Macrons Atomangebot an Europa: Schutzschirm mit Bedingungen
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bringt erstmals offen die Stationierung französischer Atomwaffen in anderen europäischen Ländern ins Spiel – eine politische Zäsur. Im Interview mit TF1 erklärte er, Frankreich sei „bereit, diese Diskussionen zu eröffnen“, und verwies auf das bestehende US-Modell: Die USA lagern atomare Waffen in Deutschland, Belgien, Italien und der Türkei.
Macrons Angebot: französische Rafale-Kampfjets, atomar bestückbar, könnten künftig auf Stützpunkten europäischer Partnerländer stationiert werden. Der Präsident kündigte an, den Rahmen für solche Kooperationen „in den kommenden Wochen und Monaten“ abzustecken. Die Option gilt als Reaktion auf zunehmende Zweifel an der Verlässlichkeit des US-Atomschutzes unter einem möglichen Präsidenten Donald Trump.
Doch Frankreichs Nuklearpolitik bleibt strikt souverän. Der Einsatz von Atomwaffen liegt laut französischer Doktrin ausschließlich in der Hand des Präsidenten – Beteiligung wie bei der NATO-nuklearen Teilhabe ist nicht vorgesehen. Macron stellte klar: „Frankreich wird nicht für die Sicherheit der anderen zahlen.“ Schutz ja, aber nur bei finanzieller Mitwirkung.
Deutschlands bisherige Haltung ist abwartend. Unter der Ampel-Regierung wurde Macrons Initiative ignoriert, der neue Bundeskanzler Friedrich Merz jedoch signalisierte Gesprächsbereitschaft. Bei seinem Paris-Besuch sprach er von der „Notwendigkeit“, gemeinsame Abschreckung mit Frankreich und Großbritannien zu prüfen – ausdrücklich als Ergänzung zur NATO, nicht als Ersatz.
Polen könnte zum ersten Testfall werden. Premierminister Donald Tusk hat bereits einen bilateralen Sicherheitsvertrag mit Frankreich geschlossen – inklusive Solidaritätsklausel. Die darin enthaltenen Formulierungen lassen Raum für nukleare Zusammenarbeit. Ob daraus reale Stationierungen folgen, hängt vom politischen Willen in Warschau und Paris ab.
Frankreich verfügt über rund 300 atomare Sprengköpfe, teils auf U-Booten, teils in der Luftwaffe. Trotz technischer Fähigkeiten wird das französische Arsenal in Deutschland nicht als vollwertiger Ersatz für den US-Schutzschirm gesehen – insbesondere wegen des fehlenden Einflusses auf Einsatzentscheidungen. Dennoch rührt Macron gezielt an einem wunden Punkt europäischer Sicherheitspolitik: der Frage, ob Europa bei der nuklearen Abschreckung auf Dauer nur Zuschauer bleibt.