Solidarität oder Zurückhaltung? SPD- und Unionsfraktion uneins über Waffenlieferungen an Ukraine
In der kontroversen Diskussion über die deutschen Unterstützungsleistungen für die Ukraine formiert sich eine klare Linie innerhalb der SPD. Parteichef Lars Klingbeil verteidigte die Entscheidung von Bundeskanzler Olaf Scholz gegen die Lieferung des Taurus-Marschflugkörpers und lehnte ebenfalls den Vorschlag eines Ringtausches ab. Nach Klingbeils Ansicht sollte die Priorität der europäischen Partner nun darin bestehen, mehr Munition herzustellen und der Ukraine bereitzustellen, wie er im Gespräch mit dem ARD-'Morgenmagazin' hervorhob.
Die von Großbritanniens Außenminister David Cameron vorgeschlagene Idee eines Ringtausches, bei dem Deutschland Taurus-Raketen an Großbritannien liefert und im Gegenzug Großbritannien Storm Shadow-Flugkörper an die Ukraine abgibt, wurde von Außenministerin Annalena Baerbock durchaus als Option betrachtet. Jedoch bleibt Kanzler Scholz aufgrund der Befürchtung einer direkten Kriegsbeteiligung Deutschlands durch den Einsatz der Raketen bei seiner ablehnenden Haltung, was seitens Klingbeil vollständige Unterstützung findet.
Im Gegenzug ist die Einschätzung innerhalb der Unionsfraktion kritischer. Florian Hahn, verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, bemängelte im ARD-'Morgenmagazin' den Ansatz des Ringtausches als halbherzig und unzureichend. Er betonte, dass es wesentlich effektiver wäre, wenn Großbritannien und Deutschland direkt ihre eigenen Systeme an die Ukraine liefern würden. Hinsichtlich des deutschen Engagements bei den Waffenlieferungen sieht er Deutschland nur quantitativ, aber nicht relativ zur eigenen Größe, als führend an.
Unterdessen war für den Bundestag ein Treffen des Verteidigungsausschusses anberaumt, um über eine gravierende Sicherheitslücke zu diskutieren: eine von Russland abgefangene Schaltkonferenz zwischen hohen Bundeswehr-Offizieren bezüglich der Taurus-Marschflugkörper. Die Union erhoffte sich, angesichts dieses sicherheitspolitischen Missstandes, Einblicke in die Argumente, welche gegen eine Lieferung des Taurus sprechen.
Klingbeil, der dem Verteidigungsausschuss als stellvertretendes Mitglied angehört, sieht in dem Vorfall Anzeichen eines Informationskrieges durch Russland und mahnte an, dass mögliche Forderungen des Verteidigungsministers nach höheren Investitionen in Cybersicherheit auch umgesetzt werden müssen. (eulerpool-AFX)