Was bleibt von der Merz-Kandidatur?

Nachdem der in der (Finanz-)Wirtschaft hoch angesehene Friedrich Merz mit seiner Kandidatur für den Vorsitz der CDU und dem einher gehenden starken Zugriff auf eine mögliche Kanzlerkandidatur knapp gescheitert ist, bleibt die Frage, wieviel von ihm und seinen Ideen denn nun bleiben wird.

Er selbst schien ein Stück weit digital gedacht zu haben und handelt entsprechend. In anderen Worten: Wenn er keine ausgesprochen wichtige Rolle einnimmt, wird er außer ein wenig Beratung wenig Einfluss nehmen, wie es scheint. Dass er etwa Minister in einem von Annegret Kramp-Karrenbauer geführten Kabinett werden wird, scheint schon jetzt ausgesprochen unwahrscheinlich.

Doch verschwinden mit dem Wirtschaftsfachmann und einem der wenigen Politiker, die auch außerhalb der Politik erfolgreich waren und sind, auch seine Ideen, die er in der kurzen Zeit nach seiner Rückkehr zum Besten gegeben hat, genauso plötzlich wie sie kamen? Oder schafft es der eine oder andere Gedanke länger im Bewusstsein der Bevölkerung zu bleiben? In seiner ersten Phase seiner politischen Karriere gelang dies Merz nicht so schlecht. Seine Anregung, dass eine Steuererklärung so unkompliziert sein solle, dass sie sogar auf einen Bierdeckel passen würde, ist immer noch Gegenstand der Debatten, auch wenn es zur Umsetzung nicht gereicht hat.

Diesmal wäre es wirklich wünschenswert, wenn sein Vorstoß, mehr Altersvorsorge in direkte oder indirekte Unternehmensbeteiligungen (sprich Aktien und Aktienfonds) zu verlagern, nicht in der Versenkung verschwindet. Zugegebenermaßen macht die Reaktion, mit der andere Politiker, aber auch manch Leitartikler auf diesen Vorstoß reagiert haben, rat- und fassungslos, aber daran sollte man sich natürlich auch wiederum nicht stören, denn weder darf man sich der Polemik noch der Unkenntnis geschlagen geben.

Selbstverständlich führt an einer verstärkten privaten Altersvorsorge als Ergänzung zum bestehenden umlagefinanzierten Rentensystem kaum ein Weg vorbei. Schon alleine die feststehende demografische Veränderung in diesem Land lässt doch einen anderen Rückschluss zu. Und dass eine private Vorsorge im Wesentlichen im produktiven, wertschöpfenden Teil der Gesellschaft investiert wird, kann für alle Beteiligten kaum als Nachteil gesehen werden. Legitim ist sicher der Anspruch, eine staatliche Förderung solch einer Vorsorge so aufzusetzen, dass sie nicht nur von den oberen 5 Prozent in Bezug auf das Vermögen genutzt wird, aber das hatte auch wirklich niemand gefordert.

Am Ende sollte meiner Ansicht nach ein System entstehen, in dem breite Teile der Bevölkerung während ihres Erwerbslebens auf solch eine Weise Miteigentümer von Unternehmen werden. Neben der Aussicht auf die zu erzielenden Renditen entstehen noch zwei weitere wesentliche positive Effekte, die in der Diskussion untergegangen sind:

Erstens: Je mehr Vermögen Angestellte in Unternehmen haben, desto höher die Interessenskongruenz. Was bei Belegschaftsaktien schon seit jeher gut funktioniert, läuft auch im größeren Rahmen vergleichbar ab: Arbeitnehmer entwickeln auch aus Eigeninteresse eine positive Attitüde gegenüber gut laufenden Unternehmen. Vermeintliche Fronten werden durch ein Miteinander abgelöst.

Zweitens: Eine stärkere Beteiligung der Bevölkerung am Kapitalstock der Volkswirtschaft würde auch dazu führen, dass ein größerer Teil der Unternehmen in der Hand der eigenen Bevölkerung liegt und nicht bei Finanzinvestoren aus Übersee, die in der Tat mitunter ganz andere Interessen haben.

von Roger Peeters

17. Dezember 2018, © Deutsche Börse AG

Roger Peeters ist geschäftsführender Gesellschafter der pfp Advisory GmbH. Gemeinsam mit seinem Partner Christoph Frank steuert der seit über 20 Jahren am deutschen Aktienmarkt aktive Experte den DB Platinum IV Platow Fonds (WKN DWS030), einen 2006 aufgelegten und mehrfach ausgezeichneten Stock-Picking-Fonds. Weitere Infos unter www.pfp-advisory.de. Peeters schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.

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[finanzen.net] · 17.12.2018 · 15:38 Uhr
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