Koalition unter Druck - Schäuble droht Griechen

Berlin/Breslau (dpa) - Die über den Euro-Rettungskurs tief zerstrittene schwarz-gelbe Regierungskoalition gerät zunehmend auch von außen unter Druck.

Die SPD als größte Oppositionspartei stellte klar, dass sie für eine große Koalition nicht zur Verfügung steht, falls das Bündnis von Union und FDP am Streit über die Euro-Krise scheitert. Die SPD forderte Neuwahlen. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) drohte im griechischen Schuldendrama nachdrücklich mit einem Zahlungsstopp. Komme Griechenland seinen Verpflichtungen nicht nach, «kann die nächste Tranche nicht ausgezahlt werden», betonte er.

Im koalitionsinternen Streit um den Weg zur Bewältigung der EU-Schuldenkrise wies Schäuble seinen Kabinettskollegen für Wirtschaft, FDP-Chef und Vizekanzler Philipp Rösler, ganz unverblümt in die Schranken. Die FDP verbat sich Maulkorb-Belehrungen und stärkte ihrem Vorsitzenden demonstrativ den Rücken.

«Wenn diese Regierung nicht mehr handlungsfähig ist, dann muss sie sich ein neues Mandat der Menschen beschaffen. Und das geht nur über eine Neuwahl des Bundestages», sagte der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung». Nach seinen Worten ist die Regierung «faktisch nur noch geschäftsführend im Amt». Im «Tagesspiegel» (Sonntag) bot Gabriel zur Euro-Rettung der Kanzlerin vorübergehende Duldung einer Minderheitsregierung an.

Schäuble stellte in der «Bild am Sonntag» klar, die Zuständigkeit für den Euro in der Koalition liege bei der Kanzlerin und bei ihm. Zu den umstrittenen Äußerungen Röslers über eine mögliche Insolvenz Griechenlands sagte er: «In der Demokratie besteht Redefreiheit. Aber zuständig für die Finanzpolitik ist innerhalb der Bundesregierung der Finanzminister.»

Die FDP wies die indirekte Aufforderung Schäubles zurück, sich aus der Euro-Finanzpolitik herauszuhalten. FDP-Generalsekretär Christian Lindner erklärte, Rösler setze bei der Suche nach Lösungen für die Euro-Schuldenkrise einen Auftrag des Bundestages aus dem Oktober 2010 um.

CSU-Chef Horst Seehofer beharrte im «Spiegel» auf seiner Ansicht, es müsse «auch ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone denkbar sein» - und blieb damit auf Gegenkurs zu Merkel. Seehofer, Schäuble und Lindner zeigten sich überzeugt, dass die Koalition bei der Abstimmung über die Ausweitung des Euro-Rettungsschirms in dieser Woche eine eigene Mehrheit zustande bringt.

Nach den Worten Schäubles gibt es nur dann neues Geld für Griechenland, wenn die «Troika» aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF)feststelle, dass das Land seine Sparverpflichtungen erfüllt. Für Anfang Oktober steht die Freigabe einer neuen 8-Milliarden-Teilzahlung aus dem ersten Hilfspaket für Griechenland an. Diese ist jedoch fraglich. Wegen der ernsten Lage sagte der griechische Regierungschef Giorgos Papandreou eine geplante USA-Reise ab.

Bei ihrem Treffen in Breslau demonstrierten die EU-Finanzminister Optimismus: Schäuble erklärte, er gehe davon aus, dass die Euroländer bis etwa 10. Oktober das neue milliardenschwere Hilfspaket sowie die Erweiterung des Rettungsschirms EFSF billigen. «Dann werden alle Länder die Gesetzgebung abgeschlossen haben», zeigte er sich am Samstag nach den zweitägigen Beratungen überzeugt. Austrittszenarien waren auf der europäischen Bühne kein Thema.

Griechische Medien berichteten, die Regierung mache sich große Sorgen um die nächste Hilfs-Tranche. Finanzminister Evangelos Venizelos habe ein «äußerst negatives Klima» beim Treffen der Finanzminister festgestellt. Zuvor war die eigentlich für Montag erwartete Ankunft der Experten von EU, IWF und Europäischer Zentralbank (EZB) in Athen ein zweites Mal aufgeschoben worden.

Zu den griechischen Anstrengungen sagte Schäuble: Die Mitgliedschaft in einer Währungsunion sei «auch schwere Bürde». Die geforderten Anpassungsmaßnahmen seien sehr hart: «Die Griechen müssen wissen, ob sie diese Last auf ihren Schultern tragen wollen.»

Deutschland wäre im schlimmsten Euro-Krisenfall nach neuen Berechnungen mit bis zu 465 Milliarden Euro im Risiko. «Die Euro-Krise wird für die deutschen Steuerzahler potenziell immer teurer», erklärte der Chef des Münchner ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn. Den Berechnungen liegen nicht nur Risiken aus den aktuellen Hilfsprogrammen für wankende Euro-Staaten zugrunde. Berücksichtigt sind auch die Staatsanleihen-Ankäufe durch die EZB und die im Eurozahlungssystem aufgehäuften Verbindlichkeiten der Krisenländer.

Parteien / CDU / EU / Finanzen
18.09.2011 · 17:36 Uhr
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