Review – Star Wars VII: Eine kritische Liebeserklärung

20. Dezember 2015, 10:40 Uhr · Quelle: klamm.de

Der 17. Dezember 2015 – Ein Datum, das noch lange in den Köpfen der Menschen verweilen wird. Der Tag, an dem die Macht stärker war als jemals zuvor. Getragen von der Liebe der Menschen und gestärkt durch die bedingungslose Treue der Fans. Star Wars: Das Erwachen der Macht bahnt sich seinen Weg auf die Leinwände und lockte allein zur Premiere in Deutschland bereits gut 600.000 Zuschauer ins Kino. Der Umsatz: 6,6 Millionen Euro. Damit ein von Herzen kommendes „Fack Ju, Göhte“ (Teil 2). Also… ich meine natürlich: Rekord gebrochen! Star Wars: Das Erwachen der Macht zieht an der deutschen Komödie vorbei und die Tendenz, weitere Rekorde zu brechen zeichnet sich durchaus ab.

Der rote Teppich zierte den Eingangsbereich des Zoo Palast in Berlin. Lampenkonstrukte, die ein berechtigtes Licht auf die gewaltigen Ausstellungsstücke warfen (die High Society war bereits abgelichtet und erfreute sich womöglich schon an alkoholischen Kaltgetränken). Ein Tie-Fighter bediente sich meiner Aufmerksamkeit und lockte zudem zahlreiche Hobby-Fotografen und Selfie-Begeisterte an, die nur noch den passenden Hintergrund für sich suchten. Popcorn und Getränk waren für mich Nebensache, ich wollte endlich „sehen“. Natürlich war ich recht aufgeregt. Ich selbst bin ein großer Fan der Star Wars Saga; auch wenn ich nicht automatisch auf jeden Hype-Train aufspringe. Bis auf die offiziellen Trailer, habe ich von allen Berichten, Memes, Videos und Interviews die Finger gelassen und wollte mich völlig unvoreingenommen dem Erwachen der Macht stellen und vor allem: Disney eine Chance geben, mich zu überzeugen. Seit bekannt ist, dass die Disney Studios das Zepter in die Hand genommen haben und sich um einen Nachfolger der Star Wars Reihe kümmern, gab es viel Spott und Hohn (wie das immer so ist, in einer fairen und geduldigen Gesellschaft wie der unseren).

Der Vorhang lichtet sich.
Dieses Gefühl, als das gelbe Intro über den Bildschirm flackerte und in den unendlichen Weiten der Galaxie verschwand, während es uns den Plot des Films näher brachte, unbeschreiblich. Wie hätte es auch anders sein können, erhebt sich eine neue Bedrohung, die sich selbst „Die erste Ordnung“ nennt und offensichtlich von der dunklen Seite der Macht getrieben wird. Mutig stellt sich ihnen der Widerstand entgegen, angeführt von Prinzessin Leia, die in diesem Zusammenhang liebevoll „General“ genannt wird. Gewöhnungsbedürftig; findet auch C-3PO. Luke Skywalker ist verschollen. Niemand hat ihn je wieder gesehen, nachdem er es sich zur Aufgabe gemacht hatte, junge Schüler in der Anwendung der Macht zu unterrichten – was nicht ganz astrein über die Bühne ging. Dies ist auch der Grund für sein verschwinden. Doch Leia gibt die Hoffnung nicht auf, ihren Bruder zu finden und ihn im Kampf gegen das Imperium für sich zu gewinnen. Es soll eine Karte existieren, eine Karte auf der Hinweise zum Verbleib des Jediritters vorhanden sind. Natürlich hat auch das Imperium schon längst Wind davon bekommen. Somit wird Luke Skywalker zum letzten Schrei in der Galaxis – jeder will ihn haben.

So beginnt es also. Die mitgeführten Lichtschwerter im Kinosaal versiegen langsam und die Menge Applaudierte mit Erscheinen der langersehnten Charaktere aus der Vergangenheit. Auch die frischen Protagonisten machen einen ordentlichen Eindruck. Neu heißt immer, man muss sich erst einmal daran gewöhnen. Doch die sympathische Schrottsammlerin Rey und auch Finn, dem sie bald schon mehr oder weniger unfreiwillig begegnet, bahnne sich schnell ihren Weg auf das Sympathie-Level unseres Empfindens. Bildgewaltig präsentiert uns der Wüstenplanet Jakku seine Gebiete, sowie die Wracks der alten Sternzerstörer, die sich durch einen Absturz in den heißen Wüstensand bohren und ihr Dasein nur noch als Schrottspender fristen. Doch genug der metaphorischen Worte. Was geschieht im Universum? Auf Jakku findet alles seinen Ursprung in Star Wars: Das Erwachen der Macht. Nach einer fulminanten Einleitung, in der uns die Charaktere näher gebracht werden und die Handlung sich immer weiter aufbaut, kommt es endlich zum Auftritt von Han Solo und Chewie – auch hier begeistertes Klatschen im Publikum. Kurz gesagt: Die Basis des Widerstands muss gefunden werden. Man will sich offenkundig dem Imperium entgegenstellen.

