Sind IGeL-Leistungen sinnvoll oder Patienten-Abzocke?
Immer öfter werden gesetzlich Versicherte beim Arzt zur Kasse gebeten. Denn die individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) müssen vom Patienten bezahlt werden, sofern die Kasse sie nicht als freiwillige Leistung übernimmt. Ob die IGeL-Leistungen sinnvoll sind, ist oftmals umstritten. Verbraucherschützer, Krankenkassen und Gesetzgeber bemühen sich um Aufklärung.
Wie sinnvoll IGeL-Leistungen sind, darüber wird immer wieder gestritten. Allgemeine Aussagen sind kaum zu treffen. Schließlich verbirgt sich hinter dem Begriff IGeL eine ganze Reihe von Behandlungsmaßnahmen, Prophylaxeleistungen und Untersuchungen. Während einige davon keinerlei wissenschaftliche Grundlage haben und sogar teilweise als schädlich gelten, ist der Nutzen anderer IGeL-Leistungen erwiesen. Das Problem für den Patienten ist hierbei, dass für ihn oftmals nicht zu erkennen ist, ob die jeweilige Behandlung wirklich empfehlenswert ist oder ob der behandelnde Arzt die IGeL-Leistung aus wirtschaftlichem Interesse befürwortet. Nicht selten fühlen sich Kassenpatienten verunsichert oder sogar unter Druck gesetzt.
IGeL-Leistungen: Gesetzgeber unterstützt Verbraucher
Diese Probleme wurden beim Patientenrechtegesetz berücksichtigt, das im Jahr 2013 in Kraft getreten ist. Denn egal ob die IGeL-Leistungen sinnvoll sind oder nicht - Patienten sollen die Möglichkeit haben, in Ruhe und ohne Druck zu entscheiden, ob sie Geld für Behandlungen, Prophylaxe-Maßnahmen oder Vorsorgeuntersuchungen ausgeben wollen. Doch in der Vergangenheit gab es leider immer wieder Fälle, in denen Patienten zu einer IGeL-Maßnahme gedrängt wurden bzw. sie keine Bedenkzeit hatten, um eine Entscheidung zu treffen. Nun ist geregelt, dass Ärzte die Patienten ausführlich über die Leistungen informieren und ihnen vorab schriftlich Auskunft über die zu erwartenden Kosten geben müssen.
Nicht jede IGeL-Leistung ist sinnvoll
Angesichts von zirka 1,5 Milliarden Euro, die niedergelassene Ärzte jährlich mit den IGeL-Leistungen umsetzen, ist allerdings fraglich, ob das Patientenrechtegesetz auch umgesetzt wird. Wie Welt online berichtet, ergab eine Umfrage der Bertelsmann-Stiftung, dass sich rund 17 Prozent der gesetzlich Versicherten vom behandelnden Arzt unter Druck gesetzt fühlt. Bei Augenärzten sind es sogar 37 Prozent der Kassenpatienten, denen eine IGeL-Leistung aufgedrängt wird. Hier werden zum Beispiel häufig Messungen des Augeninnendrucks zur Glaukom-Früherkennung (grüner Star) empfohlen. Laut dem IGeL-Monitor ist diese Vorsorgeuntersuchung aber sehr unzuverlässig und wird daher als "tendenziell negativ" bewertet.
IGeL-Leistungen sinnvoll? Informationen und Beschwerden
Das Portal IGeL-Monitor informiert seit 2012 darüber, ob IGeL-Leistungen sinnvoll, umstritten oder rausgeworfenes Geld sind. Dabei werden aktuelle wissenschaftliche Studien und Erfahrungswerte berücksichtigt. Neben diesem Info-Portal gibt es nun auch von der Verbraucherzentrale NRW die Internet-Seite igel-ärger.de, auf der Beschwerden über die individuellen Gesundheitsleistungen, Werbung in den Praxen und die Abwicklung gesammelt werden. So können Nutzer auf der sogenannten Beschwerde-Pinnwand geordnet nach Facharzt und Leistung sehen, welche negativen Erfahrungen andere Kassenpatienten bereits gemacht haben. Nach und nach soll so erkennbar werden, welche typischen Probleme immer wieder auftauchen.
IGeL-Leistungen: Krankenkassen bieten oftmals Beratung
Da es jedoch sehr viele unterschiedliche individuelle Gesundheitsleistungen gibt, finden sich auf den beiden Portalen nicht immer die relevanten Informationen. Wer sich unsicher ist, ob eine IGeL-Leistung sinnvoll ist, kann sich eine Zweitmeinung einholen. Schneller und oftmals einfacher ist aber ein Anruf bei der jeweiligen Krankenkasse. So erfahren Kassenpatienten nicht nur, ob ihre Kasse die jeweilige Leistung eventuell übernimmt. Viele Kassen bieten mittlerweile auch Service-Hotlines mit Fachärzten an, die weiterführende Informationen zu den IGeL-Leistungen bieten.