Streit um Pkw-Maut: «Ohrfeige» für Scheuer

30. Januar 2020, 18:55 Uhr · Quelle: dpa

Berlin (dpa) - Im Maut-Untersuchungsausschuss hat der Bundesrechnungshof Vorwürfe gegen das Verkehrsministerium erneuert.

Vertreter der Behörde machten als Zeugen deutlich, es habe im Haus von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bei der später geplatzten Pkw-Maut eine mangelnde Risikobewertung und Verstöße gegen Haushalts- und Vergaberecht gegeben.

Der Rechnungshof hatte Scheuer bereits in einem Bericht schwerwiegende Mängel vorgeworfen. Das Ministerium habe bei den Maut-Verträgen «Vergaberecht verletzt» und «gegen Haushaltsrecht verstoßen», hatten die Finanzkontrolleure im November in einem Bericht an den Bundestag geschrieben.

Politiker der Oppositionsfraktionen sehen dies als schwere Belastung für Scheuer. Der FDP-Politiker Christian Jung sagte vor der Sitzung des Untersuchungsausschusses, der Bericht sei die «schlimmste anzunehmende Ohrfeige» für Scheuer.

Die Opposition wirft Scheuer bei der Pkw-Maut schwere Fehler zu Lasten der Steuerzahler vor. Der Bund hatte Verträge zur Erhebung und Kontrolle der Pkw-Maut 2018 geschlossen, bevor endgültige Rechtssicherheit bestand. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) kippte das Vorhaben Mitte Juni, direkt nach dem Urteil kündigte der Bund die Verträge. Die für die Pkw-Maut vorgesehenen Betreiber Kapsch und CTS Eventim bezifferten vor Weihnachten ihre Forderungen an den Bund auf 560 Millionen Euro. Als wahrscheinlich gilt nun ein Schiedsverfahren.

Eine Abteilungsleiterin des Bundesrechnungshofs sagte als Zeugin im Ausschuss, das Ministerium hätte im Vergabeverfahren auf Wettbewerb, Transparenz und Gleichbehandlung achten müssen. Und trotz der Risiken habe das Ministerium dann entschieden, die Pkw-Maut durchzuziehen, damit Einnahmen generiert werden könnten. Es hätte aber das EuGH-Urteil abgewartet werden müssen, um Klarheit zu haben.

Jung sagte, die Zeugenbefragungen hätten bestätigt, dass das Verkehrsministerium «auf krasse Weise» gegen Grundsätze der «Haushaltswahrheit und -vollständigkeit» verstoßen habe. Dagegen warnte der CSU-Politiker Ulrich Lange davor, den Rechnungshof zum «Kronzeugen» gegen Scheuer zu machen. Der Bericht sei in sich nicht schlüssig. Das Verkehrsministerium wies die Kritik des Rechnungshofs erneut als unberechtigt zurück. Die Mautverträge stünden im Einklang mit dem Haushalts- und Vergaberecht. Zudem wies das Ministerium darauf hin, «umfassend und vollumfänglich» mit dem Bundesrechnungshof zu kooperieren.

Dagegen sagte der Vertreter des Rechnungshofs - ein Prüfungsgebietsleiter - im Ausschuss, die Zusammenarbeit mit dem Ministerium sei «nicht konfliktfrei» und «verbesserungswürdig». Allerdings könne der Rechnungshof generell bei der Zusammenarbeit mit Ministerien nicht davon ausgehen, dass «die Leichen im Keller serviert» würden.

In einem Prüfvermerk vom November 2019 heißt es, das Verkehrsministerium habe die Prüfung des Rechnungshofs «immer wieder behindert». Der Vermerk liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Zuvor hatte die «Süddeutsche Zeitung» darüber berichtet. Das Ministerium habe «relevante Unterlagen und Informationen teilweise nur auf (mehrfache) Nachfrage, sukzessive und nicht vollständig zur Verfügung» gestellt.

Der Zeuge wollte im Ausschuss auf den Prüfvermerk nicht näher eingehen, weil dieser intern sei. Der Linke-Obmann im Ausschuss, Jörg Cezanne, sagte: «Die öffentlich gewordene Behinderung der Arbeit des Bundesrechnungshofes ist ein handfester Skandal im Skandal.»

Bei der nächsten Sitzung des Untersuchungsausschusses am 13. Februar soll der frühere Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), der von 2009 bis 2013 im Amt war, als Zeuge auftreten. Zur Begründung hieß es bei der FDP, Scheuer sei unter Ramsauer Staatssekretär gewesen und habe in dieser Zeit genau die Maut abgelehnt, mit der er als Minister Steuergelder verschwendet habe. Ramsauer werde in diesem Zusammenhang einen «wertvollen Beitrag zur Aufklärung des Maut-Desasters» liefern können.

Verkehr / Pkw-Maut / Andreas Scheuer / Rechnungshof / Deutschland
30.01.2020 · 18:55 Uhr
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