Das wird nicht einfach, denn hier wartet ein neuer, ernstzunehmender Gegner. Kylo Ren (könnte doch glatt als Charaktername bei Streetfighter durchgehen) ist durchaus gesegnet im Umgang mit der dunklen Seite der Macht und ähnlich skrupellos wie sein Idol: Darth Vader. Seine Fußstapfen sind es, in die er treten will. Und auch ihn umgibt eine dunkle und erschreckende Geschichte. Der Apfel fällt doch recht weit vom Stamm – nur von welchem, verrate ich an dieser Stelle lieber nicht. Den Antagonisten haben wir also auch. Dieser wächst in seiner Rolle als Hauptbösewicht im Laufe des Films gewaltig und bestärkt seine Position. Doch was ist denn nun mit dem Film? Ist „Das Erwachen der Macht“ ein würdiger Nachfolger? Nun, meine kurze und aussagekräftige Antwort vor der Erklärung: Ja!

Bereits nach wenigen Minuten fühlte sich der siebte Teil der Saga genauso an, wie sich ein Star Wars anfühlen muss. Man huldigt ganz offensichtlich den Originalen und hat es geschafft mit Kulisse und Charakterdesign, das nostalgische Gefühl der Vergangenheit wieder aufzupolieren. Was Episode 1-3 verloren haben, hat Disney gekonnt wieder eingefangen und überzeugend umgesetzt. Sowohl die Laserschwert-Kämpfe als auch die Boden- und Luftgefechte wirken viel authentischer und nicht protzig überzogen, indem man übertrieben beweisen wollte, was technisch alles so geht. In einigen maßgeblichen Laserschwert-Duellen zum Beispiel sind die Emotionen nicht nur spürbar, sondern auch offensichtlich. Voller Wut wird nicht mehr malerisch gefochten, sondern unkontrolliert geprügelt – wirkt auf jeden Fall echt. Noch dazu ist der komplette Streifen mit einer gehörigen Portion Humor versehen (ich habe bei keinem Star Wars so sehr gelacht). Die altbekannten Darsteller nehmen sich dabei selbst nicht zu ernst und es findet ein Parodie-Feuerwerk sondersgleichen für die Klassiker statt. Ich fühlte mich großartig unterhalten, ohne, dass mir die Sprücheklopferei negativ aufgestoßen ist.

Was mich allerdings tatsächlich etwas in meiner herrschenden Euphorie gebremst hat, fand in etwa der zweiten Hälfte des Films statt; als es langsam aber sicher auf das Grand Finale zusteuerte. Hier wurde ich doch sehr stark mit Parallelen zum ursprünglichen Teil „Der Krieg der Sterne“ konfrontiert und die Handlung war dadurch sehr vorhersehbar und bot keinerlei neue Ansätze. Somit flachte das Geschehen etwas ab und bot kaum noch innovative Sequenzen in der Geschichte. Schade, hier hätte ich mir etwas mehr Kreativität gewünscht – war etwas dürftig. Zumal die erste Hälfte aus Star Wars 7 einen gigantischen Auftakt bot und wirklich nahezu alles richtig gemacht hat. Zugegeben, das bricht die Gesamtnote des Films nun nicht prägnant herunter. Es ist ein (und davon bin ich überzeugt) gerechtfertigter Kritikpunkt, den sicherlich einige mit mir teilen. Denn was sich die Schöpfer beim siebten Teil der Reihe positiv zuschreiben können, sind die tatsächlich dramatischen Wendungen, die der Zuschauer erfährt. Hinsichtlich der musikalischen Untermalung: Passt. Sitzt. Kracht. Fesselt. Entführt. Berührt. Alles dabei und super integriert. Also wenn’s daran gescheitert wäre…

Zeit für das Fazit

Charaktere überzeugen auf ganzer Linie und bilden das perfekte Ensemble für eine würdige Fortsetzung. Das Gefühl, wenn ich „Das Erwachen der Macht“ anschaue, suggeriert mir endlich wieder, das ich einen „echten“ Star Wars ansehe. Meine Erwartungen und Hoffnungen wurden erfüllt. Die Geschichte ist spannend und mit exakt der richtigen Prise Humor umgesetzt, um nicht die nostalgische Wahrnehmung zu zerstören und sie schafft es trotz allem, am Zahn der Zeit zu fühlen und sowohl emotional als auch optisch genau das zu präsentieren, was ich mir gewünscht hatte. Technisch einwandfrei. Das wär’s ja auch noch.

Star Wars VII: Das Erwachen der Macht hat es geschafft – direkt in mein Herz. Ich freue mich nun ganz offiziell auf den Nachfolger. Disney hat Star Wars zurückgeholt.

- by Jennifer Dühnfort

StarWars / Das Erwachen der Macht / Review / Filmkritik
20.12.2015 · 10:40 Uhr
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