Nvidia-Chips für Milliarden: Wie die Emirate mit Geld, Macht und Politik Zugang zur KI-Spitzentechnologie erlangen
Die Vereinigten Arabischen Emirate haben sich Zugang zu einer halben Million der derzeit begehrtesten Nvidia-Halbleiter pro Jahr gesichert. Der Deal ist Teil einer umfassenden Vereinbarung, die auch den Bau des weltweit größten Datenzentrumsclusters vorsieht – eine KI-Infrastruktur von bislang unerreichter Größenordnung. Die Chips gehen an das Unternehmen Group 42 (G42), geleitet von Scheich Tahnoon bin Zayed al Nahyan, Bruder des Präsidenten und Chef der nationalen Sicherheitsdienste.
Der wirtschaftliche Wert des Pakts für Nvidia ist enorm. Die Aktie des US-Konzerns stieg allein in dieser Woche um über 15 %, was Analysten als Reaktion auf die Aussicht werten, dass die neuen Abnehmer in der Golfregion Einnahmeverluste durch US-Beschränkungen gegenüber China überkompensieren könnten.
Hinter dem Deal steht eine politische Charmeoffensive der Emirate, die schon vor der US-Wahl Fahrt aufnahm. In Gesprächen mit Trump-Beratern setzten Emirati-Unterhändler gezielt auf Investitionszusagen in Höhe von 1,4 Billionen US-Dollar über zehn Jahre – teils für Projekte in den USA selbst. Parallel dazu wurden enge Verbindungen zu Topmanagern von Apple, Amazon, Microsoft und Oracle sichtbar gepflegt – inklusive Fototerminen in prunkvollen Räumen in Abu Dhabi.
Die Vereinbarung kam trotz interner Bedenken im US-Regierungsapparat zustande. Sicherheitsberater warnten vor möglichen Lecks, insbesondere angesichts der engen Verflechtungen zwischen G42 und chinesischen Akteuren. Dennoch setzten sich Handelsminister Howard Lutnick und KI-Berater David Sacks für das Vorhaben ein. Ausschlaggebend war offenbar die Zusicherung, dass der Großteil der Chips in Partnerschaften mit US-Unternehmen eingesetzt werde.
Der strategische Kontext ist brisant: Der Deal markiert einen klaren Bruch mit der restriktiveren Linie der Biden-Administration, die High-End-Chips für die Emirate bislang begrenzte. Unter Trump scheint nun ein offenerer Kurs zu gelten – zumindest für verbündete Staaten mit entsprechender Investitionskraft.
Ein weiterer Treiber war das Bestreben der Emirate, sich als führende Macht im KI-Zeitalter zu etablieren – mit dem klaren Ziel, die eigene Abhängigkeit vom Öl zu verringern. Datenzentren mit 5 Gigawatt Stromkapazität sollen entstehen – das Doppelte der größten vergleichbaren US-Anlage. Die Standortwahl ist kein Zufall: Reichlich Land, Energie und Kapital treffen in Abu Dhabi auf wenig regulatorische Reibung.
Brisant bleibt die Rolle von G42. Das Unternehmen steht seit Langem im Visier von US-Gesetzgebern – unter anderem wegen gemeinsamer Militärübungen der Emirate mit China und mutmaßlicher Technologieflüsse. Dass ausgerechnet G42 Empfänger der Chips ist, lässt Zweifel an den vielbeschworenen Sicherheitsvorkehrungen aufkommen.
Ein weiteres Puzzlestück in dem Geflecht aus Politik, Kapital und Technologie: Die U.A.E. stützen nicht nur den Deal selbst, sondern auch private Projekte im Umfeld der Trump-Familie. So erhielt Jared Kushners Fonds vor der Wahl 1,5 Milliarden US-Dollar von einem Tahnoon-kontrollierten Vehikel. Anfang Mai floss weiteres Geld in die Trump-nahe Krypto-Plattform World Liberty Financial – durch eine Stablecoin-basierte Investition in Höhe von zwei Milliarden Dollar.
Ein kleiner Staat mit großen Ambitionen – und der Fähigkeit, geopolitische Spannungen in technologische Macht umzuwandeln.