Stromnetzbetreiber bereiten sich auf mögliche Engpässe im Stromnetz vor
Die Bundesnetzagentur hat Ende November neue Regeln veröffentlicht, nach denen Netzbetreiber den Stromverbrauch von Wärmepumpen und privaten Ladestationen bei drohendem Netzüberlastung herunterregeln können. Die Vorgaben sehen vor, dass ab Jahresbeginn 2024 alle steuerbaren Verbrauchseinrichtungen eine vorübergehende Begrenzung ihrer Leistung ermöglichen müssen und ferngesteuert werden können. Im Gegenzug erhalten Eigentümer eine Ermäßigung der Netzentgelte. Doch wie sieht es in der Praxis aus? Gibt es bereits Netzbetreiber, die den Strombezug drosseln können?
Laut dem Energiewirtschaftsverband BDEW ist bisher kein Verteilnetzbetreiber bekannt, der bereits jetzt dimmt. Dennoch betont der BDEW, dass auf freiwilliger Basis bereits viele Netzbetreiber in den Stromverbrauch ihrer Kunden eingreifen. Im Jahr 2022 erhielten Netzbetreiber bundesweit Zugriff auf über 1,8 Millionen Anlagen, meist Nachtspeicherheizungen (58 Prozent) und Wärmepumpen (39 Prozent), wie die Bundesnetzagentur berichtet.
Nach den neuen Regeln dürfen Verteilnetzbetreiber den Strombezug neuer Verbrauchseinrichtungen für die Dauer der Überlastung auf bis zu 4,2 Kilowatt drosseln. Dies ermöglicht den laufenden Betrieb von Wärmepumpen und in der Regel auch das Laden von Elektroautos mit einer Reichweite von 50 Kilometern innerhalb von zwei Stunden, so die Bundesnetzagentur. Der reguläre Haushaltsstrom bleibt davon unberührt. Im Gegenzug erhalten die Betreiber steuerbarer Geräte eine Ermäßigung.
Die neuen Regeln schreiben außerdem vor, dass Netzbetreiber den Anschluss neuer Wärmepumpen oder privater Ladestationen nicht mehr aufgrund einer möglichen Überlastung ablehnen oder verzögern dürfen. Engpässe müssen durch den Netzausbau behoben werden. Im Falle eines Engpasses dürfen die Netzbetreiber die Anlagen nicht pauschal und ohne vorherige Prüfung der Netzauslastung drosseln, sondern müssen die genauen Messdaten in Echtzeit ermitteln.
Die neuen Regeln gelten seit Januar für neue Anlagen. Bestandsanlagen, für die bereits eine Steuerungsvereinbarung mit dem Netzbetreiber besteht, unterliegen langjährigen Übergangsregelungen. Bestandsanlagen ohne eine solche Vereinbarung sind dauerhaft von den neuen Regeln ausgenommen, können jedoch freiwillig teilnehmen. Nachtspeicherheizungen sollen dauerhaft nicht von den neuen Regeln betroffen sein.
Für die netzorientierte Steuerung sind intelligente Messsysteme, sogenannte Smart Meter, notwendig. Der Energieverband VKU erklärt, dass hierfür eine genaue Zustandsermittlung des Stromnetzes sowie entsprechende Mess-, Steuer- und Kommunikationstechnik erforderlich ist. Derzeit gibt es jedoch noch keine zertifizierten Steuergeräte für die Anlagen. Es wird erwartet, dass Verteilnetzbetreiber die neue Steuerungstechnik installieren, wenn tatsächlich ein Bedarf entsteht. Der genaue Zeitpunkt der Umsetzung ist jedoch noch offen und hängt unter anderem vom Ausbau der steuerbaren Verbrauchseinrichtungen und des Stromnetzes ab.
Der BDEW rechnet damit, dass es eine Standardisierung für die Steuerungstechnik geben wird, die spätestens bis Januar 2025 vorgelegt wird. Erst dann wird es einen marktreifen Einsatz der Steuerungsgeräte geben. Bis Ende 2028 haben die Netzbetreiber Zeit, die neue Technik zu installieren. Ab 2029 dürfen Notfallmaßnahmen nur noch auf Basis von Echtzeitdaten aus intelligenten Messsystemen erfolgen.
Die Netzbetreiber Eon und EWE Netz betonen, dass steuernde Eingriffe in das Stromnetz nur in Ausnahmefällen vorgenommen werden sollen. Engpässe in der Niederspannung seien äußerst selten. Dennoch bereiten sich die Unternehmen auf den Anstieg des Stromverbrauchs durch Elektromobilität und Wärmepumpen vor.
Quelle:
- Bundesnetzagentur
- Energiewirtschaftsverband BDEW
- Stadtwerkeverband VKU
- Eon
- EWE Netz
- Netze BW (eulerpool-AFX)