Rivian: Potenzialer Start-up-Gigant oder überschätzter Hoffnungsträger?
Die richtige Aktie zur richtigen Zeit zu kaufen, kann das Leben verändern. Hätte man beispielsweise 2014 10.000 US-Dollar in den Elektrofahrzeug-Pionier Tesla investiert, wäre dieser Betrag heute auf beeindruckende 245.300 US-Dollar angewachsen. Eine Rendite von über 2.430 % in nur einem Jahrzehnt. Könnte Rivian Automotive das nächste große Ding sein? Ein Blick auf die Vor- und Nachteile dieses EV-Start-ups offenbart das Potenzial und die Herausforderungen auf ihrem Weg, ein weiteres Renditewunder zu werden.
Rivian feierte seinen Börsengang 2021 in einer Ära des Optimismus für die Elektrofahrzeugbranche. Damals hatte Tesla gerade die Profitabilität erreicht, was die Beständigkeit der Technologie unterstrich. Rivians Angebot an hochklassigen Lastwagen und Elektroautos bot eine vielversprechende Ergänzung in einem noch unerschlossenen Marktbereich.
Mit einem Marktwert von über 100 Milliarden US-Dollar stieg Rivian schnell zur zweitwertvollsten Automarke Amerikas auf, direkt hinter Tesla – und überholte etablierte Namen wie Ford und General Motors. Rückblickend erwies sich dies als unhaltbare Einschätzung, da das Wachstum ins Stocken geriet und Wettbewerber den Markt mit Modellen wie dem F-150 Lightning, Silverado EV und dem Cybertruck ausstechen konnten.
Im dritten Quartal verzeichnete Rivian einen Umsatzrückgang von 18 % im Vorjahresvergleich auf 874 Millionen US-Dollar, bedingt durch gesunkene Produktionszahlen und Auslieferungen. Der Wettbewerb in der EV-Industrie ist heute weitaus härter als zum Zeitpunkt des Börsengangs, und makroökonomische Turbulenzen wie Inflation und hohe Zinsen belasten das Kaufinteresse an hochpreisigen Fahrzeugen.
Besonders sprichwörtlich qualmt Rivian im Vergleich zur Konkurrenz: Teslas Cybertruck, obwohl umstritten, hat laut Kelley Blue Book in diesem Jahr bereits 28.240 Einheiten verkauft, was Rivians R1T mit 10.387 Einheiten deutlich in den Schatten stellt. Der höhere Preis des Cybertrucks mit einem Einstiegspreis von 82.235 US-Dollar gegenüber den 71.700 US-Dollar für den R1T scheint dabei keinen Abbruch zu tun.
Erschwerend kommt hinzu, dass Rivian pro verkauftem Auto im Schnitt 39.130 US-Dollar Verlust macht. Mit einer Bruttomarge von minus 45 % kostet die Herstellung und Auslieferung mehr, als mit dem Verkauf verdient wird.
CEO RJ Scaringe gibt sich dennoch optimistisch. Er ist überzeugt, dass das Unternehmen im vierten Quartal die Bruttogewinnschwelle erreichen kann, indem es den Erlös pro Fahrzeug steigert und die variablen Kosten senkt. Dazu sollen der Verkauf von Emissionsrechten, verbesserte Materialkosten und Effizienzsteigerungen in der Produktion beitragen. Doch die Herausforderungen durch den harten Wettbewerb und das stagnierende Umsatzwachstum bleiben bestehen.

