Mehrheit der Deutschen gegen den Atomausstieg
Ein Jahr nach dem endgültigen Abschalten der letzten deutschen Atomkraftwerke bleibt die Entscheidung zur Beendigung der Kernenergienutzung in Deutschland umstritten. Eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Vergleichsportals Verivox zeigt, dass 51,6 Prozent der Befragten den Atomausstieg rückblickend für einen Fehler halten, während 28,4 Prozent anderer Meinung sind und ein Fünftel unentschlossen bleibt.
Die Ergebnisse dieser Umfrage spiegeln eine breite Skepsis wider, die auch in anderen Erhebungen zum Ausdruck kommt. Laut einem RTL-Trendbarometer sind sogar 58 Prozent der Deutschen gegen den Atomausstieg, im Osten des Landes liegt dieser Anteil sogar bei 78 Prozent.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck verteidigt dennoch die Entscheidung: „Die Versorgungssicherheit war zu jedem Zeitpunkt gesichert, die Strompreise sind wieder deutlich gefallen, und die CO₂-Emissionen gehen zurück“, betonte Habeck und wies darauf hin, dass der Atomausstieg ein Gemeinschaftswerk aller demokratischen Parteien gewesen sei.
Trotzdem stehen die Verbraucherpreise weiterhin im Fokus der Kritik. Laut Verivox sind die durchschnittlichen Strompreise für Verbraucher zwar um 17 Prozent gesunken, doch die Wirtschaftsweise Veronika Grimm argumentiert, dass die Preise noch niedriger sein könnten, wenn die letzten drei Meiler weiterhin am Netz geblieben wären. Sie schätzt, dass die Strompreise um acht bis zwölf Prozent niedriger ausgefallen wären.
Die energiepolitische Debatte wird zusätzlich durch die Tatsache angeheizt, dass Deutschland im vergangenen Jahr mehr Strom importiert als exportiert hat – ein Umstand, der seit 2006 nicht mehr vorgekommen war. Kritiker sehen darin einen Beweis dafür, dass der Atomausstieg die Energieunabhängigkeit Deutschlands untergraben hat. Das Wirtschaftsministerium gibt jedoch zu bedenken, dass eine Fortführung des Atomstroms höhere CO₂-Emissionen und letztlich auch höhere Stromrechnungen zur Folge gehabt hätte.
Die Abschaltung der letzten Atommeiler Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland am 15. April 2023 markierte den definitiven Ausstieg Deutschlands aus der Kernenergie, der im Kontext des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine noch einmal kurzzeitig hinausgezögert worden war, um die Sicherheit der Energieversorgung zu gewährleisten. Trotz der offiziellen Zufriedenheit der Regierung bleibt die öffentliche Meinung geteilt, mit einem erheblichen Anteil der Bevölkerung, der die Entscheidung kritisch sieht.