Präsident Wulff will nicht zurücktreten

04. Januar 2012, 20:21 Uhr · Quelle: dpa

Berlin (dpa) - Bundespräsident Christian Wulff trotzt dem massiven Druck in der Hauskredit-Affäre und lehnt einen Rücktritt rundweg ab. Ungeachtet des verheerenden Medienechos beteuerte Wulff in einem Interview bei ARD und ZDF, nichts Unrechtes getan zu haben.

Er räumte aber ein, der Drohanruf bei «Bild»-Chefredakteur Kai Diekmann sei «ein schwerer Fehler» gewesen. Die «Bild»-Zeitung hatte vor drei Wochen zuerst über die Umstände des Kredits im Wert von einer halben Million Euro berichtet. Die Frau eines befreundeten Unternehmers hatte das Darlehen gewährt.

Nach der Rückkehr des Staatsoberhauptes aus dem Weihnachtsurlaub hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der seit Mitte Dezember schwelenden Affäre erneut Klärung verlangt. In der Opposition blieben nach dem Interview Zweifel, ob Wulff dem Amt noch gewachsen ist. Bei den Regierungsparteien Union und FDP überwog Erleichterung. Aktuelle Meinungsumfragen vor dem Interview zeigten, dass die Bürger in der Frage eines Wulff-Rücktritts gespalten sind.

Wulff wies den Vorwurf zurück, er informiere die Öffentlichkeit per Salami-Taktik. Die etwa 400 Anfragen von Journalisten seien von seinen Anwälten umfassend beantwortet worden. Am diesem Donnerstag sollen alle Details im Internet veröffentlicht werden, kündigte Wulff an. Er wende sich gegen die Vorstellung, Präsident in einem Land zu sein, in dem man sich kein Geld von Freunden leihen könne.

«Ich nehme meine Verantwortung gerne wahr», sagte ein sichtlich angespannter Wulff den Berliner Hauptstadtstudioleitern Ulrich Deppendorf (ARD) und Bettina Schausten (ZDF). Er übe sein Amt mit Freude aus und wisse, dass er nichts Unrechtes getan habe. «Es gibt auch Menschenrechte - selbst für Bundespräsidenten.»

Die Formulierung, ein Bundespräsident auf Bewährung zu sein, wies er zurück. «Den Begriff der Bewährung halte ich für abwegig», sagte Wulff. Er habe weder als Bundespräsident noch als niedersächsischer Ministerpräsident gegen irgendein Gesetz verstoßen.

Der Präsident muss sich gegen Vorwürfe wehren, beim Kauf eines Eigenheimes als Ministerpräsident die genauen Umstände der Kreditaufnahme verschwiegen zu haben. Eine neue Dimension erhielt das Geschäft in den vergangenen Tagen dadurch, dass er «Bild»- Chefredakteur Diekmann Drohungen auf dessen Mobilbox hinterließ.

Wulff bestritt, er habe mit dem Anruf versucht, die Berichterstattung zu unterdrücken. Ihm sei es darum gegangen, den Artikel über die Umstände der Kreditaufnahme um einen Tag bis zu seiner Rückkehr von einer Auslandsreise zu verschieben. Er habe sich bei der «Bild»-Zeitung entschuldigt, und die Entschuldigung sei angenommen worden.

Der Präsident bat, sein Vorgehen menschlich zu verstehen - vor dem Hintergrund der Belastung für seine Familie, die er habe schützen wollen. Dies sei auch vor dem Hintergrund geschehen, «was im Internet alles verbreitet wird über meine Frau». Wulff sprach dabei von Fantasien.

Das Haus-Darlehen der BW Bank verteidigte der Präsident als normal und mit üblichen Konditionen ausgestattet. Er habe keine Vorteile genossen, es handele sich um ein Angebot wie für andere auch.

Zu den kritisierten Urlauben bei befreundeten Unternehmern sagte Wulff, einen Verstoß gegen das niedersächsische Ministergesetz erkenne er nicht. Es handele sich auch um Freunde aus Schulzeiten, die er seit seinem 14. Lebensjahr kenne.

Von Wulffs Äußerungen unbeeindruckt forderte der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel die Kanzlerin auf, dessen Eignung für das höchste Staatsamt zu überprüfen. «Sie muss eine ehrliche Neubewertung der Fähigkeit von Herrn Wulff in diesem Amt vornehmen», sagte Gabriel. «Das ist keine Causa Wulff mehr, das ist eine Causa Merkel.»

