Wachwechsel an der Spitze Singapurs: Lee Hsien Loong übergibt an Lawrence Wong
Singapur steht vor einem historischen Führungswechsel: Der langjährige Premierminister Lee Hsien Loong, Sohn des Gründervaters Lee Kuan Yew, kündigte an, seine Amtsgeschäfte an seinen Stellvertreter Lawrence Wong zu übergeben. Wong, derzeit auch Finanzminister, soll am 15. Mai die Regierungsgeschäfte übernehmen. Er wurde bereits im letzten Jahr als der designierte Nachfolger vorgestellt und ist damit Teil des etablierten Nachfolgeplanes der regierenden People's Action Party (PAP).
Mit dem Rückzug von Lee, der seit 2004 das Amt innehat, verdichten sich auch die Erwartungen an eine bevorstehende Parlamentswahl, die möglicherweise noch in diesem Jahr stattfinden könnte. Die PAP, die Singapur seit dessen Unabhängigkeit regiert, hatte bei der letzten Wahl im Jahr 2020 einen ihrer niedrigsten Stimmenanteile verbucht. Seitdem bemüht sich die Partei um die Rückgewinnung öffentlichen Zuspruchs und die Stärkung Singapurs als Handels- und Finanzzentrum, insbesondere vor dem Hintergrund zunehmender geopolitischer Spannungen.
Lee appellierte über die sozialen Medien an die Bürgerinnen und Bürger, Wong und seinem Team ihr volles Vertrauen zu schenken und mit ihnen gemeinsam an einer vielversprechenden Zukunft für Singapur zu arbeiten. Wong selbst, der erst seit 2011 politisch tätig ist, empfindet die neue Verantwortung als Ehre und Aufgabe zugleich.
Die geplante Übergabe markiert eine Zäsur in der Geschichte Singapurs – es ist erst das dritte Mal seit der Unabhängigkeit im Jahr 1965, dass ein Generationswechsel in der Führungsspitze erfolgt. Die sorgfältig vorbereitete Nachfolgeregelung musste dabei einige Rückschläge verkraften, darunter die Verzögerungen durch die Covid-19-Pandemie und den Rücktritt des damaligen stellvertretenden Premierministers Heng Swee Keat im Jahr 2021.
Wong tritt sein Amt in einer Zeit an, in der Singapur sein feines geopolitisches Gleichgewicht bewahren muss. Die Handelsnation entwickelte sich zu einem der wesentlichen Finanzzentren Asiens und muss dabei ihre neutrale Stellung zwischen Ost und West wahren. Wong hatte zuvor schon auf die 'unüberwindbaren' Aspekte des Amerika-China-Konflikts hingewiesen und die Lagen an der Taiwanstraße als brenzligen Zündpunkt bezeichnet.
Innenpolitisch wird Wong mit Unmut in der Bevölkerung über Ungleichheiten und steigende Lebenshaltungskosten konfrontiert, insbesondere was den Wohnungsmarkt betrifft. Ökonom Manu Bhaskaran sieht nach der 'wohlchoreografierten' Stabsübergabe nun Spekulationen über eine frühe Wahl gegen der regulären Frist 2025, möglicherweise bereits im September dieses Jahres. Mittelfristig stehen für Wong Herausforderungen an, die geopolitische Lage zu meistern und Singapurs Wettbewerbsfähigkeit angesichts aufstrebender Konkurrenten wie Dubai und einer hohen Kostenstruktur zu erhalten. (eulerpool-AFX)