Lage im Überblick

Sorge um Waffenruhen in Nahost - Trump mit drastischer Idee

26. Januar 2025, 07:34 Uhr · Quelle: dpa
US-Präsident Trump in der Air Force One
Foto: Mark Schiefelbein/AP/dpa
US-Präsident Trump will Menschen aus Gaza in arabische Länder bringen.
Im Gazastreifen und im Libanon schweigen derzeit die Waffen. Doch die Abkommen stehen auf wackligen Füßen. US-Präsident Trump sorgt derweil mit Vorschlägen zum Umgang mit Gaza für Aufsehen.

Tel Aviv/Gaza/Beirut (dpa) - Die Waffenruhen im Gazastreifen und im Libanon wackeln. Während Israel der islamistischen Hamas in Gaza wiederholten Verstoß gegen die Vereinbarungen vorwarf, belässt Israel im Libanon auch nach dem heutigen Ablauf einer 60-Tage-Frist vorerst weiter Truppen. Die libanesische Armee rücke nicht schnell genug nach. Derweil sprach sich US-Präsident Donald Trump dafür aus, den verwüsteten Gazastreifen zu räumen und die dort lebenden Palästinenser in arabischen Ländern unterzubringen. 

Er wolle, dass Ägypten und Jordanien Menschen aufnähmen, sagte Trump an Bord der Regierungsmaschine Air Force One laut mitreisenden Journalisten. Man spreche von anderthalb Millionen Menschen, «und wir säubern das Gebiet einfach gründlich», sagte Trump. Zugleich gab Trump die von seinem Vorgänger Joe Biden zurückgehaltene Lieferung von 2.000-Pfund-Bomben an Israel frei. Das Weiße Haus bestätigte der dpa in Washington entsprechende Berichte.

Trump liefert schwere Bomben an Israel 

 «Viele Dinge, die von Israel bestellt und bezahlt, aber von Biden nicht verschickt wurden, sind nun auf dem Weg!», schrieb Trump auf seinem Online-Sprachrohr Truth Social. Im vergangenen Jahr hatte die US-Regierung von Biden eine Lieferung der schweren Bomben aus Sorge gestoppt, sie könnten in bewohnten Gebieten in dem abgeriegelten Gazastreifen eingesetzt werden. 

Aus Sorge vor einem Kollaps der Waffenruhe gingen in Israel erneut Tausende Menschen auf die Straße. Sie forderten die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf, das Abkommen mit der Hamas vollständig umzusetzen, damit alle rund 90 verbliebenen Geiseln freikommen. Auf Plakaten bei den Kundgebungen war unter anderem «Stoppt den Krieg» und «Lasst keine Geiseln zurück» zu lesen. Ob die Kämpfe jedoch dauerhaft beendet werden, hängt von den weiteren Verhandlungen ab, die in Kürze beginnen sollen. 

Trump: Gaza ist Abrissbrache

Netanjahu hatte am Vorabend der seit Sonntag geltenden Waffenruhe bekräftigt, Israel werde bei einem Scheitern der Verhandlungen die Kämpfe wiederaufnehmen und alle Kriegsziele durchsetzen, darunter die Zerschlagung der Hamas. Israel habe das Recht dazu und US-Präsident Trump unterstütze das, sagte er. In Israel gibt es viele Rechtsextreme, die eine Wiederbesiedlung des weitgehend zerstörten Gazastreifen fordern. Die UN betrachten ihn noch immer als israelisch besetztes Gebiet, weil Israel dort die Kontrolle ausübe.

Der Gazastreifen sei buchstäblich eine Abrissbrache, fast alles werde abgerissen, und die Menschen stürben dort, sagte Trump laut den mitreisenden Journalisten. Also würde er lieber mit einigen arabischen Nationen zusammenarbeiten und an einem anderen Ort Wohnungen bauen, wo die Palästinenser vielleicht zur Abwechslung in Frieden leben könnten. Es könnte vorübergehend oder langfristig sein, sagte er auf eine entsprechende Frage.

Im Laufe der Jahrhunderte habe es dort viele Konflikte gegeben. Irgendetwas müsse geschehen, sagte er. Er habe bereits mit König Abdullah II. von Jordanien gesprochen und ein sehr gutes Gespräch gehabt. Jordanien habe bei der Unterbringung von Palästinensern erstaunliche Arbeit geleistet. Er habe dem König gesagt, er würde sich freuen, wenn er noch mehr übernehmen würde, denn er sehe sich gerade den gesamten Gazastreifen an, und es sei ein echtes Chaos, sagte Trump. Er wolle in Kürze mit Ägyptens Präsidenten Abdel-Fattah al-Sisi sprechen. Er wolle, dass auch Ägypten Menschen aufnehme. 

Israel wirft der Hamas Verstöße gegen Geisel-Deal vor

Israel warf derweil der Hamas vor, mit der am Samstag erfolgten Freilassung von vier Soldatinnen im Austausch gegen palästinensische Häftlinge gegen das Abkommen über eine Waffenruhe verstoßen zu haben. Demnach hätte die Hamas zunächst zivile weibliche Geiseln freilassen müssen. Eine hätte demnach am Samstag freikommen müsse. Solange sie nicht freigelassen werde, werde man Palästinensern die Rückkehr in den Norden Gazas nicht erlauben, hieß es.

Die Hamas übte prompt Kritik an Israels Entscheidung. Israel warf den Islamisten außerdem vor, nicht wie vereinbart bis Ende des Tages mitgeteilt zu haben, welche der 26 restlichen in der ersten Phase des Abkommens freizulassenden Geiseln noch am Leben sind, berichteten israelische Medien. Das Abkommen sieht vor, dass in der ersten Phase innerhalb von sechs Wochen 33 aus Israel Entführte im Austausch für 1.904 palästinensische Häftlinge freigelassen werden, alle anderen Geiseln sollen später freikommen. Bislang kamen sieben Geiseln frei. Israel entließ im Gegenzug rund 300 Häftlinge.

Im Libanon behält Israel derweil auch nach der heute ablaufenden 60-tägigen Frist weiter Truppen in Teilen des Südens des Nachbarlandes, da die libanesische Armee nicht schnell genug nachrücke. Die Hisbollah-Miliz hatte jüngst vor einem verzögerten Abzug der israelischen Armee gewarnt. Sie sprach von einem Bruch der Vereinbarung. Die Hisbollah soll sich dem Waffenruhe-Abkommen nach hinter den Litani-Fluss, etwa 30 Kilometer nördlich der Landesgrenze, zurückziehen. Libanons Armee soll dabei die Einhaltung des Deals überwachen und eine Rückkehr der Miliz verhindern. 

Macron fordert Einhaltung der Waffenruhe-Auflagen im Libanon 

Der Libanon habe seinen Teil der Vereinbarung jedoch bisher nicht vollständig umgesetzt, teilte das Büro von Israels Regierungschef Netanjahu mit. Das Abkommen sei aber so formuliert, dass eine Verlängerung für den Abzug der israelischen Armee möglich sei. Der französische Präsident Emmanuel Macron forderte in einem Telefongespräch mit dem libanesischen Präsidenten Joseph Aoun alle Parteien auf, die eingegangenen Verpflichtungen für die Waffenruhe «so schnell wie möglich» zu erfüllen, wie der Élysée-Palast in Paris mitteilte.

Krieg / Konflikte / Israel / Palästinensische Gebiete / Libanon / USA / Jordanien / Ägypten
26.01.2025 · 07:34 Uhr
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