Nach Protesten in Ägypten: Jetzt streiken die Arbeiter

Kairo/Berlin (dpa) - Nach dem Ende der Massenproteste in Ägypten demonstrieren jetzt überall Sicherheitskräfte und Beamte für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Geld. Sie sind ungeduldig und fordern rasch Verbesserungen.

Doch die Armee will, dass das Land zu einem alltäglichen Leben zurückkehrt und die Wirtschaft wieder in Gang kommt. Die Bundesregierung stellte Ägypten derweil Hilfe beim Aufbau einer Demokratie in Aussicht.

Das Auswärtige Amt lockerte am Montag seine Reisewarnung für das nordafrikanische Land. Von nicht dringend erforderlichen Reisen nach Kairo, Alexandria und Suez wird zwar immer noch abgeraten. Reisen in die Urlaubsgebiete am Roten Meer seien aber wieder möglich, hieß es. Die Reiseveranstalter Tui und Thomas Cook teilten mit, dass sie von März an wieder Reisen nach Ägypten anbieten.

Der Militärrat, der die Geschicke Ägyptens seit der Entmachtung von Präsident Husni Mubarak am vergangenen Freitag lenkt, forderte die Bürger am Montag auf, alle Streiks und Protestkundgebungen sofort zu beenden. In einer Erklärung des Rates, die ein Sprecher im staatlichen Fernsehen verlas, hieß es, diese Aktionen gefährdeten die Sicherheit des Landes, schadeten der Wirtschaft und behinderten die Menschen in ihrem Alltag. «In dieser kritischen Phase» müssten Volk und Armee zusammenstehen, damit die «verantwortungslosen Elemente» der Gesellschaft die Situation nicht ausnutzen könnten. Der Militärrat versprach gleichzeitig, sich für die Verwirklichung aller legitimen Forderungen der Bürger einzusetzen.

Auf dem Tahrir-Platz in Kairo waren am Montag nur noch wenige Demonstranten zu sehen. Bereits am Sonntag hatten die Dauerbesetzer ihre Zelte auf dem Platz abgebrochen. Augenzeugen berichteten, Militärpolizisten hätten auf dem Tahrir-Platz am Morgen dafür gesorgt, dass der Verkehr wieder normal fließen konnte. Der Platz im Zentrum von Kairo war in den vergangenen drei Wochen der Mittelpunkt der Massenbewegung gegen den Präsidenten Mubarak gewesen. Der Staatschef war am Freitag vom Militär entmachtet worden, nachdem der Druck der Massenproteste immer stärker geworden war.

Am Montag protestierten Dutzende von Unteroffizieren der Polizei im Kairoer Stadtteil Giseh. Etwa 1000 Polizisten versammelten sich vor dem Innenministerium. Sie forderten bessere Arbeitsbedingungen und höhere Gehälter. Ähnliche Forderungen stellten die Sicherheitskräfte auf dem Flughafen der Stadt Luxor. Arbeiter des Bauamtes von Kairo blockierten einen Tunnel in der Hauptstadt, um auf ihre schlechten Arbeitsbedingungen hinzuweisen. Auf der Sinai-Halbinsel kam es zu Protesten von Arbeitern und Angestellten der Behörden für Wohnungsbau, Straßenbau und Häfen.

In Kairo protestierten zudem Mitarbeiter der Telekommunikationsbehörde, der staatlichen Banken und einiger Medienbetriebe. Ihnen ging es nach eigenen Angaben auch darum, dass etwas gegen die Korruption in ihren Behörden unternommen wird.

Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Werner Hoyer, bot Ägypten Unterstützung bei der Erarbeitung einer neuen Verfassung und beim Aufbau des Parteiensystems an. Der FDP-Politiker sagte der «Berliner Zeitung», die westlichen Staaten sollten auch die Muslimbrüder in den Dialog einzubeziehen. Man dürfe eine Organisation, die bei Wahlen vielleicht 20 oder 30 Prozent der Stimmen bekommen könne, nicht einfach links liegen lassen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte in einem Interview mit der «Mitteldeutschen Zeitung» (Dienstagausgabe), Deutschland könne auch beim Aufbau politischer Parteien und bei Strategien zur Schaffung von Arbeitsplätzen helfen. Voraussetzung für jede Unterstützung sei aber, dass die Ägypter diese auch wollten. «Auf keinen Fall wollen wir irgendetwas von außen aufdrängen», betonte die Kanzlerin.

Augenzeugen in dem Sinai-Badeort Scharm el Scheich berichteten unterdessen von verstärkten Sicherheitsmaßnahmen rund um die Villa, in die sich Mubarak und seine Familie am vergangenen Freitag zurückgezogen hatten. Für ägyptische Medienberichte, wonach der 82 Jahre alte Ex-Staatschef in den vergangenen Tagen mehrfach ohnmächtig geworden sein soll, gab es keine offizielle Bestätigung.

Seine Söhne Alaa und Gamal hatten sich laut einer Meldung der ägyptischen Zeitung «Al-Akhbar» kurz vor der Abreise von Kairo nach Scharm el Scheich heftig gestritten. Angeblich flogen sogar die Fäuste. Alaa soll Gamal vorgeworfen haben, dieser habe mit seinen eigenen politischen Ambitionen ein würdevolles Ausscheiden des Vaters aus dem Amt verhindert. Der in Katar lebende ägyptische Fernsehprediger Jussif al-Karadawi sagte in einem Telefoninterview mit der Nachrichtenagentur dpa, ein Mann wie Mubarak könne gar nicht zurücktreten, «es sieht vielmehr so aus, als habe ihn die Armee zum Rücktritt gezwungen».

Frankreich will mit seinen EU-Partnern über das mögliche Einfrieren von Konten des gestürzten Mubarak beraten. «Diese Frage werden wir auf europäischer Ebene besprechen», sagte die französische Wirtschaftsministerin Christine Lagarde. Eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton sagte, es gebe bisher keine entsprechende Anfrage der ägyptischen Behörden. Man sei bereit, «geeignete Maßnahmen» zu ergreifen, falls es nötig werde.

Unterdessen tauchten einige der archäologischen Schätze, die bei den Unruhen von Plünderern aus dem Ägyptischen Museum in Kairo gestohlen worden waren, wieder auf. Die Stücke, darunter ein Teil eines mehr als 3000 Jahre alten Sarges, wurden auf dem Gelände nahe des Museums gefunden, wie die Behörden mitteilten.

Unruhen / Regierung / Ägypten
14.02.2011 · 18:23 Uhr
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