Merkel ließ schon vor dem Interview erklären, dass sie Wulffs Arbeit nach wie vor schätze. Sie vertraue auf umfassende Antworten Wulffs, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter in Berlin. Er verneinte die Frage, ob Merkel den Bundespräsidenten zu einer Stellungnahme aufgefordert habe.

Unterstützung bekam Wulff von CSU-Chef Horst Seehofer. «Die CSU steht zu diesem Bundespräsidenten Christian Wulff, und er hat auch unser Vertrauen.» Die CDU reagierte erleichtert auf das Interview. «Ich bin sicher, dass Christian Wulff damit erfolgreich Vertrauen in der Bevölkerung zurückgewinnen wird», erklärte Generalsekretär Hermann Gröhe.

Die FDP forderte ein Ende der Debatte. «Es ist gut, dass Christian Wulff zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen heute öffentlich Stellung genommen und Fehler eingeräumt hat. Das war ein wichtiger Schritt», sagte der designierte FDP-Generalsekretär Patrick Döring.

SPD, Linke und Grüne sehen weiter Aufklärungsbedarf. «Noch immer sind viele Fragen offen», sagte die Parteivorsitzende Gesine Lötzsch in Berlin zu dem Interview. Wulff habe «ein gestörtes Verhältnis zur Presse, zur Wahrheit und zum Geld».

«Es bleiben Fragen offen, die aufgeklärt werden müssen», sagte der stellvertretende Fraktionschef Hubertus Heil. «Dass sich Christian Wulff heute den Fragen von zwei Journalisten gestellt hat, war überfällig, ist aber nicht ausreichend.»

Die Grünen bezweifelten, dass die Kanzlerin mit der Erklärung Wulffs zufrieden sein könne. Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke sagte: «Wir erwarten, dass sie dazu Stellung nimmt. Ich hätte mehr Rückgrat erwartet und verstehe nicht, dass er sich in dieser Situation als Opfer widriger Umstände darzustellen versucht.»

Dem widersprach die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt: «Er hat zu allen offenen Fragen ausführlich persönlich Stellung genommen, und er hat auch sein Bedauern über getroffene Fehlentscheidungen zum Ausdruck gebracht.»

Mit dem Interview bei ARD und ZDF verärgerte Wulff die Privatsender. Gemeinsam protestierten die RTL-Mediengruppe (inklusive n-tv), die ProSiebenSat.1-Gruppe sowie der Nachrichtensender N24 beim Bundespräsidialamt «gegen diese Ungleichbehandlung».

Die öffentliche Meinung im Fall Wulff ist gespalten. 46 Prozent der Deutschen meinen, er sollte sein Amt zur Verfügung stellen, ebenso viele meinen aber, er sollte bleiben. Das ergab eine aktuelle Forsa-Umfrage im Auftrag der Mediengruppe Madsack (Hannoversche Allgemeine Zeitung, Leipziger Volkszeitung, Ostsee-Zeitung, Märkische Allgemeine Zeitung) unter 1005 Befragten vom 3. Januar.

