Verschuldung durch Verkäufe des profitablen brasilianischen Segments und des italienischen Verbrauchergeschäfts. Abzuwarten bleibt, welche Vorschläge die öffentliche Investitionsbank Cassa Depositi e Prestiti, Inhaberin eines 10-prozentigen Anteils, auf der Aktionärsversammlung vorlegen wird. (eulerpool-AFX)