Mario Draghi warnt vor Führungsvakuum in Europa
Der frühere Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, hat deutlich gemacht, dass Europa mit einem Führungsdefizit konfrontiert ist. Anlässlich einer Preisverleihung in Mailand äußerte der ehemalige italienische Ministerpräsident seine Besorgnis über die geschwächte deutsch-französische Führungskoalition. Er betonte, dass ihm derzeit keine alternative Führungsstruktur bekannt sei, die Europa in eine kollektive Zukunft leiten könnte. Doch mahnt Draghi zur Geduld, insbesondere im Hinblick auf die bevorstehenden Neuwahlen in Deutschland.
Hintergrund der Äußerungen ist die Auflösung der Ampel-Koalition in Berlin, die voraussichtlich im Februar Neuwahlen nach sich zieht. Zeitgleich scheiterte in Paris der von Präsident Emmanuel Macron berufene Premierminister Michel Barnier. Bis zur Bildung einer neuen Regierung bleibt Barnier nun geschäftsführend im Amt, wobei der Zeitrahmen für diesen Prozess ungewiss bleibt.
Mario Draghi, der von 2011 bis 2019 die Europäische Zentralbank leitete und 2021/22 Italiens Regierungsgeschäfte führte, hat kürzlich einen Bericht zur Zukunft der Europäischen Union veröffentlicht, der im Auftrag der damaligen EU-Kommission entstanden ist. In seiner Mailänder Rede sprach Draghi von "herausfordernden Zeiten" für Europa, forderte jedoch zugleich Optimismus ein, um positive Veränderungen zu bewirken. Denn, wie er anmerkte, führt Pessimismus oft zu Passivität.

