Moleküle zu groß? Forscher verabreichen Insulin endlich per Pflaster statt Spritze
Natürlich kann man sich daran gewöhnen, täglich Insulin zu spritzen – unangenehm bleibt es trotzdem. Manche Diabetiker entwickeln leider sogar Spritzen-Phobien, während Neuerkrankte oft lang mit der Spritzerei zu kämpfen haben. Da erscheint der Gedanke, einfach ein nadelfreies Pflaster aufzukleben und das Insulin durch die Haut diffundieren zu lassen, sehr verlockend. Allerdings galten die Insulin-Moleküle bislang als zu groß dafür. Jetzt haben chinesische Wissenschaftler eine interessante Lösung gefunden.

Chinesische Forscher wollten das »Unmögliche« möglich machen
Rund 1,8 Millionen Menschen sind allein in Deutschland in Diabetes erkrankt. Um ihren Blutzuckerspiegel zu kontrollieren, ist die tägliche Spritze für sie eine Notwendigkeit. Unmöglich sollte es bislang sein, den Stoff, wie einige andere Medikamente, durch die Haut aufzunehmen – so erklärt es auch Qiuyu Wei von der Zhejiang University in China. Sein Team hat einem Weg getüftelt, das Unmögliche möglich zu machen – und verkündet nun einen Erfolg. Die Forscher koppelten das Insulin an ein spezielles Polyzwitterion namens Poly[2-(N-Oxid-N,N-Dimethylamino)ethylmethacrylat], kurz OP.
Insulin gelangt per Pflaster schnell in den Blutkreislauf
Dieses Molekül verändert seine Ladung je nach pH-Wert der Umgebung. In der sauren oberen Hautschicht ist es positiv geladen und kann mit den dortigen Fettsäuren interagieren, um diese erste Barriere zu überwinden. In den tieferen, pH-neutralen Schichten wird OP neutral. »Dadurch kann es auf den Zellmembranen ‚hüpfen‘ und die Epidermis und die Dermis effizient durchqueren«, berichten die Wissenschaftler. Über diesen Weg gelangt das Insulin schließlich in den Blutkreislauf – und das sogar relativ schnell.
Längere Wirkung mit der neuen Methode!
In Tests an diabetisch erkrankten Mäusen und Minischweinen senkte das OP-gekoppelte Insulin den Blutzuckerspiegel innerhalb von ein bis zwei Stunden zurück in den normalen Bereich – ungefähr vergleichbar mit dem per Spritze eingebrachten Wirkstoff. Die Wirkung hielt nach der Gabe per Pflaster allerdings länger an, weil sich das Insulin verstärkt in Muskeln, Fettgewebe und Leber anreicherte. So ergibt sich ein glatt ein weiterer Vorteil aus dieser Art der Verabreichung.
»Das OP-Insulin durchdrang die Haut völlig nicht-invasiv und ohne Irritationen auszulösen“, betonen die chinesischen Forscher. Auch nach wiederholter Anwendung waren keine Hautirritationen oder sonstigen Schäden festzustellen. »Das könnte Patienten mit Diabetes von subkutanen Injektionen befreien«, bringt das Team die Sache auf den Punkt. Es folgen weitere Studien zu Dosierung und Langzeitsicherheit. Drücken wir die Daumen, dass die glatt über die Bühne gehen.
Quelle: wissenschaft.de