Bundespräsident
04.01.2012 · 20:21 Uhr
[4 Kommentare]
Tanken
München (dpa) - Die Preise für Benzin und Diesel ziehen wegen des Kriegs zwischen Israel und Iran weiter an. Am Samstagmorgen um 8.20 Uhr kostete ein Liter Super E10 nach Zahlen des ADAC im deutschlandweiten Schnitt 1,740 Euro, ein Liter Diesel 1,630 Euro. Am Vortag um die gleiche Uhrzeit waren es bei E10 noch rund 5 Cent weniger, bei Diesel sogar 6 Cent, am Donnerstag waren die Preise um die […] (05)
vor 22 Minuten
Mark Ronson und RAYE
(BANG) - Mark Ronson und RAYE haben den Song 'Suzanne' veröffentlicht, nachdem die Musiker bereits seit Jahren zusammenarbeiten wollten. Der 'Uptown Funk'-Sänger und die 'Worth It'-Künstlerin haben im Aufnahmestudio zusammengearbeitet, nachdem die Stars beide als Markenbotschafter für den Audemars Piguet-Uhrenhersteller gearbeitet hatten. Die neue Kollaboration ist ein Teil der APxMusic-Reihe. […] (00)
Gestern um 15:00
Apple iPhone XS ab sofort Vintage
Das Apple iPhone XS erschien im September 2018 und wurde jetzt in die Vintage-Liste aufgenommen. Fünf Jahre nach dem letzten Verkauf stuft Apple ein Gerät als Vintage ein, doch Reparaturen sind in Apple Stores und autorisierten Vertragsfirmen weiterhin möglich. iPhone und Mac, Bild: ninosouza/Pixabay Warum iPhone XS Vintage ist In seine Liste der Vintage-Produkte nahm Apple kürzlich das […] (00)
vor 3 Stunden
Fallout 76: Von wegen Ödland – Bereits 23 Millionen Spieler erobern die Postapokalypse
Es ist beeindruckend zu sehen, wie Fallout 76 eine zweite Chance erhält und die Spielerzahlen förmlich durch die Decke gehen! In einer neuen Interviewrunde teilten Jon Rush, der kreative Direktor, und Bill LaCoste, der Lead Producer, spannende Neuigkeiten mit: Das Multiplayer-Game hat mittlerweile 23 Millionen Spieler erreicht. Ein wahres Comeback für das in die Jahre gekommene Spiel, das 2018 […] (00)
vor 36 Minuten
Neue Darsteller für «Rings of Power»
Andrew Richardson, Zubin Varla und Adam Young werden Teil der dritten Staffel. Die neue Staffel von The Lord of the Rings: The Rings of Power wird bei Prime Video gedreht. Aus diesem Grund wurden Andrew Richardson, Zubin Varla und Adam Young verpflichtet. Richardson erhält eine feste Rolle, während Varla und Young als wiederkehrende Figuren besetzt sind. Varla hat bereits in der Serie als Synchronsprecher mitgewirkt. Weitere Darsteller der […] (00)
vor 3 Stunden
WTA-Tour in London
London (dpa) - Tennisspielerin Tatjana Maria hat ihren sensationellen Siegeszug in London fortgesetzt und erstmals in ihrer Karriere das Finale eines WTA-500-Turniers erreicht. Die 37 Jahre alte Schwäbin überraschte auch im Halbfinale durch ein 6: 3, 7: 6 (7: 3) gegen die klar favorisierte Australian-Open-Gewinnerin Madison Keys aus den USA. «Der Traumlauf geht weiter», schrieb der Veranstalter […] (00)
vor 2 Minuten
Ripple, Etehereum Und Bitcoin Sowie Micro Sdhc Card
Zentralisierte Bitcoin-Treasuries halten nun 30,9% der insgesamt im Umlauf befindlichen Menge, laut einem neuen Bericht von Gemini. Diese Konzentration, die sich über 216 Einheiten erstreckt, darunter Regierungen, Exchange-Traded Funds (ETFs), öffentliche und private Unternehmen, zentralisierte Börsen und DeFi-Verträge, zeigt letztlich eine wachsende institutionelle Reife und Akzeptanz. Die […] (00)
vor 41 Minuten
Med-Domain - die neue digitale Heimat der Medizin
Koeln, 14.06.2025 (PresseBox) - Ab dem 2. September 2025 öffnet die Med-Domain offiziell ihre Pforten – ein bedeutender Schritt für die digitale Präsenz im medizinischen Bereich. Schon jetzt läuft eine von der Registrierungsstelle organisierte Vorregistrierungsphase. Wer in dieser Phase eine Domain beantragt, erhält – sofern die Registrierungsstelle den Antrag annimmt – die verbindliche Zusage, […] (00)
vor 9 Stunden
 
Sommerliches Wetter in Bayern
Offenbach (dpa) - Erst Hitze, dann Gewitter: Der Samstag hat den Menschen in Deutschland viel […] (00)
Falscher Alligator
Berlin (dpa) - Wegen eines vermeintlichen Alligators sind Polizisten zu einem Teich in Berlin- […] (02)
Neuer Therapieansatz? Depressionen spiegeln sich im Mund-Mikrobiom
Die Vielfalt unseres Mund-Mikrobioms hängt unmittelbar mit unserem psychischen Zustand […] (01)
Bundeswehr-Soldaten (Archiv)
Berlin - Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Henning Otte (CDU), fordert eine höhere […] (02)
Martin Scorsese
(BANG) - Martin Scorsese entschloss bereits im Alter von nur fünf Jahren, dass er Karriere als […] (00)
Polens geheime Rolle im globalen Edelmetallmarkt
Polen: Europas leiser Silberriese 185,7 Millionen Unzen in Mexiko, 110 Millionen in China, 108 […] (00)
Air India-Absturz: Mysteriöser Leistungsverlust beim Start
Ein Flug, der nie richtig abhob Es war der Linienflug AI171 von Ahmedabad nach London-Gatwick. […] (00)
Yungblud
(BANG) - Yungblud wollte sein neues Album unbedingt umgeben von seiner Familie aufnehmen. Der […] (00)
 
 
Suchbegriff