Merkel bleibt bei Strategie - SPD voller Hoffnung
Sie lehnte es aber ab, einen Lager-Wahlkampf mit harten Attacken auf Noch-Koalitionspartner SPD zu führen. FDP-Chef Guido Westerwelle reagierte enttäuscht. Die Sozialdemokraten mit Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier machten sich neue Hoffnung, eine schwarz-gelbe Koalition doch noch verhindern zu können.
Am Tag nach den Landtagswahlen im Saarland, in Thüringen und in Sachsen begannen bereits die Vorbereitungen für die Koalitionsverhandlungen. In allen drei Ländern stehen Veränderungen an: Im Saarland, wo CDU-Ministerpräsident Peter Müller bislang allein regieren konnte, beanspruchen sowohl die CDU als auch die SPD das Amt des Regierungschefs für sich. Die Sozialdemokraten müssten dazu erstmals in einem westdeutschen Bundesland eine Koalition mit der Linken eingehen. «Königsmacher» wären die Grünen.
In Thüringen ist der bislang ebenfalls alleinregierende Ministerpräsident Dieter Althaus auf die SPD angewiesen, um im Amt bleiben zu können. Die Sozialdemokraten mit ihrem Spitzenkandidaten Christoph Matschie könnte dagegen auch zusammen mit der Linkspartei - und gegebenenfalls den Grünen - an die Macht kommen. Linken- Spitzenmann Bodo Ramelow will dabei jedoch nicht auf das Amt des Regierungschefs verzichten. «Wer stärker ist, lädt ein und schlägt vor. Christoph Matschie schlage ich nicht vor», sagte Ramelow der dpa.
In Sachsen hingegen stehen die Zeichen auf Schwarz-Gelb unter Führung des amtierenden Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (CDU). Der SPD-Landesvorsitzende Thomas Jurk - bisher auch Vize- Ministerpräsident - erklärte wegen der Wahlschlappe seinen Rücktritt.
Durch die Abwahl der letzten beiden CDU-Alleinregierungen geriet Merkel auch in der eigenen Partei unter Druck. Sie widersprach jedoch Forderungen, sich in den verbleibenden knapp vier Wochen bis zur Bundestagswahl klarer zur FDP zu bekennen. «Ich werde nicht in Lagern denken, sondern um die Menschen werben. Deshalb werde ich auch nicht aggressiver werden, sondern Argumente vorbringen.» Intern mahnte die Kanzlerin nach dpa-Informationen zu mehr Geschlossenheit. CSU-Chef Horst Seehofer verlangte, jetzt «Vollgas» zu geben. Die Bundestagswahl sei «noch längst nicht gewonnen».
Der FDP-Vorsitzende Westerwelle sieht das schwarz-gelbe Projekt nach dem Ausgang der Landtagswahlen bereits auf der Kippe. «Das wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen geben. Es steht Spitz auf Knopf», sagte Westerwelle für die Bundestagswahl voraus. Die Union müsse sich fragen, ob sie «weiter auf drei Koalitionshochzeiten tanzen will». Damit sind neben der Möglichkeit eines schwarz-gelben Bündnisses eine Jamaika-Koalition aus CDU/CSU, FDP und Grünen sowie die Fortsetzung der großen Koalition gemeint.
Die SPD sieht sich durch die Abwahl der beiden CDU- Alleinregierungen gestärkt. Parteichef Franz Müntefering warnte Merkel davor, allein auf ihren Amtsbonus zu setzen. «Der Bonus von einem Amtsinhaber, die Attitüde "Wählt mich, weil ich da bin", reicht nicht.» Die Bundestagswahl sei noch längst nicht gelaufen. «Der Kampf ist offen», betonte er. Müntefering bekräftigte, dass die SPD- Landesverbände im Saarland und in Thüringen für eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei freie Hand hätten. Ein Linksbündnis auf Bundesebene lehnte er für die gesamte nächste Wahlperiode ab. «Bis 2013 wird da nichts gehen.»
Die Grünen wollen gestärkt durch die Landtagswahlen zum entscheidenden Hindernis für eine schwarz-gelbe Mehrheit im Bund werden. Spitzenkandidat Jürgen Trittin sagte: «Schwarz-Gelb kann verhindert werden mit Grün.» Parteichefin Claudia Roth ergänzte: «Das ist der Anfang vom Ende des vermeintlichen Siegeszugs von Frau Merkel, die sich ja schon wieder im Kanzleramt gesehen hat.» Die Linke sieht sich ebenfalls im Aufwind. Parteichef Oskar Lafontaine sagte: «Die Bundestagswahl ist noch nicht gelaufen.» Schwarz-Gelb seien Grenzen aufgezeigt worden.