Wetten auf großen Fed-Zinsschritt?
Die Finanzwelt hält den Atem an. Die Entscheidung der US-Notenbank Fed, wie stark sie die Zinsen senkt, wird in der kommenden Woche erwartet – doch seit Freitag sind sich die Experten nicht mehr so sicher, wie diese ausfallen wird.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Fed die Zinsen um 50 Basispunkte senkt, ist plötzlich auf 47 Prozent gestiegen – ein Anstieg, der die Märkte in Aufruhr versetzt. Eine Zinssenkung in dieser Größenordnung galt bis vor Kurzem noch als unwahrscheinlich.
Warum jetzt diese Unruhe?
Zunächst schien alles auf eine moderate Senkung um 25 Basispunkte hinauszulaufen. Doch neue Daten zur US-Konjunktur haben das Bild verändert.
Der Erzeugerpreisindex stieg nur leicht, die Arbeitsmarktdaten fielen schwächer aus als erwartet – zwei Signale, die Raum für eine größere Zinssenkung lassen. Hinzu kamen Berichte aus renommierten Medien wie dem „Wall Street Journal“ und der „Financial Times“, die Spekulationen anheizten, dass ein größerer Schritt durchaus noch auf dem Tisch liegt.
Die Reaktionen auf den Märkten
Diese Unsicherheit löste sofortige Reaktionen an den Finanzmärkten aus. Besonders auffällig: Die Rendite der zweijährigen US-Staatsanleihen fiel unter die Marke von 3,6 Prozent, was auf sinkende Zinserwartungen hinweist.
DAX:
Parallel dazu verlor der Dollar an Wert, insbesondere gegenüber dem Yen. Währenddessen erreichte der Goldpreis ein neues Hoch – das Edelmetall gilt als sicherer Hafen in Zeiten schwankender Zinsen und wirtschaftlicher Unsicherheit.
Gefahr durch Carry-Trades?
Die Spekulationen um den Fed-Zinsentscheid könnten nicht nur kurzfristige Marktbewegungen auslösen, sondern auch größere Verwerfungen hervorrufen. Besonders im Blick: sogenannte Carry-Trades.
Investoren hatten sich lange Zeit Geld in Yen geliehen, um es im Dollarraum zu investieren, wo die Zinsen höher waren. Sollte die Fed jedoch die Zinsen stärker senken, könnte es zu einer massiven Rückabwicklung dieser Geschäfte kommen – mit potenziell dramatischen Folgen für die Börsen weltweit.
Was erwarten die Experten?
Die meisten Analysten und Ökonomen gehen nach wie vor davon aus, dass die Fed es bei einer Senkung um 25 Basispunkte belassen wird.
„Die US-Wirtschaft zeigt sich noch immer robust, und die Inflation sinkt moderat“, sagt Lisa Shalett von Morgan Stanley.
Ihre Prognose: langsame Zinssenkungen in kleinen Schritten, die den Leitzins bis Ende 2025 auf 3,5 Prozent bringen könnten. Doch die Märkte haben höhere Erwartungen: Viele Zinshändler setzen auf ein schnelleres Tempo und ein Zinsniveau von unter 3 Prozent bis Ende 2025.
Das Risiko für die Märkte
Sollte die Fed tatsächlich einen größeren Schritt wagen und die Zinsen um 50 Basispunkte senken, könnte dies die Erwartungen vieler Anleger bestätigen. Für den Moment sehen viele Marktteilnehmer darin eine positive Entwicklung, denn niedrigere Zinsen könnten das Wachstum der Unternehmen ankurbeln und den Konsum beleben.
Doch Analysten wie Sergio Ermotti, Chef der UBS, warnen:
„Der Markt könnte zu weit voraus sein.“
Eine aggressive Zinspolitik könnte kurzfristig für Erleichterung sorgen, aber langfristig auch neue Unsicherheiten schaffen.